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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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nichts zu verbergen. Setzt Euch, Michael, mein lieber Sohn, und sagt mir, womit ich Euch am besten dienen kann.«
    Er bat mich, ihm alles zu erzählen, was ich wußte, und war tief entsetzt über Doktor Hemmings trauriges Ende zu Raseborg.
    »Gott sei gelobt, daß ich in keinerlei Verbindung mit ihm stand«, sagte er, »Doktor Hemming hat mich im Zorn verlassen. Es steht mir nicht zu, über das Vorgehen Seiner Majestät zu urteilen. Aber in diesem Fall hat er recht gehandelt, denn Doktor Hemming war ein Schelm, der sein Mäntelchen nach jedem Winde hängte, und ich kann nur meinem Schöpfer danken, daß er mich vor dem Netz seiner Ränke bewahrte.«
    Ich erzählte ihm ferner, wie Seine Gnaden, der Erzbischof, begleitet von drei Bischöfen und acht Kanonikern, mich zum Priester geweiht hatte, betonte aber, daß es mir eine Beruhigung wäre, wenn diese Weihe durch den guten Bischof Arvid selbst im Dom zu Abo unter den üblichen Zeremonien bestätigt würde. Auch hoffte ich im Vertrauen auf seine Gunst und seinen guten Willen, daß er mir eine bescheidene Pfründe verschaffen würde, die mir die Fortsetzung meiner Studien an der Universität Paris ermöglichte, da ich keinen sonderlichen Wunsch verspürte, in meinem Heimatland zu bleiben.
    Darüber wurde der Bischof jedoch verlegen und meinte: »Das ist eine komplizierte theologische Frage, die ich überdenken und mit meinen guten Kanonikern besprechen muß.«
    Ich fragte etwas entrüstet, ob er sich für klüger halte als den Erzbischof. Er erwiderte: »Zeigt mir Seiner Gnaden schriftliche Bestätigung Eurer Weihe oder wenigstens ein Dokument vom Domkapitel, und die Sache ist geregelt. Vorläufig habe ich nur Euer Wort, und wenn ich auch von Eurer Redlichkeit überzeugt sein mag, reicht Eure unbekräftigte Aussage doch nicht zur Lösung einer schwierigen theologischen Frage hin, die selbst die gelehrten Doktoren der Universität in Verlegenheit brächte.«
    Ich beharrte nicht ohne Hitze auf meinem Wunsch und drohte ihm sogar mit der Ungnade des Erzbischofs, aber er blieb unerbittlich. Er versicherte mich jedoch seiner Bereitwilligkeit, mir zu helfen, wenn ich zuerst die erforderliche schriftliche Bestätigung von Upsala besorgte. Ich sah keine andere Wahl, als Bischof Slagheck einen demütigen Brief zu schreiben und ihn zu bitten, seinen Einfluß für mich zu verwenden.
    Der Brief ging vor Weihnachten ab, jedoch unmittelbar darauf fror die See zu, und ich hatte Zeit genug, meine Angelegenheiten zu überdenken, während ich auf Antwort warten mußte. Ich wollte nicht auf die Festung und in den 1 Dienst von Junker Thomas zurückkehren, da mir seine Gesellschaft zuwider geworden war, und mußte mich daher in meinem früheren und einzigen Heim, bei Jungfer Pirjo, niederlassen. Sie betreute mich und nahm mich in Schutz, denn sie kannte die Reinheit meiner Beweggründe. Auch Pater Petrus verließ mich nicht in meiner Not, sondern besuchte mich oft und tröstete mich mit lehrreichen Geschichten über die Vergänglichkeit irdischen Glücks. Manchmal pflegte auch Meister Laurentius, seiner alten Gewohnheit getreu, die Hütte aufzusuchen, um aus dem abgewetzten silbernen Becher würzigen Glühwein zu trinken und von der Unsterblichkeit und von Gespenstern zu reden. Aber diese beiden guten Männer waren meine einzigen Gefährten, denn alle meine anderen früheren Bekannten verabscheuten meine Gesellschaft und nützten jeden Vorwand, rasch weiterzugehen, wenn wir einander zufällig auf der Straße trafen und sie mich, der Höflichkeit gehorchend, grüßen mußten.
5
    Was Wunder also, daß ich jenen langen Winter hindurch in schwärzeste Melancholie verfiel! Ich verlor meinen Trieb nach Geselligkeit und war zufrieden, allein zu sein. Wäre ich unverfroren und aufdringlich zu Werke gegangen, so hätte ich zweifellos den Stadtrat bewegen können, mir eine Stelle zu verschaffen. Aber ich wünschte nicht, aus schnöder Erpressung Nutzen zu ziehen, da mich die Haltung der Leute und ihre Verkennung meiner guten Absichten noch tief verletzten. Ich sagte mir, daß sie sich in den vor uns liegenden schlimmen Zeiten vielleicht an mich wenden und meine Hilfe und Gunst erbitten würden, und dieser Gedanke tröstete mich. Größeren Trost aber fand ich in den Büchern, denn der gute Bischof gestattete mir den Zutritt zu seiner Bibliothek, um mich mit wenig Aufwand bei guter Laune zu halten. Um mich auf den heiligen Beruf, der mir stets vor Augen schwebte, vorzubereiten, las ich mit gebührender

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