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Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum

Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum

Titel: Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph von Marschall
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die nächstgelegenen Schulen gingen, weil die Wohngebiete weitgehend einfarbig waren und weil die Stadt keine Anstrengungen unternahm, diese De-facto-Trennung nach der Hautfarbe zu überwinden. In den 60er Jahren waren die öffentlichen Schulen für Schwarze völlig überfüllt. In den 60er und 70er Jahren zogen immer mehr weiße Familien aus den innerstädtischen Bezirken in Vororte. Dadurch verschob sich das Zahlenverhältnis zwischen dem sinkenden Anteil weißer Schüler in zentrumsnahen Vierteln und der wachsenden Gruppe schwarzer Schüler weiter. Spätestens in den 70er Jahren galt die Stadtflucht der Weißen vielerorts in den USA als ein ernstes Problem der Kommunen. In jener Zeit gewann dank der Erfolge der Bürgerrechtsbewegung das Ziel an Zustimmung, begabte Schüler dunkler Hautfarbe durch die Aufnahme in bessere Schulen zu fördern. Dieser neue schulpolitische Ansatz führte zum Modell der «Magnet School». Sie sollte Schüler aus unterschiedlichen Familien, Bezirken und Kulturen anziehen, damit sie gemeinsam lernen.
    In Chicagos West Side wurde 1975 die Whitney Young High School als eine solche Magnet High School eröffnet. Sie war seit 1970 auf dem Grundstück 211 S. Laflin Street geplant worden. Das Vorgängergebäude war während der Unruhen ausgebrannt, die 1968 auf die Ermordung Martin Luther Kings folgten. Heute ist die Schule hoch begehrt. 9000 Schüler bewarben sich im Schuljahr 2007/08 um die 450 Plätze für Neuaufnahmen. Vom Leistungsstand zählt sie zu den besten zehn Prozent in den USA. Ihre Website wirbt mit einem Bild der First Lady, die 1981 mit Auszeichnung abschloss, und dem Spruch: «Where Academic Excellence is the Standard». Parks mit Sportplätzen, Wohnstraßen mit Einfamilienhäusern und einige Gewerbegebäude prägen die Umgebung. Das Ziel einer kulturell gemischten Schülerschaft ist erreicht. 32 Prozent sind Afroamerikaner, 28 Prozent Weiße, 22 Prozent Hispanics, 17 Prozent Asiaten. Im Vergleich zur Verteilung in der Gesellschaft der USA sind Weiße also unterrepräsentiert und Angehörige von Minderheiten überproportional vertreten.
    Diese Verhältnisse bedeuten gleichwohl eine Normalisierung im Vergleich zu den Bedingungen, als Michelle dort drei Jahrzehnte zuvor ihr erstes High-School-Jahr begann. Es entspricht systematisch der neunten Klasse. Im Sommer 1977 war die Schule gerade zwei Jahre alt, sozusagen noch im Experimentierstadium. Rundum sah es öde aus: Brachflächen, aufgegebene Industriegebäude und Gewerbegrundstücke, eingegrenzt von vier Hauptverkehrsadern.
    Michelles Schulweg war lang, anderthalb Stunden in jeder Richtung: Die 19 Kilometer Entfernung überwand sie mit Buslinien und dem «El train» (Elevated train), dem Hochbahnsystem. Warum bürden Eltern das einer 13-Jährigen auf? Bei der Suche nach den Motiven für die Schulwahl sind Michelles öffentliche Äußerungen – wieder einmal – nur bedingt eine Hilfe. Ihr Bemühen, ihren Lebensweg als Ergebnis von Kampf und Durchsetzungsvermögen zu schildern, führt auch hier zum Eindruck von gewissen Widersprüchen. «Meine Eltern hatten keine höhere Bildung, deshalb hatten sie keine Ahnung, was sie sich für uns wünschen sollten», hat sie 2004 der «Chicago Sun-Times» gesagt. Die Aussage steht im offenkundigen Gegensatz zu der anderen Haupterklärung – nämlich dass die Eltern ihr hohen Bildungsehrgeiz mitgaben. Der Wunsch nach einer besseren Schule war durchaus nachvollziehbar. Die nächste High School im Viertel war überfüllt und litt unter einem Mangel an Lehrern und Geldmitteln.
    Die Gründung von Whitney Young war wie ein Geschenk für schwarze afroamerikanische Familien, die ihren Kindern den sozialen Aufstieg ermöglichen wollten. Michelle war nicht die Einzige aus South Shore, die diesen Weg wählte. In ihre Klasse ging zum Beispiel Santita Jackson, die Tochter des Pfarrers und Bürgerrechtlers Jesse Jackson.
    Die begrenzten Optionen für Afroamerikaner bei der Schulwahl führten dazu, dass ihre Kinder es schwerer hatten, einen Platz in Whitney Young zu bekommen, als gleichaltrige Weiße. Die Schule tat sich schwer, die Weißenquote zu füllen, selbst Schüler mit schlechteren Noten wurden aufgenommen. Für Schwarze war der Wettbewerb um die Zulassung härter. Als Michelle in den Anfangsjahren die Whitney-Young-Schule besuchte, war der Weißenanteil noch relativ nah an der gewünschten Marke von 40 Prozent. In den Jahren nach ihrem Abschluss 1981 würde er stetig sinken: von 34 Prozent 1980

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