Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum
zum Präsidenten gewählt worden. Die Amtsjahre seines fortschrittlichen Vorgängers Jimmy Carter galten als fehlerbeladen. Die Epoche, in der der Zeitgeist eine rasche Weiterentwicklung der Minderheitenrechte unterstützte, war vorerst zu Ende. Das bekam auch Michelle zu spüren, als sie im Herbst 1981 nach Princeton kam. Sie empfand die Atmosphäre als nicht sonderlich integrationsfördernd für junge Afroamerikanerinnen wie sie. Das soziale Leben zum Beispiel dreht sich um die zehn «Eating Clubs» auf dem Campus. Mitglied kann man nur auf Einladung werden – und bei dieser Entscheidung dominiert wiederum die Frage, ob Großvater, Vater oder Onkel auch schon diesem «Eating Club» angehörten. Das Problem der Zurückweisung betraf nicht nur Afroamerikaner. Noch in den 50er und 60er Jahren wollten die meisten «Eating Clubs» keine Juden aufnehmen. Und bis in die 80er Jahre hielten sich drei Clubs, die Frauen ausschlossen. In ähnlicher Weise verging eine gewisse Zeit, ehe auf die Zulassung afroamerikanischer Frauen und Männer zum Studium in Princeton auch die Aufnahme in die «Eating Clubs» folgte. Michelle gehörte noch nicht dazu. Sie aß in der Stevenson Hall, einer preiswerten Kantine, zu der alle Zugang hatten.
Aus Chicago hatte Michelle zudem den Argwohn mitgebracht, dass viele Menschen Schwarzen weniger zutrauen als Weißen. In Princeton prüfte sie Förderangebote, die ihr helfen sollten, sich zurechtzufinden, auf den Verdacht hin, ob dahinter eine Sondermaßnahme für Afroamerikaner stecke. Die Universitätsführung bot ihr einen speziellen Einführungskurs an und begründete das mit zwei Erfahrungen. Neustudenten aus wohlhabenden weißen Familien hatten erstens in aller Regel einen «Prep»-Kurs zur Vorbereitung auf das College absolviert. Latinos und Afroamerikanern fiel es zweitens oft etwas schwerer, mit der neuen Umgebung zurechtzukommen. Michelle und ihre Studienfreundin Angela Acree empfanden das Angebot aber nicht automatisch als umsichtige Hilfe ihrer Uni. Sie argwöhnten, dahinter steckten Rassenvorurteile. «Wir waren nicht sicher, ob die vielleicht dachten, wir bräuchten besondere Starthilfe, oder ob sie sich sagten: Lasst uns mal all die schwarzen Kinder zusammenbringen», erzählt Acree.
Das «Third World Center» wurde zum sozialen Treffpunkt der Afroamerikaner auf dem Campus. Die schwarzen Studenten dort interessierten sich vor allem für afroamerikanische Geschichte, die im Weltbild der meisten weißen Kommilitonen keine so große Rolle spielte. Zum Beispiel für Rosa Parks, die sich 1955 in Montgomery, Alabama, gegen die Rassentrennung in den Bussen auflehnte und so den Busboykott der Bürgerrechtsbewegung auslöste. Oder für die Scottsboro Boys, neun schwarze Männer, die 1931 zu Unrecht der Vergewaltigung einer Weißen angeklagt und zum Tode verurteilt worden waren, aber der Exekution schließlich doch entgingen. Diese Trennung des gesellschaftlichen Lebens und der Studieninteressen nach der Hautfarbe blieb eine prägende Erfahrung für Michelle. Sie studierte Soziologie und sollte daraus das Thema ihrer Abschlussarbeit nach vier Jahren Bachelor-Studiengang entwickeln.
Drei Passagen aus der Studie, die sie 1985 einreichte, werden immer wieder zitiert und dominieren das öffentliche Bild ihrer Studienzeit in Princeton. Die erste davon:
«Meine Erfahrungen in Princeton haben mich in dem Bewusstsein, dass ich eine Schwarze bin, fester als je zuvor bestärkt. Ich habe erlebt, dass ich mich, sosehr sich manche meiner weißen Professoren und Mitstudenten auch um Liberalität und Offenheit mir gegenüber bemühten, manchmal wie eine Besucherin auf dem Campus fühlte; als ob ich nicht wirklich dazugehöre. Unabhängig von den Umständen, unter denen ich mit Weißen in Princeton zu tun hatte, erschien es mir oft, als sei ich in ihren Augen in erster Linie eine Schwarze und erst in zweiter eine Studentin.»
Das zweite, weitverbreitete Zitat:
«Diese Erfahrungen machen es für mich offenkundig, dass der Weg, den ich durch mein Studium in Princeton gewählt habe, zur weiteren Integration und/oder zur Assimilierung in die Kultur- und Sozialstruktur der Weißen führen wird, die mir nur eine Rolle am Rand der Gesellschaft erlaubt, ohne je ein volles Mitglied zu werden. Diese Bewusstwerdung hat mich für den Moment in dem Ziel bestärkt, meine Fähigkeiten dazu zu nutzen, der Gemeinschaft der Schwarzen zu helfen.»
Das dritte, nicht ganz so häufige Zitat:
«Überwiegend weiße
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