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Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum

Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum

Titel: Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph von Marschall
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übersprangen eine Klasse in der Grundschule.
Das lästige Vorbild des Bruders
    Die beiden Geschwister zeigten allerdings ein unterschiedliches Lernverhalten. Craig flog das Wissen zu. Mutter Marian scherzte später, er habe nur die Lehrbücher unter dem Arm mit sich herumtragen brauchen, um eine Prüfung zu bestehen. Michelle habe sich schwerer getan und hart arbeiten müssen – womöglich auch, weil die Leichtigkeit, mit der ihr Bruder Erfolge einheimste, sie unter Druck setzte. «Sie war schnell enttäuscht von sich. Sie tat sich mitunter schwer mit Prüfungen. Deshalb unternahm sie alles Mögliche, um sich vorzubereiten. Ich bin sicher, dahinter steckten psychologische Gründe. Sie lernte fleißig, aber wenn man so einen Bruder hat … will man genauso gut sein oder noch besser.»
    Die verschiedenen Charaktere traten bereits im Vorschulalter zutage. Beiden Kindern wollte die Mutter vor der Einschulung das Lesen beibringen. Craig war folgsam, Michelle dagegen zeigte ihren eigenen Kopf, erzählte Marian dem afroamerikanischen Magazin «Ebony» 2008: «Erst brachte ich meinem Sohn das Lesen bei. Aber als Michelle an der Reihe war, wollte sie nicht und ignorierte meine Lektionen. Sie hatte sich offenbar vorgenommen, selbst herauszufinden, wie das geht.» Michelles Eigensinn wurde zu einem «running joke» in der Familie. Es müssten nur möglichst viele ihr oft genug zureden, etwas ganz Bestimmtes zu tun, scherzte ihr Bruder Craig 2008 (im «New Yorker»), das sei «die beste Garantie, dass sie es nicht tut». Er berichtet auch, Michelle sei von Kindheit an eine schlechte Verliererin gewesen. An Ballspielen habe sie leicht die Lust verloren, wenn ihr Team zurücklag.
    Sport spielte in der Familie eine wichtige Rolle. Vater Fraser war ein erfolgreicher Boxer und Schwimmer gewesen, ehe die multiple Sklerose ihn beeinträchtigte. Mutter Marian nahm noch im Alter von über 60 Jahren an Seniorenwettläufen über Sprintdistanzen in Chicago teil. Craig war ein herausragender Basketballer. Auch Michelle hatte das Talent dazu, verlegte sich aber aufs Klavierspiel und Ballett. Ein Grund war vermutlich, dass sie ein Betätigungsfeld haben wollte, wo sie nicht an ihrem älteren Bruder gemessen wurde. Freiwillig und oft unermüdlich habe sie Klavier geübt – ohne dass man sie dazu auffordern musste, erzählt ihre Mutter.
    Aus Michelles Beschreibungen ist herauszuhören, dass das Verhältnis zu ihrem Bruder in der Schul- und Studienzeit ambivalent war. Er war einerseits ihr Vorbild, und er ebnete ihr den Weg. Ihre Aufnahme in Princeton wurde dadurch erleichtert, dass er bereits dort studierte. Aber sie ärgerte sich wohl auch, dass Craig die Erfolge und die Bewunderung scheinbar mühelos einheimste, sie dagegen hart arbeiten musste. Mehrfach hat sie sich beschwert, sie habe sich von den Lehrern und Studienberatern nicht genügend ermuntert und gefördert gefühlt. Auf Typen wie ihren Bruder Craig hätten die sich dagegen gestürzt: «Als schwarzes Kind aus der South Side von Chicago, das gut Basketball spielt und klug ist, kam er überall rein. Aber ich kannte ihn und wusste, wie wenig er lernt. Und deshalb sagte ich mir: Was er kann, kann ich auch.»
    Bis zur achten Klasse besuchte Michelle die «Bryn Mawr Elementary School» Ecke Jeffery und 73. Straße, zwei Blocks von ihrer Wohnung entfernt. Heute heißt sie «Edward Bouchet Elementary School». Michelle übersprang die zweite Klasse, lernte drei Jahre in einem Förderkurs Französisch, besuchte Leistungskurse Biologie am Kennedy-King Community College und machte ihren Abschluss 1977 als «Salutatorian», die Zweitbeste des Jahrgangs.
    Nach der Grundschule trennten sich die Wege der Geschwister. Craig besuchte die katholische Mt. Carmel High School, gut drei Kilometer nördlich der Robinson-Wohnung. Und Michelle die Whitney M. Young Magnet High School im Stadtzentrum, 19 Kilometer von ihrem Zuhause entfernt. Beide bewegten sich damit außerhalb der konventionellen Schulwahl einer schwarzen Arbeiterfamilie – das wäre die nächstgelegene High School im Viertel gewesen. Aber die Eltern, die selbst keine höhere Bildung genossen hatten, legten Wert darauf, dass ihre Kinder die bestmöglichen Entwicklungschancen erhalten.
Vorzeigeschülerin einer Vorzeigeschule
    Noch bis in die Schulzeit der beiden Robinson-Kinder waren in Chicago getrennte Schulen für Weiße und Schwarze die Regel – nicht weil wie im Süden Gesetze die Rassentrennung vorschrieben, sondern weil Kinder in

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