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Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum

Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum

Titel: Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph von Marschall
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gerissen klingen. Zweitens schreibt sich Michelle, zumindest in manchen Passagen, eine Portion Zorn oder Enttäuschung vom Leibe. Das Studium in Princeton verlangte ihr eine enorme Umstellung ab. Zum ersten Mal in ihrem Leben wohnte sie weit weg von zuhause. Ihre bisherigen Erfahrungen, wer in ihrer direkten Umgebung in der Mehrheit und wer in der Minderheit ist, wurden auf den Kopf gestellt. Sie kam aus einem Wohnviertel, in dem Afroamerikaner über 90 Prozent der Bevölkerung stellten. Sie hatte eine High School absolviert, in der schwarze Schüler die größte Gruppe waren. In Princeton machte sie erstmals in ihrem Leben die persönliche Erfahrung, einer Minderheit anzugehören. 1141 Neustudenten gehörten ihrer Jahrgangs klasse an, nur 94 davon waren Afroamerikaner. Ein Realitätsschock.
    Auch deshalb wurden das Dritte-Welt-Zentrum und das Zentrum für Afroamerikanische Studien zu einer Art Ersatzheimat für Michelle. Sie war 17 Jahre alt, als sie nach Princeton kam, hatte Heimweh, und diese Treffpunkte boten wenigstens einen Hauch der Geborgenheit, die sie von ihrem Zuhause gewohnt war. Im Dritte-Welt-Zentrum stand auch ein Klavier, auf dem sie wie zuvor daheim üben konnte. Michelle habe ihm darauf die Titelmelodie der Comic-Serie «Peanuts» vorgespielt, als er ungefähr sieben Jahre alt war, erzählt Jonathan Brasuell, der Sohn des damaligen Leiters dieses Zentrums. «Das Zentrum war der Mittelpunkt unseres Lebens», sagt die Afroamerikanerin Angela Acree, die vom zweiten bis vierten Studienjahr mit Michelle zusammenwohnte. «Dort hingen wir herum, dort feierten wir, dort lernten wir.»
    In Princeton herrschte kein auf Harmonie bedachter Umgangston zwischen Schwarzen und Weißen, wie Michelle das von der Whitney Young High School kannte. An welcher der beiden Gruppen das lag, darüber gingen die Meinungen auseinander. Aus Michelles Perspektive mochte es so scheinen, als nehmen Weiße die Schwarzen nicht mit offenen Armen auf, siehe die Erfahrung mit den «Eating Clubs». Bei Weißen wiederum konnte sich der Eindruck einstellen, die Schwarzen wollten unter sich bleiben und schotteten sich ab.
    Diese unausgesprochenen inneren Barrieren auf beiden Seiten formten auch das Verhältnis zwischen Michelle und der weißen Studentin Catherine Donnelly aus New Orleans, mit der sie zu Studienbeginn das Zimmer in Princeton teilte.
    «Michelle begann ziemlich bald, nur noch mit schwarzen Studenten auszugehen», erzählte Donnelly im Juni 2008 dem «Boston Globe». Da gab es freilich ein unangenehmes Geheimnis. Ihre Mutter, eine weiße Südstaatlerin, hatte versucht, einen Zimmertausch für ihre Tochter Catherine zu arrangieren, als die ihr erzählte, dass sie nun mit einer Schwarzen zusammenwohne. Davon erfuhr freilich Michelle damals nichts. Es könnte jedoch sein, dass der Vorfall Catherine und ihr Verhalten Michelle gegenüber beeinflusst hat. «Es war meine geheime Schande», sagte sie später. «Vielleicht hätte ich mich stärker bemühen müssen, eine Freundschaft mit ihr zu begründen. Umgekehrt lud sie mich aber auch nie dazu ein, etwas gemeinsam zu unternehmen.» Mit dem routinemäßigen Wechsel in andere Wohnräume zu Beginn des zweiten Studienjahrs trennten sich ihre Wege.
    Michelle mietete nun gemeinsam mit drei schwarzen Studentinnen, darunter Angela Acree, eine spärlich möblierte Wohnung. Unter den Kolleginnen war sie für vier Dinge bekannt. Sie stand früh auf. Sie war ein besonderer Fan des blinden schwarzen Sängers Stevie Wonder und besaß eine überdurchschnittlich große Sammlung seiner Platten. Sie verfolgte ihr Studium mit Fleiß und Disziplin. Und sie zog sich gern etwas besser an, soweit das ihr schmales Budget zuließ. «Michelle kleidete sich modisch», erinnert sich Acree. «In verschwitzten Klamotten würde sie sich nicht erwischen lassen.» Mindestens zweimal beteiligte sie sich an Modeschauen, deren Erlös afroamerikanischen Anliegen zugute kam. Bei der einen Show unter dem Titel «Geheime Fantasien» für eine äthiopische Organisation trug sie ein ärmelloses Ballkleid aus rotem Samt. Bei der anderen zugunsten eines Fortbildungsprogramms für schwarze Kinder kleidete sie sich in einen gelben Rock im karibischen Stil.
    Die Gegner der gezielten Förderung von Minderheiten waren zudem keine schweigende Minderheit in Princeton, sondern eine lautstarke, gut organisierte Gruppe. Diese Traditionalisten hatten sich unter dem Namen «Concerned Alumni of Princeton» (CAP) zusammengeschlossen. In

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