Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum
Prince ton darüber, dass der Französischunterricht nicht adäquat sei. Es werde zu wenig Wert auf Konversation und praktische Gesprächssituationen gelegt. Mutter Marian habe dem Sohn daraufhin den Rat gegeben: Wenn ihm das peinlich sei, solle er einfach so tun, als kenne er Michelle nicht.
Princeton hatte also einen Doppeleffekt mit zwei fast konträren Seiten für Michelle. Sie wurde aus ihrem bisherigen Leben in einer mehrheitlich schwarzen Umgebung heraus gerissen. Sie erlebte eine Identitätskrise. Die Anpassung an eine mehrheitlich weiße Umgebung brachte Herausforderungen und konfrontative Erfahrungen mit sich. Zugleich würde diese Ausbildung sie rasch in eine neue Gesellschaftsschicht mit angenehmen materiellen Begleiterscheinungen katapultieren. In einer anderen Passage ihrer Studienarbeit, die fast nie zitiert wird, schrieb Michelle: «Zu Beginn meines Abschlussjahres sehe ich, dass ich in vielem nach denselben Zielen strebe wie meine weißen Jahrgangskollegen: der Aufnahme in eine prestigeträchtige weiterführende Universität oder nach einer hoch bezahlten Position in einer erfolgreichen Firma.»
Aus diesem Spannungsfeld ergab sich eine besondere psychologische Herausforderung für sie und für andere afroamerikanische Studenten, die eine herausragende Ausbildung genossen: Durften sie dieses Privileg einfach als persönliche Chance und Belohnung ihrer Leistung hinnehmen oder zog es besondere Pflichten nach sich? Mussten sie die gewonnenen Erkenntnisse und Fähigkeiten nun in den Dienst der schwarzen Sache stellen oder durften sie die Früchte für ihr privates Wohlergehen genießen? Auch dieser Druck lastete auf Michelle.
Das Festtagsfoto zum Bachelor-Abschluss lässt nichts von inneren Kämpfen erkennen. Es zeigt eine junge Frau, die offen kundig stolz und selbstbewusst ist. Die dunklen Augen glänzen warm. Die Lippen sind zu einem breiten Lächeln geöffnet, weiß blitzen die Zähne. Große Perlen schmücken die Ohren. Michelle trägt einen schwarzen Talar mit breitem weißem Kragenrand über der blauen Bluse. Auf dem Kopf thront der Ausweis ihrer frischen akademischen Ehren: der rautenförmige schwarze Hut, dessen vier Spitzen nach vorn, hinten und zu den beiden Kopfseiten weisen, mit einer bis auf Ohrhöhe herabhängenden Quaste.
Harvard – Anpassung an die Oberschicht
Ihre innere Einstellung, wie sie mit diesem Druck und dem Zwiespalt umging, wandelte sich in den folgenden Jahren beim Jurastudium in Harvard weiter. Schon die Entscheidung für diese zweite Eliteuniversität bedeutete, dass Michelle ihre vorige Unsicherheit im Wesentlichen überwunden hatte. Vor Princeton und während des Studiums dort hatte sie bezweifelt, dass sie sich auf das Zusammensein mit Angehörigen der weißen Oberschicht einlassen konnte, ohne ihre schwarzen Wurzelnaufzugeben. Ihr Betreuer in der Harvard Law School, Charles Ogletree, beschreibt ihre Entwicklung folgendermaßen: «Princeton bedeutete eine Weggabelung für Michelles Identität. Die Frage für sie lautete, ob sie das Bewusstsein, das ihr ihre schwarzen Eltern mitgegeben hatten, bewahren kann. Oder ob die Ausbildung an einer Eliteuniversität sie zu einem anderen Menschen formen würde. Als sie nach Harvard kam, hatte sie diese Frage für sich beantwortet. Sie konnte beides sein: brillant und schwarz.» Die Entscheidung für Harvard interpretiert Ogletree als Antwort auf ihre Identitätszweifel. Sie war nun weitgehend mit sich im Reinen, was ihre Stellung als Afroamerikanerin und als Frau betraf. Sie löste sich jetzt auch vollends von der Vorbildrolle ihres Bruders. Die hatte sich nicht allein auf die Entscheidung für ein Grundstudium in Princeton beschränkt. Sondern auch er hatte seinen Bachelor dort in Soziologie erworben, 1983, zwei Jahre vor Michelle. Doch nur sie ging nach Harvard, er schlug nach Princeton einen anderen Weg ein. Freilich lassen sich weiterhin gewisse Parallelen zwischen den beiden Geschwistern beobachten. Beide werden mit der Wahl ihrer Studienfächer und Berufseinstiege nicht auf Dauer glücklich und suchen nach Alternativen. Und in der gegenseitigen Beobachtung samt dem Gedankenaustausch über diese Suche nach dem richtigen Lebensweg haben sie sich weiterhin gegenseitig beeinflusst.
Craig versuchte sich als Profi-Basketballer. Die Philadelphia 76ers warben ihn 1983 an, er kam aber nie für sie in der Profiliga NBA zum Einsatz. So wechselte er nach Großbritannien und spielte zwei Saisons für die Manchester Giants. 1988
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