Mick Jagger: Rebell und Rockstar
bescheren, wie die Mitwirkung von Popstars wie Wyclef Jean, Rob Thomas und Lenny Kravitz, Micks wichtigster Stütze bei seinen Solo-Projekten. Es schien sogar eher so, als würde sich das Mick-Jagger-Problem noch weiter verschärfen. Über Being Mick schrieb Ron Rosenbaum: »Und einmal mehr zeugte das Image, das er bei den Leute hat, davon, dass sie ihn völlig unterschätzen, dass sie ihn als einen Jetset-Promi abschreiben, anstatt ihn als den ernsthaften Künstler wahrzunehmen, der er immer war und bis heute ist.« Keith Richards konnte der Versuchung, noch einen oben draufzusetzen, nicht widerstehen, indem er sich öffentlich über Goddess in the Doorway lustig machte, das er »Dogshit in the Doorway« nannte.
Kurz nachdem im Herbst 2010 Keiths Autobiografie Life auf den Markt gekommen war, veröffentlichte das Webzine Slate eine geistreiche Replik, die ein gewisser »Mick« im Gespräch mit einem Journalisten namens »Bill Wyman« formuliert haben soll. Es ist eine Antwort, in der zweifellos verschiedene Brenda-Eigenschaften durchschimmern; sie ist kratzbürstig, witzig, clever, ein bisschen zickig, aber dennoch völlig angemessen: »[Keith] hat ein Buch geschrieben, in dem im Wesentlichen steht, dass ich einen kleinen Schwanz habe. Dass ich ein schlechter Freund bin. Dass man mich nicht wirklich kennen kann. Die Rezensenten, die Keith mögen, fragen nicht, warum das alles da steht. In der Öffentlichkeit haben wir über diese Dinge nur sehr selten gesprochen und sie dann auch nur gestreift. Privat reden wir auch nicht darüber; und, nein, er ist in den letzten zwanzig Jahren nicht in meiner Garderobe gewesen. Ich dachte, wir hätten beide gelernt, dass es nichts bringt, die Presse an irgendwas teilhaben zu lassen, abgesehen davon, den Journalisten ein paar Zückerchen hinzuwerfen für einen jener euphorischen ›Die Stones sind zurück und rocken in Topform‹-Artikel, die alle unserer Tourneen begleiteten.«
Natürlich war das alles nur erfunden; diesen Schlag hat Mick nie ausgeteilt. Er scheint einfach nicht daran interessiert zu sein, seinen Ruf aufzupolieren oder uns in einer Weise an ihn ranzulassen, die über so artifizielle Promotion-Projekte wie das Cinéma-Vérité-Filmchen Being Mick hinausgeht. Er blickt nicht zurück, solange es sich für ihn nicht lohnt. Anders als viele Journalisten, die über ihn geschrieben haben (mich selbst eingeschlossen), braucht Mick keinen besonderen Kontext, um sein Leben wertzuschätzen oder es zu genießen. Seine Haut ist so dick und zäh wie Keiths Leber. Nick Kent, der die Geschichte der Stones seit den frühen 70ern verfolgt und dabei tiefe Einblicke gewonnen hat, schreibt in Apathy for the Devil , seiner Autobiografie aus dem Jahr 2010: »Im schmierigsten Showbusiness-Sinne des Wortes war er immer smart genug zu begreifen, dass Künstler, die sich aktiv um die Zuneigung des Publikums bemühen, oft ausgebrannt und hilfsbedürftig enden wie Judy Garland … dennoch steht er letztendlich immer als Bösewicht da, wenn irgendjemand die Saga der Rolling Stones erzählt – als Kontrollfreak, kalter Fisch, gerissener, herzloser Geizhals. Es ist ein einziges großes Märchen geworden – die Rolling Stones in den Augen der internationalen Presse – und Jagger spielt darin den bösen Kobold.« Im Spätsommer 2010, als Kent gerade die Werbetrommel für Apathy for the Devil rührte, führte ich ein Telefoninterview mit ihm für die Website von Vanity Fair , auf der ich blogge. Ich hatte sein Buch gelesen und befragte ihn gezielt zu diesem Thema. Ich bat ihn, mir die Sache genauer zu erklären, und wieder lief es auf Micks Verhältnis (oder den Mangel an Verhältnis) zu den Leuten hinaus, die ihre Brötchen auf dieselbe Weise verdienen wie Kent und ich.
Marc: Seit wann ist Mick nicht mehr der rebellische Held? Keith ist es immer noch. Dabei bekommt Keith dieselben Gagen wie Mick. Und Keith hat die Band mit seinen Drogenproblemen fast kaputt gemacht. Trotzdem gilt er als der einzig Wahre, die Seele der Band. Was steckt dahinter?
Nick: Jeder, der schon einmal ein Jagger-Interview gelesen hat, weiß wie ausweichend er sich ausdrückt. Er ist einfach nicht entgegenkommend.
Marc: Ist ihm das einfach egal?
Nick: Er spielt mit Journalisten gerne Spielchen. Er gibt jetzt seit fünfzig Jahren Interviews. Er ist der ganzen Sache zwangsläufig etwas überdrüssig, sagt sich aber auch: »Ich mache das Ganze, um eine Platte oder eine Tour zu promoten. Ich gebe euch drei oder vier
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