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Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Titel: Mick Jagger: Rebell und Rockstar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Spitz
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würde. Es zeugt lediglich von dem immensen Einfluss dieser ganz speziellen Femme fatale.
    Die Zeit arbeitete nicht für Anita Pallenberg. Es gibt eine fast schon prophetische Szene in der vierten Staffel der großartigen britischen Sitcom Absolutely Fabulous , in der Edina Monsoon (Jennifer Saunders) nach einer Blitzdiät träumt, Gott (gespielt von Marianne Faithfull) und der Teufel (dargestellt von Anita Pallenberg) kämen an ihr Bett und diskutierten über den modernen Menschen. »Sie werden bald keine Verwendung mehr für uns haben«, warnt Faithfull. »Ich langweile mich ohnehin«, entgegnet Pallenberg schulterzuckend. »Welchen Sinn sollte es für mich haben, gefällig zu sein.«
    Pallenberg war nie gefällig und wird es vermutlich auch niemals sein. Wenn es irgendjemanden gibt, der in Bezug auf das Thema Älterwerden noch mehr unter Gehässigkeiten zu leiden hat als Mick, dann ist es Anita. Auch sie war zu ihrer Zeit eine außerordentliche Schönheit. Im Januar 2010 erwischte ein Fotograf der Daily Mail die inzwischen über sechzigjährige Schauspielerin, Künstlerin und Stones-Muse vor einem Supermarkt, als sie sich gerade eine Zigarette anzündete. Der Schnappschuss zeigt sie mit strähnigem blonden Haar und von Falten zerfurchtem Gesicht; sie trägt einen Rollkragenpullover unter einem ausgebeulten Parka. Die schmollmündige blonde Göre mit dem Schlafzimmerblick, die sich nackt, nur in eine Decke gehüllt in Marco Ferreris 69er Art-Noir-Film Dillinger ist tot räkelt, ist nicht wiederzuerkennen. Als wäre die Headline »What a Drag« (in Anspielung auf »Mother’s Little Helper«) nicht gemein genug, stellt das Blatt diesem Schnappschuss in seinem Artikel auch noch eine Reihe von früheren Pallenberg-Porträts gegenüber. (Auch Keith und Brian werden als junge Männer gezeigt. Von Mick gibt es natürlich ein aktuelles Bild.)
    Dennoch besitzt Pallenberg eine Würde, die ihr nicht genommen werden kann; wohl nicht zuletzt, weil es – wie bei Keith – angesichts ihrer Drogenexzesse ein Wunder ist, dass sie noch lebt. Aber es ist nicht nur das, mittlerweile ist sie auch eine Rocklegende, freilich eher eine düstere als eine strahlende. Die wenigen Filme, die sie in den 60ern gedreht hat, sind heute Kultklassiker: Barbarella , der bereits erwähnte Dillinger ist tot , die tolldreiste Verfilmung des erotischen Fantasyromans Candy und natürlich Performance , der wahrscheinlich ultimative Kultfilm der 60er-Jahre. Der Autor und Regisseur Harmony Korine, der Pallenberg 2007 in seiner zutiefst befremdlichen Satire Mister Lonely für die Rolle der Queen Elizabeth auswählte, nannte sie einmal den »weiblichen Chuck Berry«, und möglicherweise war sie für die Rolling Stones in ihrer besten Phase ebenso bedeutsam wie Berry.
    Sie war ziemlich furchtlos in ihren Drogen-, Bondage- und Okkultismusexperimenten. Die Stones trugen ihre Klamotten – nicht die, die sie entworfen hat, wohlgemerkt. Selbst gebaut wie gertenschlanke junge Frauen, liehen sie sich Teile aus Pallenbergs Garderobe und weckten damit bei anderen reinen Männerbands und all ihren männlichen Fans den Wunsch, ebenso gekleidet zu sein. Sie etablierte die einfallsreiche, elegante Ästhetik des Abgegriffenen, die auch alle weiblichen Rockstars in den vergangenen vierzig Jahren kopiert haben. Einer oft zitierten Beobachtung Keiths zufolge wusste Pallenberg »alles und sie konnte es in fünf Sprachen zum Ausdruck bringen«. Zusammen mit Marianne Faithfull und Andrew Oldham war sie eine der ganz wenigen, die einen Beitrag zum musikalischen Werk der Stones leisteten, indem sie sie nicht nur in weltanschaulicher und kreativer Hinsicht beeinflusste, sondern auch im Hinblick auf ihr öffentliches Auftreten sowie auf ihre Art zu reden und sich zu kleiden. »Anita war pure Energie, sie war eine solche Powerfrau, so stark und voller Entschlusskraft, dass die Männer ihr reihenweise verfielen und ebenso gefährlich abhängig von ihr wurden wie ein Heroinsüchtiger von seinem Drogendealer«, schreibt der Stones-Insider und Drogenkurier Tony Sanchez alias »Spanish Tony« in seinem berühmt-berüchtigten Zeitdokument Die Rolling Stones – Ihr Leben, ihre Musik, ihre Affären .
    »Anita war eine treibende Kraft bei den Stones«, erzählte mir der Journalist Nick Kent in einem Interview für die Vanity Fair -Website. »Sie verfügte über kein besonderes Talent, das sie in ihren Dienst hätte stellen können, aber sie hatte ein Image und einen Standpunkt. Sie konnte

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