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Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Titel: Mick Jagger: Rebell und Rockstar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Spitz
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Druck, der von allen Seiten auf sie ausgeübt wurde, während sie sich auf ihre bevorstehende Tour vorbereiteten und zugleich das neue Album Let It Bleed einspielten und abmischten, das pünktlich zum beginnenden Weihnachtsgeschäft in den Regalen stehen sollte, war enorm. Wäre der Beggars Banquet -Nachfolger hinter den Erwartungen zurückgeblieben, wären die Stones trotz ihres riesigen Talents und ihres enormen Charismas eine reine Sixties-Band geblieben, ebenso wie die Beatles, die in den 70ern nur wenige Monate überdauerten, bevor sie sich auflösten.
    Die Band traf sich im Oktober in Kalifornien, nachdem Mick in Australien Ned Kelly abgedreht und sich von Marianne Faithfull getrennt hatte. Dort bezogen sie das Oriole House, eine Villa im Laurel Canyon. Das Anwesen gehörte Stephen Stills, der vormals Gitarrist bei Buffalo Springfield gewesen und inzwischen Mitglied von Crosby, Stills and Nash war, die auch in Woodstock aufgetreten waren. Die Stones probten im Keller von Oriole House, aber letztlich war er zu klein, um sich vernünftig auf die Konzerte vorzubereiten. »Wir waren seit zwei Wochen in Amerika, und obwohl allen klar war, dass die Band nicht gut in Form war, hatten sie noch gar nicht richtig zusammen gespielt«, schrieb der Tour-Manager Sam Cutler in seinem Buch You Can’t Always Get What You Want . Als ihnen dämmerte, dass sie sich dort nicht richtig vorbereiten konnten, zogen sie zum Proben um aufs Warner-Brothers-Gelände in Burbank, wo sie in einer großen Halle, in der noch eine aufgebaute Bühne stand, ihr Equipment installierten. Die Bedingungen hier hatten mit den großen Hallen, in denen sie bald auftreten sollten, wesentlich mehr zu tun als der enge Keller im Oriole House. Vor kurzem waren hier noch Teile des bald in die Kinos kommenden Sydney-Pollack-Films Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss gedreht worden. Die Uhr, die für den im Film gezeigten Tanzmarathon verwendet wurde, hing immer noch an der Wand, ganz so, als wollte sie die Band daran erinnern, dass sie nicht ewig Zeit hatte, ihre alte magische Energie wiederzufinden.
    »In gewisser Hinsicht liefen die Stones schon immer Gefahr zu implodieren«, schreibt Cutler. »Am Anfang klingen sie immer etwas wackelig, dann kämpfen sie sich gemeinsam über die Hürden hinweg, die ihnen den Weg versperren, bis sie schließlich fantastische Musik machen. Sie sind von allen Bands die menschlichste, man kann regelrecht spüren, wie sie – gerade so – alles noch zusammenhalten. Das ist etwas, das ich immer an ihnen geliebt habe, ihre ›Verwundbarkeit‹ als Band und ihren bedingungslosen Einsatz, wenn man sieht, wie sie kämpfen und sich den Arsch aufreißen, um ihre Musik rüberzubringen.«
    Von Los Angeles aus flog die Band nach Colorado, wo die Tour begann. Die Scheinwerfer gingen an und die Stones, mit Mick Taylor an der zweiten Gitarre und unterstützt von dem neuen Saxofonisten Bobby Keys (der die Stones bei ihrer ersten US-Tournee 1964 kennengelernt hatte), traten ins Rampenlicht. Genau in diesem Moment ging Sam Cutler ans Mikrofon und verkündete aus einer Laune heraus: »Ladys und Gentlemen, die größte Rock’n’Roll-Band der Welt: die Rolling Stones.« Keith stimmte die ersten Akkorde von »Jumpin’ Jack Flash« an – und die Stones legten mächtig los. Aber waren sie tatsächlich die größte Rock’n’Roll-Band der Welt? War es klug gewesen, dieses Attribut zu Beginn ihrer ersten US-Tour seit drei Jahren für sich zu beanspruchen, kurz nach ihrem chaotischen Hyde-Park-Konzert?
    Nach der Show nahm Mick Sam Cutler beiseite. »Wir müssen uns unterhalten«, sagte er. »Sam, wenn du die Band ankündigst, nenn uns bitte nicht die größte Rock’n’Roll-Band der Welt.« Ohne lange nachzudenken entgegnete Cutler: »Nun, entweder seid ihr es, verfickt noch mal, oder nicht. Wie zum Teufel wollt ihr’s haben?«
    »Anfangs war Mick dieser Titel zuwider«, erzählte mir Cutler. »Aber irgendwann wurde er lockerer und fand sich damit ab. Ich glaube er genoss es, sich diesem Anspruch zu stellen.«
    Mick dachte über Cutlers spontane Antwort nach und zog schweigend von dannen. »Ich glaube, anfangs dachte Mick, dass es eine absurde Behauptung sei. Völlig übertrieben, was es sicher auch war. Aber dann dachte er sich vermutlich: ›Es ist ein verdammt gewagter Titel, aber irgendwer muss ihn ja führen, warum also nicht wir?‹ Und dann fing er selber an, den Titel für die Band zu beanspruchen«, so Cutler. Abend für Abend, wenn

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