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Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Titel: Mick Jagger: Rebell und Rockstar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Spitz
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stürmte. Wie schon durch die »Würden Sie Ihre Tochter einen Rolling Stone heiraten lassen?«-Kampagne von 1965 war Mick Jagger wegen seiner Hochzeit mit Bianca jetzt sogar Leuten ein Begriff, die keine einzige Rock’n’Roll-Single besaßen. »Die Babyboomer wurden langsam älter«, so der damalige Rolling Stone -Redakteur Robert Greenfield, der die Band 1972 auf ihrer US-Tour begleitete (in seiner Reportage prägte Greenfield übrigens den heute noch gebräuchlichen Namen für die Tournee: S.T. P – kurz für Stones Touring Party). »Die Band war drei Jahre lang nicht in Amerika gewesen – das war eine ziemlich lange Zeit für damalige Verhältnisse. Alles veränderte sich so schnell. Mit einem Mal waren die Stones auch in den Augen der konservativen Medien seriös genug, um über sie zu berichten. In jeder Stadt, in der die Tour Station machte, brachten sie es auf die Titelseiten.« Die Shows waren in null Komma nichts ausverkauft; zum Ticketkauf berechtigt waren nur Personen, die per Post an einer Lotterie teilgenommen und eine Kaufoption gewonnen hatten.
    1972 nutzte die Band für ihre PR-Kampagne ganz gezielt die Medien. Es mag sein, dass Elvis berühmter war und Elton John und Led Zeppelin mehr Platten verkauften, doch 1972 erregte niemand eine größere mediale Aufmerksamkeit als die Rolling Stones. Es war das Jahr, in dem die Stones allen Legendenbildungen Vorschub leisteten. »Das rundete die ganze Sache noch ab, wie ein Dessert, das sie sich redlich verdient hatten. Diese ganze Öffentlichkeitsarbeit, all die Interviews, das machte ihnen ungeheuren Spaß. Du kannst nicht all diese Medientypen mit auf Tour nehmen, ohne ihnen auch private Einblicke zu gewähren, was sie getan haben«, so Greenfield. »Sie hatten Gibson und Stromberg engagiert, diese Rock’n’Roll-PR-Agentur; sie hatten auf der Tour tatsächlich ihre eigene Presseabteilung mit dabei. Und dann waren auch noch die ganzen Magazine mit von der Partie. Ken Regan und Annie Leibovitz fotografierten. Ich war für den Rolling Stone dabei. Die Welt hatte sich verändert, die Rolling Stones wechselten jetzt ins Showbiz. Sie waren die Stars. Ahmet Ertegün und Marshall Chess setzten im Hintergrund alle Hebel in Bewegung, um die Band so zu pushen wie nur irgend möglich. Und dann holte Jann auch noch Truman mit ins Boot.«
    Ebenso wie die Stones war auch Capote nicht nur ein kommerzielles Phänomen, sondern auch ein Original mit Ecken und Kanten. Das hier war nicht Rona Barrett oder irgendein anderes journalistisches Leichtgewicht, das mitreiste, um einfach nur dabei zu sein. »Es war eine Art Fusion«, erinnert sich Tourmanager Peter Rudge. »Zwar scharten wir die sogenannte Prominenz um uns, doch die Promis, von denen wir sprechen, waren selbst ein Teil der Gegenkultur. Diese Leute hatten mit dem Mainstream nichts zu tun, von dem amerikanischen Durchschnittsbürger wurden sie eher nicht zu den Guten gezählt. Robert Frank. Truman Capote. Das waren in gewisser Hinsicht Gleichgesinnte. Sie vertraten dieselben Prinzipien, hatten dieselben Referenzen.« Die Aufmerksamkeit der konservativen Medien machte es für die Stones nicht einfacher. Durch sie erfuhren noch mehr Menschen, dass die Band in ihre Stadt kam, und die Polizeikräfte und Hotelmanager vor Ort hatten Zeit, sich vorzubereiten. Um überhaupt irgendeine Unterkunft zu bekommen, mussten sie ganze Etagen anmieten. Drogen zu transportieren wurde zu einer ständigen Herausforderung. Sie waren, wie Keith in Life erklärt, ein »Piratenvolk«. »Viele sahen in ihnen eine Manifestation des Bösen«, so Rudge. »Sie wollten ihre Töchter einsperren, um sie zu verstecken. Die Schikanen vonseiten der Polizei, die Schwierigkeiten, ein Hotel zu finden, das uns nehmen wollte – das alles nur, weil sie nicht verstanden, was wir wirklich repräsentierten.«
    Capote sollte der Joker sein. Sein exzellentes Porträt über Marlon Brando war 1957 unter dem Titel »The Duke in His Domain« im New Yorker erschienen. Darin erfasste Capote auf unvergleichliche Weise das Wesen des schlanken, attraktiven, nuschelnden Stars, der die Art, wie die Hollywoodschauspieler agierten, nachhaltig verändert hatte. Brando war erbost über »The Duke in His Domain«. Der Artikel zeigt den Star korpulenter als gewohnt, mit schütter werdendem Haar und einer Handvoll Neurosen bei einem Apfelkuchengelage in einem einsamen japanischen Hotelzimmer. Zweifellos würde Capotes Urteil über die Stones ebenso schonungslos und

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