Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge
soll, der nicht voll hinter mir steht.«
»Das müssen selbstverständlich Sie entscheiden, und ich bin sicher, es gibt jede Menge Anwälte, die diesen Fall mit Handkuss übernehmen würden. Aber niemand kennt die Begleitumstände dieser Strafsache oder der Zwangsversteigerung so gut wie ich, und bloß weil jemand behauptet, an Ihre Unschuld zu glauben, heißt das noch lange nicht, dass er das auch wirklich tut. Ich werde Ihnen diesbezüglich jedenfalls nichts vormachen, Lisa. Meine Devise lautet: nichts fragen, nichts sagen. Und das gilt umgekehrt genauso. Sie fragen mich nicht, ob ich Ihnen glaube, und ich werde es Ihnen nicht sagen.«
Ich wartete, ob sie etwas erwidern würde. Tat sie nicht.
»Sind wir uns also einig? Ich habe nämlich keine Lust, mich schon groß reinzuhängen, wenn Sie sich noch nach jemandem umsehen wollen, der Ihnen glaubt.«
»Doch, ich würde sagen, wir sind uns einig.«
»Gut, dann komme ich morgen vorbei, um mit Ihnen über den Fall zu sprechen und festzulegen, welche Richtung wir einschlagen werden. Ich hoffe, dass bis dahin mein Ermittler schon einiges über die vorläufige Beweislage herausgefunden hat. Er ist …«
»Eine Frage hätte ich noch, Mickey.«
»Ja, was?«
»Könnten Sie mir das Geld für die Kaution leihen?«
Ich war nicht im Geringsten überrascht. Ich habe schon lange zu zählen aufgehört, wie viele Mandanten mich wegen der Kaution angehauen haben. Das war bisher vielleicht der höchste Betrag, aber ich glaubte nicht, dass es das letzte Mal war, dass ich diese Frage gestellt bekäme.
»Das geht nicht, Lisa. Erstens habe ich nicht so viel Geld, und zweitens entsteht für einen Anwalt ein Interessenkonflikt, wenn er für einen Mandanten die Kaution stellt. Da kann ich Ihnen also nicht helfen. Deshalb sollten Sie sich auch schon mal an den Gedanken gewöhnen, dass Sie zumindest für die Dauer Ihres Prozesses in Haft bleiben müssen. Die Kaution wurde auf zwei Millionen festgesetzt, und das heißt, Sie müssten mindestens zweihunderttausend Dollar aufbringen, um auch nur eine Bürgschaft zu bekommen. Das ist eine Menge Geld, Lisa, und wenn Sie so viel hätten, würde ich die Hälfte davon als Honorar für Ihre Verteidigung haben wollen. Sie müssten also so oder so im Gefängnis bleiben.«
Ich lächelte, aber sie fand nichts Witziges an meiner Antwort.
»Wenn man so eine Bürgschaft hinterlegt«, fragte sie. »Bekommt man die nach dem Prozess wieder zurück?«
»Nein, die behält der Kautionsbürge ein, als Entschädigung für sein Risiko. Wenn Sie nämlich fliehen, muss er für die zwei Millionen geradestehen.«
Lisa sah mich entrüstet an.
»Ich werde nicht fliehen! Ich werde hierbleiben und mich gegen diese Anschuldigungen zur Wehr setzen. Alles, was ich will, ist, bei meinem Sohn zu bleiben. Er braucht seine Mutter.«
»Lisa, das war nicht auf Sie persönlich bezogen. Ich wollte Ihnen nur erklären, wie so eine Kautionsbürgschaft grundsätzlich funktioniert. Aber jetzt – der Deputy hinter Ihnen war sehr geduldig mit Ihnen. Sie müssen jetzt mit ihm gehen, und ich muss an die Arbeit gehen und mir Gedanken über Ihre Verteidigung machen. Wir reden morgen in Ruhe miteinander.«
Ich nickte dem Deputy zu, und er kam auf Lisa zu, um sie in den Zellentrakt des Gerichts zu bringen. Als sie durch die Stahltür an der Seite des abgetrennten Bereichs für die Angeklagten traten, schaute sich Lisa mit einem verängstigten Blick nach mir um. Sie konnte nicht wissen, was ihr bevorstand und dass das erst der Beginn der härtesten Prüfung ihres Lebens war.
Andrea Freeman verabschiedete sich gerade von einem Kollegen, und das ermöglichte mir, zu ihr aufzuschließen, als sie den Gerichtssaal verließ.
»Hätten Sie Lust, auf eine Tasse Kaffee mitzukommen?«, fragte ich, als ich sie einholte. »Uns ein bisschen unterhalten?«
»Müssen Sie denn nicht mit Ihren Leuten reden?«
»Mit meinen Leuten?«
»Na, mit den ganzen Journalisten und Fotografen. Sicher warten sie vor der Tür schon auf Sie.«
»Ich würde lieber mit Ihnen reden, und wenn Sie möchten, können wir uns auch schon über die Medienrichtlinien unterhalten.«
»Ein paar Minuten hätte ich Zeit. Möchten Sie in die Cafeteria runtergehen, oder kommen Sie auf einen DA-Kaffee nach hinten in mein Büro mit?«
»Lieber in die Cafeteria. In Ihrem Büro würde ich mich zu stark beobachtet fühlen.«
»Von Ihrer Ex-Frau?«
»Nicht nur, obwohl ich im Moment ganz gut mit meiner Ex auskomme.«
»Na, umso
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