Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge
unbedingt«, sagte ich. »Ich glaube, als Nächsten werde ich Driscoll aufrufen.«
»Wie das?«, fragte Aronson.
»Weil ich heute Morgen im Richterzimmer das Gericht und die Anklage darüber informiert habe, dass ich ihn nachträglich auf meine Zeugenliste gesetzt habe. Freeman hat zwar Einspruch eingelegt, aber da sie diejenige ist, die mit Facebook angekommen ist, hatte der Richter nichts an Driscolls Auftritt auszusetzen. Je früher ich ihn also aufrufe, umso weniger Zeit hat Freeman, um sich vorzubereiten. Wenn ich mich dagegen an unseren bisherigen Plan halte und Cisco aufrufe, kann ihn Freeman den ganzen Nachmittag lang ausquetschen, damit sich in der Zwischenzeit ihre Ermittler Driscoll vornehmen können.«
Nur Lorna quittierte mein Argument mit einem Nicken. Aber das genügte mir.
»Und ich habe mich extra in Schale geschmissen«, maulte Cisco.
Es stimmte. Er trug ein langärmeliges Hemd, das aussah, als würde es aus allen Nähten platzen, wenn er die Muskeln spannte. Ich sah ihn nicht zum ersten Mal darin. Es war sein Hemd für Gerichtsauftritte.
Ich ignorierte seinen Protest.
»Apropos Driscoll, wo steckt der Kerl, Cisco?«
»Meine Jungs haben ihn heute Morgen abgeholt und in den Club gebracht. Dort spielt er jetzt letzten Meldungen zufolge Billard.«
Ich sah meinen Ermittler an.
»Aber sie geben ihm doch hoffentlich nichts zu trinken?«
»Natürlich nicht.«
»Das hätte mir gerade noch gefehlt, ein besoffener Zeuge.«
»Keine Angst. Ich habe ihnen gesagt, kein Alkohol.«
»Dann ruf die beiden mal an. Sie sollen Driscoll um eins im Gericht abliefern. Er ist als Nächster dran.«
Um zu telefonieren, war es im Restaurant zu laut. Cisco rutschte aus unserer Nische und zog sein Handy heraus, während er zum Ausgang ging. Wir schauten ihm hinterher.
»Er sieht übrigens gut aus in einem richtigen Hemd«, bemerkte Aronson.
»Findest du?«, sagte Lorna. »Mich stören nur die Ärmel ein bisschen.«
46
G ekämmt und im Anzug, erkannte ich Donald Driscoll fast nicht wieder. Cisco hatte ihn in einem Zeugenzimmer untergebracht, das ein Stück den Flur hinunter lag. Er schaute mit einem verängstigten Blick zu mir auf, als ich es betrat.
»Wie war’s bei den Saints?«, fragte ich.
»Ich kann mir was Besseres vorstellen«, maulte er.
Ich nickte mit falschem Mitgefühl.
»Und? Sind Sie bereit?«
»Nein, aber ich bin hier.«
»Okay, in ein paar Minuten wird Sie Cisco abholen kommen und in den Gerichtssaal bringen.«
»Meinetwegen.«
»Ich weiß, im Moment sieht es vielleicht nicht so aus, aber Sie tun das einzig Richtige.«
»Da haben Sie allerdings recht … dass es im Moment nicht so aussieht.«
Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte.
»Also dann, wir sehen uns gleich da drinnen.«
Ich verließ das Zimmer und gab Cisco ein Zeichen. Er stand mit den zwei Männern, die sich um Driscoll gekümmert hatten, auf dem Gang. Ich deutete den Gang hinunter in Richtung Gerichtssaal. Ich ging weiter und betrat den Saal, wo Jennifer Aronson und Lisa Trammel am Tisch der Verteidigung warteten. Ich setzte mich, aber bevor ich etwas zu ihnen sagen konnte, kam der Richter herein und nahm auf der Bank Platz. Er ließ die Geschworenen in den Saal holen, und wir setzten die Verhandlung rasch fort. Ich rief Donald Driscoll in den Zeugenstand. Nachdem er vereidigt worden war, kam ich sofort zur Sache.
»Mr. Driscoll, was sind Sie von Beruf?«
»Ich bin in der IT-Branche.«
»Und was bedeutet IT?«
»Informationstechnik. Ich habe also mit Computern zu tun, mit dem Internet. Ich suche nach den besten Möglichkeiten, um für den Kunden oder den Arbeitgeber oder sonst wen mit Hilfe neuer Technologien Informationen zu sammeln.«
»Sie waren bei ALOFT angestellt, richtig?«
»Ja, zehn Monate lang, bis Anfang dieses Jahres.«
»Im IT-Bereich?«
»Ja.«
»Was genau haben Sie für ALOFT gemacht?«
»Ich hatte verschiedene Aufgaben. Diese Branche ist sehr stark computerabhängig, mit vielen Mitarbeitern und einem enormen Bedarf, sich übers Internet Zugang zu Informationen zu verschaffen.«
»Und Sie haben ihnen geholfen, an Informationen zu kommen?«
»Ja.«
»Kennen Sie die Angeklagte, Lisa Trammel?«
»Persönlich bin ich ihr nie begegnet. Aber ich weiß von ihr.«
»Wissen Sie wegen dieses Falls von ihr?«
»Ja, aber ich habe auch vorher schon von ihr gewusst.«
»Schon vorher? Wie das?«
»Eine meiner Aufgaben bei ALOFT war, Lisa Trammel im Auge zu behalten.«
»Warum?«
»Warum,
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