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Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Titel: Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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der vordersten Reihe des Zuschauerbereichs gesessen und war mir aufgefallen, weil er nicht wie ein Anwalt oder Journalist aussah. Er sah nach Hollywood aus. Aber nicht nach dem glamourösen, etablierten Hollywood. Nach dem anderen. Dem karrieregeilen, nach Ruhm lechzenden Hollywood. Entweder ein Toupet oder dilettantisch gefärbte Haare, dazu passend die obligatorischen Fransen am Kinn, der Truthahnhals … er sah aus wie ein Sechzigjähriger, der ohne großen Erfolg auf vierzig zu machen versuchte. Er trug einen weinroten Rollkragenpullover und darüber ein schwarzes Ledersakko. Um seinen Hals hing eine Goldkette mit einem Peace-Zeichen. Egal, wer der Kerl war, ich musste davon ausgehen, dass er der Grund war, weshalb Lisa auf freiem Fuß war.
    »Also, entweder sind Sie aus dem Gefängnis entflohen, oder Sie haben die Kaution gestellt«, sagte ich. »Und irgendwie kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Letzteres der Fall ist.«
    »Sehr scharfsinnig«, sagte Lisa. »Darf ich vorstellen? Herbert Dahl, mein Freund und Gönner.«
    »D-A-H-L geschrieben«, fügte der lächelnde Gönner hinzu.
    »Gönner?«, fragte ich. »Heißt das, Sie haben Lisas Kaution gestellt?«
    »Die Bürgschaft, um genau zu sein«, sagte Dahl.
    »Bei wem?«
    »Ein gewisser Valenzuela. Sein Büro ist gleich neben dem Gefängnis. Sehr praktisch. Er meinte übrigens, er würde Sie kennen.«
    »Allerdings.«
    Ich überlegte kurz, wie ich weiter vorgehen sollte, aber Lisa preschte vor.
    »Herb ist ein richtiger Held«, erklärte sie. »Mich aus diesem fürchterlichen Ort herauszuholen. Und jetzt bin ich wieder auf freiem Fuß und kann Ihnen helfen, mich gegen diese falschen Anschuldigungen zu verteidigen.«
    Mit Aronson hatte Lisa bereits zu tun gehabt, mit Lorna und Cisco jedoch nicht. Sie ging auf sie zu, reichte ihnen die Hand und stellte sich vor, als sei das alles reine Routine und als könne sie es kaum erwarten, endlich zur Sache zu kommen. Cisco warf mir einen Blick zu, der sagen sollte: Was soll das jetzt bitte wieder? Ich zuckte mit den Achseln. Ich wusste es selbst nicht.
    Lisa hatte mir nie etwas von Herb Dahl erzählt, einem Freund und »Gönner«, der sich nicht scheute, für ihre Kaution mal eben zweihunderttausend Dollar auf den Tisch zu blättern. Das – und die Tatsache, dass sie seine Großzügigkeit nicht dafür genutzt hatte, auch ihre Verteidigung zu bezahlen – überraschte mich nicht. Und das galt auch für die aufgeplusterte Geschäftigkeit, mit der sie sich als Teil des Teams betrachtete. Ich glaubte, dass es Lisa bei Fremden hervorragend verstand, ihre persönlichen und emotionalen Probleme zu überspielen. Mit ihrem Charme konnte sie einem Tiger seine Streifen abschwatzen, und ich fragte mich, ob Herb Dahl wusste, worauf er sich da einließ. Ich vermutete, dass auch er seine Hintergedanken verfolgte, sich aber möglicherweise nicht im Klaren darüber war, dass auch er Gegenstand solcher Hintergedanken war.
    »Lisa«, sagte ich, »könnten Sie bitte kurz in Lornas Arbeitszimmer mitkommen. Ich würde gern unter vier Augen mit Ihnen sprechen.«
    »Ich finde, auch Herb sollte sich anhören, was Sie mir zu sagen haben. Er wird den Fall dokumentieren.«
    »Unsere Gespräche wird er aber nicht dokumentieren, weil alles, was zwischen Ihnen und Ihrem Anwalt gesprochen wird, vertraulich ist. Er könnte dazu gezwungen werden, vor Gericht über alles auszusagen, was er hört oder sieht.«
    »Ach so … aber gibt es denn keine Möglichkeit, ihn irgendwie einzubeziehen, ihn gewissermaßen zu einem Mitglied meines Verteidigerteams zu machen?«
    »Kommen Sie einfach kurz mit nach hinten, Lisa.«
    Ich deutete in Richtung Arbeitszimmer, und endlich setzte sich Lisa in Bewegung.
    »Könntest du Mr. Dahl in der Zwischenzeit vielleicht was zu trinken bringen, Lorna?«
    Ich folgte Lisa ins Arbeitszimmer und schloss die Tür. Dort gab es zwei Schreibtische. Einen für Lorna, einen für Cisco. Ich stellte einen Stuhl vor Lornas Schreibtisch und bat Lisa, darauf Platz zu nehmen. Dann ging ich um den Schreibtisch herum und setzte mich ihr gegenüber.
    »Das ist aber eine komische Anwaltskanzlei«, bemerkte Lisa. »Sieht eher wie eine Wohnung aus.«
    »Es ist eine Übergangslösung. Aber jetzt zu Ihrem Helden da draußen, Lisa. Wie lang kennen Sie ihn schon?«
    »Ein, zwei Monate vielleicht.«
    »Wie haben Sie ihn kennengelernt?«
    »Auf der Freitreppe des Gerichts. Er kam zu einer der FLAG-Demos. Er meinte, er würde sich aus der

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