Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge
Schmerzmittelschubs durch meinen Arm in meine Brust strömen. Ich blieb still, während ich darauf wartete, dass meine kreischenden Nervenenden sich beruhigen würden.
»Was glaubst du, Mick?«
»Da bin ich total überfragt. Ich habe dir doch gesagt, dass ich die beiden nicht gekannt habe.«
»Ich meine nicht die beiden Schläger. Ich meine, wer sie geschickt hat. Was sagt dir dein Riecher? Opparizio?«
»Er ist sicher der aussichtsreichste Kandidat. Er weiß, dass wir ihn im Visier haben. Ich meine, wer sonst?«
»Und was ist mit Dahl?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Wozu? Er hat meinen Vertrag bereits gestohlen und den Deal perfekt gemacht. Warum mich hinterher noch zusammenschlagen lassen?«
»Vielleicht, um dich zu bremsen. Vielleicht auch, um noch ein bisschen mehr Thrill in das Projekt zu bringen, es um eine zusätzliche Dimension zu erweitern. Sozusagen als weiteres Element der Story.«
»Das halte ich für ein bisschen weit hergeholt. Mir gefällt Opparizio besser.«
»Aber wieso sollte er so etwas tun?«
»Aus dem gleichen Grund. Um mich zu bremsen. Um mich zu warnen. Er möchte nicht als Zeuge auftreten, und er möchte nicht mit dem ganzen Schmutz konfrontiert werden, den ich über ihn habe, wie er sehr wohl weiß.«
Cisco zuckte mit den Achseln.
»So ganz leuchtet mir das trotzdem nicht ein.«
»Ist ja auch egal, wer es war. Es wird mich jedenfalls nicht bremsen.«
»Was genau hast du eigentlich mit Dahl vor? Er hat dir den Vertrag gestohlen.«
»Damit befasse ich mich gerade. Jedenfalls lasse ich mir für diesen schmierigen kleinen Pisser etwas einfallen, bis ich hier rauskomme.«
»Wann soll das sein?«
»Sie warten erst mal ab, ob alles gut verheilt. Wenn nicht, müssen sie möglicherweise meinen linken Hoden entfernen.«
Cisco zuckte zusammen, als redete ich von seinem linken Hoden.
»Tja, ich versuche, nicht daran zu denken«, sagte ich.
»Okay, machen wir weiter. Was ist mit den beiden Typen? Alles, was ich bisher über sie habe, ist: zwei Weiße, Anfang dreißig, Fliegerjacken und Lederhandschuhe. Ist dir inzwischen sonst noch was eingefallen?«
»Nein.«
»Irgendein regionaler oder ausländischer Akzent?«
»Nichts, woran ich mich erinnern könnte.«
»Narben, Tattoos, ein Hinken?«
»Ebenfalls nichts. Es ging alles ziemlich schnell.«
»Ich weiß. Glaubst du, du würdest sie in einem Sechserpack erkennen?«
Damit meinte er ein Set Fahndungsfotos.
»Einen von ihnen auf jeden Fall. Den, der das Reden übernommen hat. Den anderen habe ich mir nicht so genau angeschaut. Und sobald er mir den ersten Schlag verpasst hat, habe ich gar nichts mehr gesehen.«
»Verstehe. Ich werde jedenfalls dranbleiben.«
»Sonst noch was, Cisco? Ich werde langsam müde.«
Zur Unterstreichung schloss ich die Augen.
»Na ja, Maggie hat mich gebeten, sie anzurufen, sobald du wach bist. Bisher hat es bei ihr zeitlich nicht so recht hingehauen. Jedes Mal, wenn sie mit Hayley hier war, warst du gerade weg.«
»Du kannst sie ruhig anrufen. Sag ihr einfach, sie soll mich wecken, wenn ich schlafe. Ich will meine Kleine sehen.«
»Okay, ich sage ihr, sie soll nach der Schule mit ihr vorbeikommen. Außerdem möchte dir Bullocks einen Aufschubantrag zur Absegnung und Unterzeichnung vorbeibringen, damit sie ihn heute noch einreichen kann.«
Ich öffnete die Augen. Cisco war auf die andere Seite des Betts gegangen.
»Einen Aufschub? Wofür?«
»Für die Vorverhandlung. Sie will den Richter bitten, sie angesichts deines Zustands um ein paar Wochen zu verschieben.«
»Nein.«
»Mick, heute haben wir Freitag. Die Verhandlung ist am Dienstag. Selbst wenn sie dich bis dahin entlassen haben, bist du bis Anfang nächster Woche auf keinen Fall in der Verfassung …«
»Sie bekommt das schon hin.«
»Wer, Bullocks?«
»Ja. Sie ist gut. Sie packt das.«
»Sie ist gut, aber unerfahren. Willst du wirklich jemanden, der gerade von der Uni kommt, die Vorverhandlung für einen Mordprozess übernehmen lassen?«
»Es ist eine Vorverhandlung. Trammel wird auf keinen Fall um einen Prozess herumkommen, egal, ob ich dabei bin oder nicht. Alles, was für uns dabei herausspringen kann, ist ein kleiner Einblick in die Prozessstrategie der Anklage, und darüber wird mir Aronson Bericht erstatten können.«
»Glaubst du, der Richter lässt das überhaupt zu? Er könnte darin einen Versuch sehen, wegen eines beeinträchtigten Verteidigers die Voraussetzungen für eine Revision zu schaffen, falls es am Ende zu einem
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