Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge
Ms. Freeman.«
Freeman kam nach vorn, wartete dann aber, bis Opparizio und seine Anwälte ihre Sachen zusammengepackt und sich vom Tisch der Anklage entfernt hatten. Der Richter wartete geduldig. Endlich ging die Staatsanwältin zu ihrem Platz, setzte sich aber nicht.
»Ich nehme mal an«, sagte Perry, »Sie wollen über Mr. Hallers aktualisierte Zeugenliste reden.«
»Ja, Euer Ehren, so ist es. Außerdem habe ich eine Frage zur Beweislage. Was möchten Sie als Erstes hören?«
Eine Frage zur Beweislage. Plötzlich wusste ich, warum Kurlen im Saal war.
»Befassen wir uns zuerst mit der Zeugenliste«, sagte der Richter. »Damit habe ich gerechnet.«
»Ja, Euer Ehren. Mr. Haller hat seine Anwaltskollegin auf die Zeugenliste gesetzt, und ich glaube, dass er sich zuerst entscheiden sollte, ob er Ms. Aronson als zweite Verteidigerin haben will oder als Zeugin. Aber zweitens, und das halte ich für den wichtigeren Punkt, hat Ms. Aronson bereits die Vorverhandlung sowie andere Verpflichtungen für die Verteidigung übernommen, und deshalb legt die Anklage Beschwerde gegen die Maßnahme ein, sie plötzlich beim Prozess als Zeugin auftreten zu lassen.«
Freeman setzte sich, und der Richter schaute zu mir.
»Dieser Wechsel kommt ein bisschen spät im Spiel, finden Sie nicht auch, Mr. Haller?«
Ich stand auf.
»Ja, Euer Ehren, nur dass das hier kein Spiel ist, sondern dass es hier um die Freiheit meiner Mandantin geht. Die Verteidigung möchte das Gericht in dieser Hinsicht um mehr Spielraum ersuchen. Ms. Aronson war maßgeblich an den rechtlichen Schritten gegen die Zwangsversteigerungsmaßnahmen gegen meine Mandantin beteiligt, und die Verteidigung ist zu dem Schluss gelangt, dass sie dringend benötigt wird, um den Geschworenen die Hintergründe und die Sachlage zum Zeitpunkt des Mordes an Mr. Bondurant zu schildern.«
»Und Sie beabsichtigen, sie in doppelter Funktion einzusetzen, als Zeugin und als Strafverteidigerin? Das kommt in meinem Gerichtssaal nicht in Frage, Sir.«
»Euer Ehren, als wir Ms. Aronsons Namen auf die endgültige Zeugenliste gesetzt haben, war uns klar, dass es zu dieser Auseinandersetzung mit Ms. Freeman käme. Was diesen Punkt angeht, wird sich die Verteidigung der Entscheidung des Gerichts unterwerfen.«
Perry sah Freeman fragend an, ob sie noch etwas vorbringen wollte. Sie machte keine Anstalten.
»Nun gut«, fuhr der Richter fort. »Sie haben gerade Ihre zweite Verteidigerin verloren, Mr. Haller. Ich werde Ms. Aronson auf der Zeugenliste lassen, aber wenn wir morgen mit der Auswahl der Geschworenen beginnen, sind Sie auf sich allein gestellt. Ms. Aronson hält sich von meinem Gerichtssaal fern, bis sie in den Zeugenstand gerufen wird.«
»Danke, Euer Ehren«, sagte ich. »Darf sie mir wieder als Vize zur Verfügung stehen, wenn sie ihre Aussage gemacht hat?«
»Dagegen ist nichts einzuwenden.« Perry wandte sich der Anklägerin zu. »Ms. Freeman, wollten Sie dem Gericht nicht einen zweiten Punkt vortragen?«
Freeman stand wieder auf. Ich setzte mich und beugte mich vor, um mir Notizen zu machen. Die Bewegung löste heftige Schmerzen in meinem Oberkörper aus, und fast hätte ich laut aufgestöhnt.
»Euer Ehren, der Staat möchte einem Einspruch und Protest zuvorkommen, den die Verteidigung mit Sicherheit erheben wird. Gestern gegen Tagesende erhielten wir die DNA-Analyse einer sehr kleinen Blutspur, die auf einem Schuh gefunden wurde, der der Angeklagten gehört und im Zuge der Durchsuchung ihres Hauses und ihrer Garage am Tag des Mordes konfisziert wurde.«
Es war, als verpasste mir eine unsichtbare Faust einen Schlag in die Magengrube, der meine Rippenschmerzen auf der Stelle verfliegen ließ. Mir wurde sofort klar, dass jetzt das Spiel kippen würde.
»Die Analyse hat ergeben, dass das Blut von dem Schuh mit dem des Opfers, Mitchell Bondurant, übereinstimmt. Bevor der Verteidiger protestiert, möchte ich das Gericht darauf hinweisen, dass sich die Analyse der Blutprobe verzögert hat, weil das Labor überlastet ist und die zu untersuchende Probe sehr klein war. Zusätzlich verschärft wurde dieses Problem dadurch, dass ein Teil der Probe für die Verteidigung erhalten werden musste.«
Ich warf meinen Stift in die Luft. Er landete auf dem Tisch und fiel von dort scheppernd auf den Boden. Ich stand auf.
»Euer Ehren, das ist schlicht und einfach unerhört. Am Abend vor der Auswahl der Geschworenen? Damit kommt sie jetzt? Und wie rücksichtsvoll von ihr, auch
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