Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge
Mr. Opparizios nur Meinungsmache bei den Medien im Saal betreiben. Ich muss erneut darauf dringen, diese Verhandlung ins Richterzimmer zu verlegen.«
»Wir bleiben, wo wir sind«, erklärte Perry. »Aber ich werde nicht zulassen, Mr. Haller, dass Sie diesen Zeugen nur aus purer Effekthascherei aufrufen, um die Geschworenen zu verwirren. Was hat er mit der Sache zu tun? Was trägt er zur Klärung des Falls bei?«
Ich nickte, als hätte ich eine einleuchtende Antwort parat.
»Mr. Opparizio ist Gründer und Leiter einer Firma, die beim Zwangsversteigerungsprozess eine Mittlerfunktion einnimmt. Nachdem das Opfer in diesem Strafverfahren beschlossen hatte, das Haus der Angeklagten zur Zwangsversteigerung auszuschreiben, beauftragte er Mr. Opparizio mit der konkreten Durchführung der hierfür erforderlichen Maßnahmen. Damit, Euer Ehren, steht Mr. Opparizio für mich bei diesem Fall in vorderster Schusslinie, und ich würde ihn gern dazu befragen, weil die Anklage den Medien gegenüber geäußert hat, die Zwangsversteigerung sei das Mordmotiv.«
Zimmer sprang auf, bevor der Richter reagieren konnte.
»Das ist eine absurde Unterstellung! Mr. Opparizios Firma beschäftigt einhundertfünfundachtzig Mitarbeiter. Sie befindet sich in einem dreistöckigen Gebäude. Zu …«
»Häuser zu versteigern ist ein Riesengeschäft«, warf ich ein.
»Mr. Haller«, warnte der Richter.
»Sieht man einmal davon ab, dass sie zusammen mit zirka einhunderttausend anderen Fällen in diesem Jahr abgewickelt wurde«, konterte Zimmer, »hatte Mr. Opparizio absolut nichts mit der Zwangsversteigerung des Hauses der Angeklagten zu tun.«
»Einhunderttausend Fälle, Mr. Zimmer?«, fragte der Richter.
»Ganz richtig, Euer Ehren. In den letzten zwei Jahren hat die Firma im Schnitt zweitausend Zwangsversteigerungen pro Woche abgewickelt. Dazu gehört auch die Zwangsversteigerung des Hauses der Angeklagten. Mr. Opparizio hat keinerlei spezifische Kenntnisse über ihren Fall. Es war einer von vielen, und er hat nie in irgendeiner Weise Notiz davon genommen.«
Der Richter schien genug gehört zu haben und versank in nachdenkliches Schweigen. Ich hatte gehofft, mein Ass im Ärmel nicht ausspielen zu müssen, vor allem nicht in Anwesenheit der Staatsanwältin. Aber ich musste davon ausgehen, dass Freeman bereits von Bondurants Brief und seiner Bedeutung wusste.
Ich blickte auf die Akte vor mir hinab und schlug sie auf. Da waren der Brief und vier Kopien. Sie warteten nur darauf, zum Einsatz zu kommen.
»Mr. Haller, ich neige dazu …«
»Euer Ehren, wenn das Gericht etwas Nachsicht zu üben bereit wäre, würde ich Mr. Opparizio gern nach dem Namen seiner Chefsekretärin fragen.«
Das ließ Perry ein weiteres Mal stutzen, und er verzog verständnislos den Mund.
»Sie wollen wissen, wer seine Sekretärin ist?«
»Seine Chefsekretärin, ja.«
»Weshalb wollen Sie das wissen, Sir?«
»Ich bitte das Gericht in diesem Punkt um Nachsicht.«
»Na schön. Mr. Opparizio? Mr. Haller wüsste gern den Namen Ihrer Chefsekretärin.«
Opparizio beugte sich vor und sah Zimmer an, als suchte er dessen Zustimmung. Der Anwalt bedeutete ihm, die Frage zu beantworten.
»Eigentlich habe ich sogar zwei, Euer Ehren. Eine ist Carmen Esposito und die andere Natalie Lazarra.«
Dann lehnte er sich zurück. Der Richter sah mich an. Es wurde Zeit, das Ass auszuspielen.
»Euer Ehren, ich habe hier Kopien eines Einschreibens, das Mitchell Bondurant, das Mordopfer, Mr. Opparizio geschickt hat. Laut Unterschrift auf der Empfangsbestätigung wurde es von dessen Sekretärin Natalie Lazarra angenommen. Das Schreiben wurde mir mit der Offenlegungsakte der Anklage zugänglich gemacht. Und damit ich Mr. Opparizio dazu befragen kann, hätte ich gern, dass er beim Prozess als Zeuge auftritt.«
»Lassen Sie mal sehen«, sagte Perry.
Ich entfernte mich vom Tisch und übergab zuerst dem Richter und dann Zimmer Kopien des Einschreibens. Als ich darauf zu meinem Platz zurückkehrte, ging ich an Freeman vorbei und hielt ihr eine Kopie hin.
»Nein danke. Das habe ich bereits.«
Ich nickte und kehrte zum Tisch der Verteidigung zurück, blieb aber stehen.
»Euer Ehren?«, sagte Zimmer. »Dürften wir um eine kurze Unterbrechung bitten, um uns das anzusehen? Wir sehen das zum ersten Mal.«
»Fünfzehn Minuten«, sagte Perry.
Der Richter verließ die Bank und ging durch die Tür zu seinem Zimmer. Ich wartete, ob sich Opparizio mit seinem Team auf den Flur
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