Microsklaven
kreisten oben in den Lüften - ganze zehn Minuten schlugen sie nicht mit den Flügeln (wir haben natürlich die Zeit gestoppt) - auf der Jagd nach Mäusen und Zieseln und Eichhörnchen. Heiter und friedlich.
Und dann gingen wir in die Berge, ins so dichte grüne Laub, durch das die Sonne den Boden sprenkelte. Wir liefen über eine kleine Holzbrücke und mußten uns ins Gedächtnis rufen, daß wir nicht tot und im Himmel waren. Als wir wieder aufbrachen, erschien uns das Leben wirklich schön, und unser Zirkadianrhythmus war wieder halbwegs auf Pacific Standard Time eingestellt.
Auf dem Rückweg fuhren wir auf der Coyote Hill Road am Xerox PARC vorbei, und Bug regte sich nur ein bißchen auf. Mittlerweile schäumt er nicht mehr vor Wut, wenn er sich vorstellt, daß Xerox die größte Firma der Erde sein könnte, wenn sie nur begriffen hätten, was sie damals in den 70ern in der Hand hatten.
Danach bogen wir ab zum Stanford Shopping Center, um uns abzukühlen und kurze Hosen kaufen zu gehen. Zwischen den Neiman Marcus-, Williams and Sonoma-, NordicTrack- und Crabtree & Evelyn-Läden redeten wir über subatome Partikel. Im Stanford-Labor sind sie hinter den magischen Partikeln her, die das Universum zusammenhalten. Ein Partikel haben sie noch nicht gefunden. Ich fragte meine Passagiere, ob jemand wüßte, welches. »Das Top-Quark«, antwortete Michael. »Isolierband«, antwortete Susan und warf Todd einen finsteren Blick zu.
S tanford ist wirklich irre. Da gibt es Autoaufkleber wie: »I ♥ ANTARCTICA«, »I ♥ Cellos«, und »Calligraphy ♥ for letter or verse«.
E ins haben wir heute gelernt: Wir sind uns einig, daß wir ein bißchen mehr Freizeit für unsere persönliche Entwicklung und einfach zur Erholung brauchen. Selbst Ethan sah das ein, allerdings fragte er uns, ob wir das nicht schichtweise machen könnten. Wir mußten ihm sagen, daß Freizeit, genau wie Intelligenz, keine variable Größe ist.
Alle machten sofort Feierabend, nur ich ging noch ins Büro, um eine Weile Oop! zu spielen und an meiner Raumstation zu arbeiten. Karla fuhr rauf nach San Francisco, um Laura von Interval dabei zu helfen, ihre Wohnung in dem gleichen Gelb wie Mary Tyler Moores Mustang-Cabrio zu streichen. Auch Bug wollte helfen.
E twa um 1:30 morgens ging die Tür auf, und ich dachte, es wäre Karla, doch es war Bug. Er sagte, die Farbe sei alle, und deshalb seien Karla und Laura ausgegangen, um sich einen bunten Abend zu machen.
Bug kam herein, setzte sich auf den Stuhl neben mich, und wir unterhielten uns. Das Licht war gedämpft - nur ein paar Monitore und eine Lampe neben der Kaffeemaschine. Bug sagte - gar nicht unbedingt zu mir, glaube ich, sondern mehr zu sich selbst: »Ich war gerade in so einem Nachtclub in der Stadt, Dan. Ich hab' mich da fehl am Platze gefühlt. Ich bin keine Nachtclubs gewohnt, und ich mag keinen Zigarettenrauch, und die Art, wie die Leute in Clubs posieren und sich verstellen, gefällt mir nicht.«
Ich bemerkte, daß Bug sich für den Abend schick gemacht oder vielmehr bemüht hatte, seine Garderobe zu koordinieren. Außerdem hat Dusty ihn zu einem Trainer im Fitneßstudio geschickt, und er sieht nicht mehr ganz so aus, als sei er aus den Resten einer Packung Lego zusammengebaut worden. Immerhin sind auch Karla und ich dieser Tage besser in Form. Das Fitneßstudio.
»Jedenfalls«, fuhr Bug fort, »hing von der Decke so ein Ding, das aussah wie ein Bilderrahmen - gehörte zur Clubdekoration, und ich dachte, ich sähe in einen Spiegel, deshalb hob ich die Hand, um mir durch die Haare zu streichen, und mein Spiegelbild auf der anderen Seite tat natürlich dasselbe. Und dann wurde mir plötzlich klar - wurde uns klar -, und zwar im selben Moment, daß wir zwei verschiedene Leute waren, und wir sagten gleichzeitig: ›Oh, Mann!‹
»Und?«
»Und mir wurde klar, daß es vielleicht sogar möglich ist, und sei es nur kurz und ohne daß man irgendwelchen Einfluß darauf hat, jemand anders zu werden oder einen anderen Körper zu bekommen, von einem Moment auf den anderen. Nennt man das ›Body Invasion‹? Karla wüßte das bestimmt.« Einen Moment lang herrschte Stille - nur das Summen der Computer war zu hören; ein Plink von irgendeinem Gerät, das E-Mail empfing. Bug fuhr fort: »Und so habe ich Jeremy kennengelernt.«
»Wie schön.«
»Wir sind nicht verliebt«, fügte er schnell hinzu. »Doch wir werden uns wiedersehen. Aber sag mir eins, Daniel - ich meine, ich kannte dich schon, bevor du Karla
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