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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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der BBC Bar in Menlo Park einen trinken gegangen. Wir unterhielten uns über die Rastlosigkeit, die im Valley in der Luft liegt. Das Schneckentempo, in dem die Entwicklung des Superhighway voranschreitet, zehrt an den Nerven der Valley-Bewohner - zwischen all den Lens-Crafters-Läden, den Autowerkstätten, den S&L-Gebäuden und den Wissenschaftsparks laufen sie mit einem Ausdruck entspannter Gereiztheit um den Mund umher. Nichtsdestoweniger werden Broderbund, Electronic Arts und all die anderen immer größer, also geht's immer noch voran. Nur langsamer, als wir erwartet haben.
    Ich sagte: »Du mußt bedenken, Ethan, das hier sind Geeks, immer abrufbereit, und plötzlich müssen sie ihr Leben so verbringen, als warteten sie auf eine Aeroflot-Maschine, die sie aus Wladiwostok herausbringt - eine Maschine, die vielleicht startet, vielleicht aber auch nicht.« Dann fiel mir ein, daß wir alle nach dem Polit-Wirbel der letzten Wochen von Rußland die Nase voll haben, und ich wünschte, ich hätte das nicht gesagt. Ethan war mürrisch: »CD-ROM-Design kommt mir langsam vor wie eine Ladenkette für Aloe-Produkte oder das Pyramiden-Schema.«
    »Ethan - du bis unser Geld-Mensch. Sag nicht so was!«
    »Niemand will die Infrastruktur der Datenautobahn bezahlen - das ist einfach zu teuer. Früher wäre die Regierung für die Kosten aufgekommen, aber die kümmert sich heute nicht mehr um die rein wissenschaftliche Forschung. Außer es gibt Krieg, aber ich weiß nicht recht, wie interaktive CD-Produkte wie Bullwinkle und Rocky uns helfen sollen, den Feind zu besiegen. Mist. Wir haben doch nicht mal mehr Feinde.« In der Bar lief ein tröstlicher alter Ramones-Song, Wanna be Sedated, und wir wurden rührselig.
    »Die Firmen wollen Straßenschilder sein, Gebührenschalter, Rastplätze - alles, bloß nicht der Asphalt. Alle haben Angst, Berge von Geld auszugeben und dann die Betamax-Ausgabe des I-ways zu werden. Und ich glaube nicht, daß ein Krieg die Entwicklung beschleunigen würde. Ich glaube, so eine Art von Technologie ist das nicht. Diese Sache wird erst dann Wirklichkeit werden, wenn im Vorgarten eines jeden Hauses auf der ganzen Welt ein kleiner Graben ausgehoben und ein Glasfaserkabel verlegt worden ist. Bis dahin ist das alles Fantasy Island.« Bestimmt dachte er daran, wie lange er selbst gebraucht hatte, um seinen Lego-Freeway im Lego-Garten des Büros zu bauen. Wir bestellten noch zwei Harvey Wallbanger (70er-Jahre-Abend).
    »Es ist einfach ziemlich seltsam, zu sehen, was für ein ... Schachmatt-Gefühl hier in der Luft liegt«, fuhr Ethan fort, in Erinnerung an die Ära des Atari-Booms. »In diesem Land bekam man immer nur genau so viel, wie man verlangte - also verlangten alle viel.« Er wurde langsam philosophisch. »Wir leben in einem Land, in dem die Architektur bereits irrelevant ist, bevor der Grundstein gelegt wird - ein Land der erfüllbaren Träume, die sich unerfüllbar geben; beängstigend intelligent, deprimierend reich.« Er zwirbelte eine Cocktailserviette zu einem Seil zusammen. »Tja«, sagte er, »der Zauber kommt und geht.« Er trank seinen Wallbanger aus. »Aber am Ende kommt er immer zurück.«
    S päter wurde Ethan ganz aufgeregt und zog ein zerknittertes Blatt Thermo-Faxpapier aus seiner Tasche. Es war seine Liste von »Richtlinien für interaktive Stellenvergabe«, die er durchs ganze Valley gefaxt hatte, wie eins von diesen »Thank-God-It's-Friday«-Postern, und die ungefähr in der 17. Generation zu ihm zurückkehrte. Er war stolz, jetzt zur Welt der Apokryphen und Großstadtmythen zu gehören.
     
    Die acht Gesetze der Stellenvergabe in der Multimedia-Branche
     
    1)
    Immer fragen: »Welche Produkte haben Sie innerhalb der letzten zwei Jahre fertiggestellt?« Mehr mußt du eigentlich gar nicht fragen. Wenn der Bewerber in den letzten zwei Jahren nichts fertiggestellt hat, fragst du: »Und welche Entschuldigung können Sie dafür vorbringen?«
     
    2)
    Die »Mein-Job-ist-mein-Leben«-Phase dauert vielleicht zehn Jahre. Schnapp sie dir, solange sie jung sind, und paß auf, daß sie nie alt werden.
     
    3)
    Einem Hund, der einen gebissen hat, kann man nicht trauen. Du solltest niemanden für dich arbeiten lassen, den du einer anderen Firma mitten in einem Projekt abspenstig machen kannst.
     
    4)
    Die Branche besteht einerseits aus begabten Techies und andererseits aus cleveren Generalisten - den Leuten, die sich auf der High-School gelangweilt haben - der Art Mensch, dem der Lehrer immer gesagt

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