Microsklaven
und er redet in einer Tour über schwule Themen. Die ganze Sache erinnert mich an die kurze Affäre unseres Büros mit dem Marxismus, und ich versuche so zu tun, als fände ich es faszinierend, aber dann bin ich doch wieder mit den Gedanken woanders. Als wenn jemand anfängt, seine Stereoanlage zu beschreiben.
Ich konnte mich jedoch des Gedankens nicht erwehren, wie gut es doch ist, daß Bug nach San Francisco gezogen ist -Schwulsein ist hier überhaupt kein Thema. Es gibt hier sowohl ultrapolitische schwule Aktivisten als auch schwule Republikaner, und keine einflußreiche Clique, die die Szene dominiert. Und zu Bugs Glück ist die Auswahl an Männern hier offenbar größer als in Coeur d'Alene oder Seattle. Wie auch immer, Bug, Jeremy, Karla und ich fuhren zu Body Manipulations in der Fillmore Street. Der Typ vor uns wollte sich eine »Gigue« machen lassen - ein Piercing durch den Hautstreifen zwischen Skrotum und Anus.
»Aber dein Körper ist doch deine Festplatte!« sagte Karla und erntete peinlicherweise vernichtende Blicke von allen im Laden.
Karla, Bug und ich wurden blaß, und Bug fragte Jeremy, ob sein Ohrring nicht warten könne. Jeremy war stinkwütend und stürmte hinaus. Das Piercing ist also verschoben, fürs erste zumindest, und bei Bug und Jeremy hängt der Haussegen schief. Bug sagte: »Ich glaube, in dieser neuen Kultur gibt es vieles, was ich noch nicht ganz verstehe. Ich steige ja auch erst ziemlich spät ein.«
I mmer, wenn Abe mir E-Mail schickt, benutzt er eine Tag-Line, die irgendwas mit Fast-Food zu tun hat. Ich habe mal eine Liste zusammengestellt. Hier ist sie:
Ausreichend Parkplätze vorhanden
Sprechen Sie Ihren Geschäftsführer auf Ihren Beitritt zur Gewerkschaft an . .. Nein, tun Sie's nicht
Fritierter Fritierteig: Mmmmh
Beleuchtete Plexiglasschilder: Enzellente Ziele für Luftgewehre
Katzenfutter: Die nächste Stufe
Die Kunden nehmen sich zu viele Gratisservietten
In zu kurz gebratenen Klapsen siedeln sich Kolibakterien an
Ältere Mitarbeiter lassen sich besser schikanieren
Jeder hat Angst vor Clowns
Fishwich ... Echtes Wort ... Ja oder nein?
Laut Zielgruppenanalyse haben Lammburger keine Chance
Grelle Farben schrecken Leute ab, die nur herumsitzen und nichts essen
Geschenkgutscheine sind beschissene Geschenke
Haarnetze
Hat Ronald McDonald eine Freundin? Kaum vorstellbar
Mehr Orangengetränkmaschinen auf Geburtstagspartgs
Muzak schreckt Teenager-Rowdys ab, die nur herumsitzen und nichts bestellen
Bilder statt Wörter auf den Knöpfen der Registrierkassen
Pseudo-zufällig geformte Fleischklopse
Kleeblatt-Burger unwahrscheinlich
Schwan-Nuggets wären was für Yuppies
28 Tote bei Blutbad durch Amokscharfschützen
Unglückliche Mahlzeiten - nichts dabei
Uniformen müssen die Asexualitat unterstreichen
Jüngere Angestellte sind unverschämt
FREITAG
S usan und Emmett haben sich wieder vertragen, aber Karla sagt, das wird bestimmt eine stürmische Beziehung. Susan drangsaliert andere Leute gern, und Emmett läßt sich gern drangsalieren. Vorhin waren sie unten auf dem Parkplatz und füllten teilweise verfaulte grüne Paprika mit rotem Alkydharz-Bootslack. Damit wollen sie heute abend sexistische Reklametafeln bewerfen. Emmett trägt den gleichen Gesichtsausdruck zur Schau wie Misty, wenn Dusty mit ihr Karussell spielt. Er ist einfach erschreckend verliebt. Ich meine, ich liebe Karla, aber Emmett wirkt, wie sagt man ... versklavt.
*OH-OH*
Aber schließlich ist auch Susan irgendwie ein zwanghafter Charakter. Also passen sie doch zusammen.
M om und ich haben heute mit Misty einen Morgenspaziergang gemacht, und Mom war mehr zum Plaudern aufgelegt als sonst. Offenbar bringt ihre Arbeit im Altersheim sie ganz schön zum Nachdenken. Mit dem Altersheim, dem Schwimmkurs, der Bibliothek und Dad ist sie derzeit wirklich ziemlich ausgelastet.
Um mit »uns Kindern« Schritt zu halten, hat Mom noch mehr Artikel über diesen @$&%!! Information Superhighway gelesen (und ausgeschnitten). Durch all die Zeitungsartikel, die sie mit so enormer Begeisterung ausschneidet, hat sie die Sache offenbar richtiggehend verinnerlicht. Sie stellte mir Fragen zum Thema Gehirn und Erinnerungen. Ich wollte ihr nicht Karlas Theorien vom Körper als Erinnerungsspeicher erläutern, weil ich einfach unfähig bin, mit meiner Mutter über meinen Körper zu reden. Statt dessen sagte ich: »Eins lernt man bei der Arbeit mit Computern: Es hat keinen Sinn, sich alles zu merken. Wichtig ist,
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