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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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sagte, daß die Angst vor einem Senioren-Aufstand wahrscheinlich verfrüht sei. Sie sagte, wir seien auf der Benutzerfreundlichkeitskurve der Computertechnologie an einem Punkt, an dem es den über Fünfzigjährigen noch etwas schwerfalle, die Technologie zu akzeptieren.
    »Die Charakteristika unserer Generation prädestinieren uns für den frühzeitigen Umgang mit dem Computer - wir hatten Zeit, zur Schule zu gehen, und mußten nichts mühsam wieder verlernen. Aber auch die Leute in den Fünfzigern dürften bald soweit sein.«
    Das machte mir Mut, was Dad angeht. In dem Moment kam Michael vorbei und fragte nach irgendeiner Routinekleinigkeit, und mir wurde klar, daß es Zeit zum Gehen war. Karla bedankte sich noch mal für das Essen, und ich war froh, daß ich es mitgebracht hatte.
    C aroline aus dem Word-Büro in Haus sechzehn hat mir eine E-Mail-Nachricht zu dem Wort »Nerd« geschickt. Sie meint, das Wort sei erst Ende der 70er in Mode gekommen, als Happy Days im Fernsehen lief - unheimlicherweise zur gleichen Zeit, als der PC auf den Markt kam. Sie schrieb, vorher sei das Wort nicht im Alltag verwendet worden: »Und heute regieren die Nerds die Welt!«
    A be hat etwas Interessantes gesagt. Er meinte, weil heute jeder so arm sei, würden die 90er eine Dekade ohne architektonisches Vermächtnis oder einen Baustil sein - niemand hat genug Geld, um neue Bauten zu errichten. Er sagte, die Programme seien die Architektur der 90er.
    B ei Sonnenuntergang, bevor ich nach Hause fuhr, um zu duschen und etwas zu essen und später wieder herzukommen, um den Bugs den Garaus zu machen, ging ich in Michaels Büro. Er spielte auf seinem Bildschirm ein Spiel, das ich noch nie gesehen hatte.
    Ich fragte, was das sei, und er antwortete, er habe es selbst entworfen. Es ging darin um ein schönes fernes Königreich, dessen Zeit zu Ende ging.
    Das Königreich hatte jedoch einen Weg gefunden, Gott zu überlisten, indem es seine Welt in einen Code konvertierte - in Licht- und Elektrizitätspartikel, die mit der Zeit, die ihnen weglief, Schritt halten konnten. Und so würde das Königreich ewig leben, auch nachdem seine Zeit zu Ende gegangen war. Michael sagte, das alles dürften die Bewohner des Königreichs deshalb tun, weil sie bis ans Ende der Geschichte gelangt waren, ohne daß auf ihrem Boden jemals das Blut eines Krieges vergossen wurde. Er sagte, es sei eine Beleidigung für alle guten Seelen, die über die Jahrtausende an einer besseren Welt gearbeitet hätten, wenn man kein System entwickeln würde, mit dem man am Jüngsten Tag, wenn alle Ideologien stürben und die Menschen wieder zu Tieren würden, die guten Ideen bewahren kann.
    »Naja«, sagte ich, als er fertig war, »was ist eigentlich mit den Mariners?«
    A ch ja - Abe hat ein Trampolin gekauft. Er ist zu Costco gefahren, um seinen Jif-Vorrat aufzustocken, und kam mit einem Trampolin zurück -4x4 Meter, 16 Quadratmeter federnder Aerobic-Spaß. Seit wann verkaufen Lebensmittelläden Trampoline? Was für ein verrücktes Jahrzehnt. So muß es wohl sein, wenn man Millionär ist.
    Als es geliefert worden war, bauten wir es gegen Mitternacht im Vorgarten auf, über den Kornkreisen, ein Bein an das Verandageländer gekettet. Bug Barbecue druckt bereits eine Erklärung aus, die Abe von allen Nachbarn mit Kindern unterzeichnen lassen soll, wonach Abe bei einem möglichen Unfall keine Schuld trifft.

DIENSTAG
    B in heute nach nur vier Stunden Schlaf superfrüh aufgewacht. Wäßriges Licht draußen. Hochstehende dichte Wolken. Ich sah aus meinem Fenster ein Flugzeug in Richtung SeaTac übers Haus fliegen und mußte daran denken, wie die 747 auf den Markt kam. Boeing warb damals mit einen PR-Foto von einem Kind, das oben in der Kuppel der Lounge ein Kartenhaus baute. Mein Gott, dieses Kind wollte ich sein. Dann fragte ich mich: Warum soll ich überhaupt aufstehen? Was ist die Grundidee, die mich aus dem Bett und durch den Tag befördert? Warum steht überhaupt jemand auf? Ich schätze, ich will immer noch das Kind sein, das in einer 747 ein Kartenhaus baut. Ich schmirgelte mir den Gaumen mit drei Schüsseln Cap'n Crunch, und den ganzen Tag lang hingen mir rohe Fetzen Mundfleisch auf die Zunge. Es tat irre weh und ließ mich bis in den späten Nachmittag lispeln wie Cindy Brady aus Drei Jungen und drei Mädchen.
    M orgens saß ich zwei Stunden lang mit den Pol Pots aus der Marketingabteilung in einem Raum fest. Die finden einfach kein Ende - als ob wir acht Tage vor der Deadline

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