Microsklaven
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~
D ies ist der Tag der Tage, und so fängt die Geschichte an. Karla massierte Mom in deren neuem Zimmer neben der Küche den Rücken, einem Zimmer, das wir mit ihren Steinen und Fotos, ihrem Potpourri und Misty ausgestattet haben. Misty, durch Dummheit gepolstert, hat keine Ahnung von den Verkehrsstaus im Blutkreislauf des Gehirns ihres Frauchens: zu Schrott gefahrene Camrys und Isuzus und F-lOOs auf Kohlenstoff-Autobahnen aus rissigem Zement, neurale Überlebende und auch neurale Opfer, doch bisher wurde von den Autobahnbrücken ihres Ichs noch keins geborgen. Moms Gehirn ist kaputt und träge, ihre Gliedmaßen so unbeweglich wie die Zweige eines Zitronenbaums an einem Augustnachmittag, Gliedmaßen, die hin und wieder zucken, versehen mit einem Ehering und einem Chyx-Armband von Amy. Bilder von einem zerstörten Japan auf allen Kanälen, im Hintergrund schwebt die Stimme des Nachrichtensprechers. Japan kann wenigstens wieder aufgebaut werden.
Karla hat den Morgen damit verbracht, die schlaffen Falten von Moms Haut zu massieren. Ich frage mich, ob sie wohl da ist. Damit habe ich ... haben wir seit Wochen gelebt, wir, die wir Mom in die Augen sehen und sagen: Hallo, da drinnen, und denken: Wir sind hier. Wo bist du, Mom? Wo bist du hingegangen? Wie bist du verschwunden? Wie hat die Welt dich gestohlen ? Wie hast du dich in Luft aufgelöst? Karla war dann die erste, die die Grenze zwischen Worten und Haut überschritten hat; zwischen Sprache und Fleisch. Karla ist in Moms Körper eingedrungen. Letzte Woche hat sie ihre Nikes ausgezogen, eine Plastikflasche Mineralöl aus dem Badezimmer geholt, es mit Sesamöl vermischt und ist auf Moms ausgestreckte Gestalt auf dem zusammenklappbaren Mietbett geklettert. Sie sagte Dad, er solle zuschauen, sagte ihm, daß er als nächster dran sei, und so schaute Dad zu. Karla grub sich in den Körper meiner Mom hinein, formte ihn, dehnte ihn, wie nur sie es kann, zwang Empfindungen in ihr Fleisch, in ihre Nackenmuskeln, ihren Trizeps, ihre Schultergelenke und Stellen, wo Kneten keine Reaktion hervorrief;
Karla, die ihren Glauben per Laserstrahl in den Körper dieser Frau schoß.
Letzte Woche hat es angefangen, die Verwirrung, als alles verloren schien und uns das Bild von Mom verfolgte, wie sie erstarrt in der Städtischen Badeanstalt von Palo Alto lag, ohne zu atmen. Ethan, der uns im Krankenhaus traf, seine Haut wie weißer, fetter Speck, in den die Braunüle eines Tropfs eingebettet lag; Dusty und Lindsay; Dusty, die vor Angst scharf Luft holte und den Kopf von uns abwandte, uns dann wieder ansah und zum Trost Lindsay reichte.
E s gab Gespräche, eine Prognose, Broschüren und Berater, Workshops und Experten. Moms Körperfunktionen sind vielleicht an einem Tag vollständig und am nächsten Tag nur teilweise vorhanden, aber bis jetzt ist da nichts außer dem Zucken und dem Wissen, daß in ihrem Körper Angst eingeschlossen ist. Ihre Augen können sich öffnen und schließen, aber nicht genug, um Botschaften zu übermitteln. Sie ist vollkommen verkabelt und an technischen Firlefanz angeschlossen; von außen sieht sie aus wie das Innere eines Beil-Schaltkastens.
Was ist ihre Seite der Geschichte? Das Paßwort ist gelöscht worden.
K arla hat im Laufe der letzten Woche immer wieder Dads Hand genommen und ihn gezwungen, Mom zu berühren, und dabei hat sie gesagt: »Sie ist da, und sie war nie fort.« Und es war Karla, die uns veranlaßte, mit Mom zu reden. Moms Augen: fischig, leer, verloren und wiedergefunden - es war ein Akt des Glaubens, anzunehmen, daß in ihrem Innern noch etwas intakt wäre. Karla, die mich zwang, in diese weit entfernten Augen zu starren, und sagte: Sprich mit ihr, Dan: Sie kann dich hören, und du mußt einfach in diese Augen sehen, die dich einmal geliebt haben, als du ein Baby warst, und ihr von deinem Tag erzählen. Rede mit ihr, Dan: Erzähl ihr... Heute war ein Tag wie jeder andere. Wir haben gearbeitet. Wir haben programmiert. Unser Produkt macht sich gut, und das
ist doch prima, oder?
Und so erzählte ich Mom diese Dinge.
Und so halte ich jeden Tag die Hand, die
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