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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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sein? Es wird unseren eigenen Gehirnen entspringen, zumindest die ersten Algorithmen dafür. Es gibt außer dem menschlichen Verstand nichts, was wir reproduzieren könnten.«
    Todd sagte, daß das Etwas seine ultrareligiösen Eltern in Angst und Schrecken versetzte. Er sagte, am meisten fürchteten sie den Tag, an dem die Menschen den Maschinen die Initiative überlassen - den Tag, an dem wir den Maschinen erlauben, eigenständig ihren Tagesablauf zu organisieren. »O Gott, ich komme mir vor wie in einem 50er-Jahre-B-Film«, sagte Karla.
    A ls ich danach allein in meinem Zimmer saß, grübelte ich noch einmal über die Diskussion nach. Vielleicht sehnen sich Menschen, die keine Visionen vom Jenseits haben, heimlich danach, dieses Etwas zu bauen: eine Intelligenz, die ihnen spezielle Informationen liefert - Bilder.
    Vielleicht reden wir uns ein, daß Bill weiß, was das Etwas sein wird. Das gibt uns das Gefühl, die Zügel des technischen Fortschritts lägen in den Händen einer moralischen Kraft. Vielleicht weiß er es wirklich. Aber vielleicht ist Bill auch nur deshalb der Fixpunkt der Firma, weil kein anderer zu finden ist. Ich meine, wenn es den Kult um Bill nicht gäbe, wäre dieses Unternehmen das Letzte - nichts als ein großer Bürobedarfhersteller. Wenn man es sich überlegt, ist es das ja auch.

DONNERSTAG
    B in um 8:30 aufgewacht und habe in der Cafeteria gefrühstückt. Für eine Woche gibt's kein Knusperzerealien, vielen Dank.
    Über unserem Haferbrei schauten Bug und ich zu, wie ein paar der ausländischen Angestellten - aus Frankreich oder so -draußen in der Kälte und dem Regen rauchten. Hier rauchen nur die ausländischen Mitarbeiter - und immer in traurigen kleinen Grüppchen. Rauchen ist drinnen nirgendwo erlaubt. Seltsam, daß sie nicht kapieren, worum es hier geht. Wir waren der Meinung, Franzosen könnten niemals benutzerfreundliche Software schreiben, weil sie so unhöflich sind. Sie würden ein kleines Oberkellner-Icon erfinden, das einen, wenn man es anklickt, eine Dreiviertelstunde auf die Datei warten läßt. Kein Wunder, daß das Konzept der Benutzerfreundlichkeit an der Westküste entwickelt wurde. Der Typ, der den Smiley erfunden hat, kandidiert für den Bürgermeisterposten in Seattle - im Ernst. Hab' ich in den Nachrichten gesehen.
    M om rief in dem Moment an, als ich das Büro betrat. Sie war heute morgen in der Garage - ein heißer, trockener Palo-Alto-Morgen, weißes Sonnenlicht flutete grell durch die Ritzen um die Garagentür -, und da stand Dad wieder in seinem blauen IBM-Geschäftsanzug mit Krawatte inmitten seiner U-förmigen, taillenhohen Eisenbahnlandschaft. An der Decke leuchtete nur eine einzige funzelige Lampe, und er rangierte und lenkte die Züge per Knopfdruck rasend schnell durch Berge und über Brücken.
    Mom entschied, jetzt sei es genug - Dad brauchte unbedingt jemanden, mit dem er reden konnte, jemanden, der ihm zuhörte. Sie holte sich einen der alten Suzy-Wong-Barhocker aus Bambus, die bei der Renovierung des Kellers übriggeblieben waren, überwand ihr übliches Desinteresse an seiner Modelleisenbahn und verwickelte Dad in ein Gespräch darüber, als habe ihr letztes Stündlein geschlagen.
    »Die Eisenbahnlandschaft ist größer geworden, seit du das letztemal hier warst, Danny«, erzählte sie mir. »Es gibt jetzt eine komplette Kleinstadt, die Berge sind steiler, und er hat noch mehr von den kleinen grünen Schaumstoffbäumen daraufgestellt. Herausgekommen ist eine absolute Traumstadt für Kinder. Jetzt gehört eine Kirche dazu und ein Supermarkt und Güterwaggons - in seinen Güterwaggons wohnen sogar kleine Landstreicher. Und dann ...« Sie schwieg. »Dann was, Mom?« Immer noch Schweigen.
    »Und - ach, Danny ...« Es fiel ihr schwer, es auszusprechen. Ich sagte: »Und was, Mom?«
    »Danny, oben auf dem Berg steht ein kleines weißes Haus mit Blick auf die Stadt - ein Stück von der übrigen Landschaft entfernt. Mitten im Gespräch habe ich ihn gefragt: ›Und was ist das da für ein Haus?‹, und ohne zu zögern, antwortete er: ›Da wohnt Jed.‹«
    Wir schwiegen beide. Mom seufzte.
    »Wie wär's, wenn ich morgen nach Palo Alto runterkäme?«
    fragte ich. »Hier gibt es nichts Dringendes zu tun, und ich hab'
    weiß Gott genug Überstunden abzubummeln.«
    Immer noch Schweigen. »Ginge das wirklich, Schatz?«
    Ich sagte: »Ja.«
    »Ich glaube, das wäre gut.«
    Ich konnte ihren Kühlschrank unten in Kalifornien brummen hören.
    »Es gibt auf dem Markt jetzt

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