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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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ihr, es hereinzutragen und aufzutischen: Pasta Puttanesca, Thai-Nudeln, Calzone, Cheetos und Gürkchen. Bug und ein paar seiner verbitterten, durchgeknallten Freunde trafen mit einem großen Biersortiment ein. Sie hatten gute Laune, guckten Hard Copy und A Current Affair, waren lustig und aßen die Hälfte von Susans Party-Büfett leer, während sie sich umzog. Ab 20:00 kamen andere Gäste mit Weinflaschen an, und um 21:00 dröhnten U2 durch das Haus, das keine zwei Stunden vorher ein Hort der Trübsal gewesen war, und es kam Partystimmung auf.
    Etwa um 21:30 erzählte Susan ihren Freunden, daß die Übereignung ihrer Aktien gerade zur rechten Zeit gekommen sei: »Ich bin in den letzten 18 Monaten von einem Rechte-Gehirnhälfte-Menschen zu einem Linke-Gehirnhälfte-Menschen geworden. Ich hätte nicht mehr viel länger kodieren können. Jedenfalls denke ich, daß die Ära der Arbeitnehmeranteile zu Ende geht.« Genau in dem Moment klingelte das Telefon in meinem Zimmer. (Wir haben in unserem Haus neun Anschlüsse. Pacific Bell muß uns entweder lieben oder hassen.) Ich entschuldigte mich und ging ran.
    Es war Mom.
    Offenbar war Dad ganz spontan von Palo Alto nach Seattle geflogen. Sie war gerade von ihrem Job in der Bücherei nach Hause gekommen und hatte einen Zettel von ihm an der Tür gefunden. Ich fragte, um wieviel Uhr das Flugzeug landen würde, und sie sagte, er müßte in diesem Moment auf dem Flughafen ankommen.
    A lso ging ich raus und setzte mich vor dem Haus auf den Gehsteig. Es war etwas kühl, und ich hatte meine alte Uni-Baseball-Jacke an. Karla kam von zu Hause aus den Berg hoch, begrüßte mich und setzte sich neben mich. Sie trug ein Zwölferpack Bier, das in ihren kleinen Armen riesengroß schien. Meiner Körpersprache konnte sie entnehmen, daß etwas nicht stimmte, und sie fragte nichts. Ich sagte einfach: »Mein Dad ist gerade hergeflogen - er ist ausgerastet. Muß gleich ankommen.« Wir saßen da, schauten in die Baumwipfel und lauschten dem Wind, der darin raschelte. »Ich habe gehört, du warst den ganzen Tag mit Kent bei einer Marketing-Diskussion«, sagte ich.
    »Ja. Es war unproduktiv. Ziemlich lähmend. Kent ist ein Schwachkopf.«
    »Weißt du, ich hatte den ganzen Tag das Bedürfnis, ihn zusammenzuschlagen.«
    »Wirklich?« sagte sie. Sie sah mich von der Seite an. »Ja. Wirklich.«
    »Tja, das ist nicht besonders logisch, oder?«
    »Nein.«
    Dann nahm sie meine Hand, und wir saßen zusammen da. Wir tranken von dem Bier, das sie mitgebracht hatte, und begrüßten Mishka, die Hündin, die auf einen kurzen Besuch herübergeschlendert kam und sich dann unter dem Trampolin schlafen legte. Und wir sahen den Autos zu, die eins nach dem anderen vor dem Haus hielten, und warteten auf das eine, in dem mein Vater sitzen würde.
    E r kam kurze Zeit später, in einem Mietwagen, sturzbetrunken (keine Ahnung, wie er den Wagen gekriegt hat). Er sah müde und ängstlich aus, mit dicken Tränensäcken unter den Augen und ein bißchen verwirrt.
    Schlingernd parkte er auf der anderen Straßenseite. Wir saßen da und sahen zu, wie er scharf Luft holte, sich im Sitz zurücklehnte und seinen Kopf nach vorn fallen ließ. Dann sagte er ein wenig verschämt, durch das offene Fenster: »Hi.«
    »Hi, Dad.«
    Er sah wieder in seinen Schoß hinunter.
    »Dad, das ist Karla«, sagte ich, immer noch sitzend.
    Er sah uns wieder an. »Hallo, Karla.«
    »Hi.«
    Wir saßen auf gegenüberliegenden Straßenseiten. Im Haus hinter uns wummerte die Musik.
    Dad blickte nicht von seinem Schoß hoch, also standen Karla und ich auf und gingen zu ihm hinüber. Dabei stellten wir fest, daß er irgend etwas auf seinem Schoß hielt, und als wir näher kamen, umklammerte er es noch fester. Es schien, daß er Angst hatte, wir würden es ihm wegnehmen, was immer es auch war, und aus der Nähe sah ich, daß es Jeds alter Football-Helm war, der Helm eines kleinen Jungen, in Gold und Grün, den alten Schulfarben.
    »Danny«, sagte er zu mir, nicht mir ins Gesicht, sondern in den Helm, den er mit seinen Altmännerhänden polierte, »ich vermisse Jeddie immer noch. Ich muß immer an ihn denken.«
    »Ich vermisse ihn auch, Daddy«, sagte ich. »Ich denke jeden Tag an ihn.«
    Er drückte den Helm fester an seine Brust.
    »Komm, Daddy - steig aus. Komm ins Haus. Da können wir reden.«
    »Ich kann nicht so tun, als würde ich nicht mehr an ihn denken. Ich glaube, das bringt mich um.«
    »Mir geht's genauso, Daddy. Weißt du was? Ich habe das

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