Microsklaven
Babyzehen zugestoßene Schlafzimmertür.) Einen derart romantischen Charakterzug bei Karla festzustellen ist schön - ein unerwarteter Bonus -, aber trotzdem: Keiner schläft gern auf der COUCH. Und so bin ich jetzt, nach Wochen gesegneten, störungsfreien Schlafs, wieder mächtig dabei, hier auf der giftgrünen Couch meine täglichen Aufzeichnungen in mein PowerBook zu tippen. Cher, der attraktive Superstar, bietet im Fernseh-Spätprogramm Kosmetik feil. Mishka verbringt den heutigen Abend ebenfalls im Wohnzimmer, und sie dünstet einen ziemlich üblen Geruch aus. Wenigstens regnet's draußen - in Strömen -, und der seltsame, zu heiße Sommer ist vorbei. Morgen werde ich meinen Desktop-Computer darauf programmieren, mich bis ins Jahr 2050 an jedes einzelne unserer Jubiläen zu erinnern, an die monatlichen und alle anderen auch.
W ir haben jetzt eigentlich alle sehr viel freie Zeit. Karla, Todd, Bug und ich sitzen herum und warten darauf, daß wir einer neuen Produktgruppe zugeteilt werden. Wir fühlen uns, als hätte man uns die Luft rausgelassen, ganz einfach erschöpft. Die Zeit im Sinne von Uhren und Kalendern haben wir völlig vergessen.
Heute sagte Todd, während er den Rasen vor dem Haus harkte: »Wäre es nicht beängstigend, wenn unsere innere Uhr sich nicht nach dem Rhythmus von Wellen und dem Sonnenlicht richten würde - oder meinetwegen nach dem Heulen der Fabriksirenen -, sondern nach Produktionszyklen?« Wir wurden ganz nostalgisch, als wir an früher dachten, als der September noch die Vorstellung neuer Automobile und Fernsehshows bedeutete. Jetzt bringen die Autohersteiler und Fernsehleute ihre Produkte einfach irgendwann raus. Das ist nicht mehr dasselbe.
J a, Karla ist vor einem Monat eingezogen. Jetzt sind wir offiziell ein Paar.
Todd, Abe und ich habe ihre »Besitztümer« von ihrem Geek-Haus unten an der Straße zu unserem Geek-Haus am oberen Ende der Sackgasse geschleppt: ein Futon mit Gestell ... ein Haufen Computer ... ein gerahmter Ansel-Adams-Druck ... und alles in Michaels leeres Zimmer gestellt. Und dann, als sie eingezogen war (»Tut einfach so, als wäre ich eine Software-Anwendung«), gab sie bekannt, daß sie eine Expertin für (danke, lieber Gott...) Shiatsu-Massage ist!
M om hat heute nachmittag angerufen. Aus sprichwörtlich heiterem Himmel sagte sie: »Das Haus! Der Boden oben am Hang senkt sich, und das Dach verrottet. Die Tür und die Fenster müssen erneuert werden. Ich habe das Gefühl, mir rinnt das Geld einfach so durch die Finger. Zumindest waren wir so vorausschauend, damals schon zu bauen. Aber jetzt muß ich mein gesamtes Bibliothekarinnengehalt in das Haus stecken. Und der Rest landet bei Price-Costco.« Geld.
Ich wechselte das Thema. »Was habt ihr zu Abend gegessen?«
»Diese vorgeformten Buletten aus Schweineabfallprodukten.
Und Ramen-Nudeln. Was ihr Kids eßt, wenn ihr die ganze Nacht lang programmiert.« Ich war in diesem Telefonat nur Zuhörer. »Ich weiß, Mom. Wie geht's Daddy?«
»Prozac. Na ja ... so was Ähnliches. Wenigstens ist er seinen Garagentick los. Morgens geht er immer auf Arbeitsuche, keine Ahnung, wo. Laß uns nicht weiter drüber reden. Gott, ich wünschte, ich würde trinken.«
Das Leben in Palo Alto ist nicht leicht. Ich schicke Dad jeden Monat $500. Mehr kann ich von den 26.000, die ich hier verdiene ([$26.000:12] - Steuern = $ 1.500) nicht entbehren. Das Telefonat war richtig schlimm, aber Mom mußte einfach mal Luft ablassen - sie hat so wenige Menschen um sich, die ihr mal ein Ohr leihen. Wer hat das schon, frage ich mich.
M ichael ist tatsächlich nicht aus Cupertino zurückgekehrt. Es ging das Gerücht, daß Bill Michael auf ein geheimes Projekt namens Pink angesetzt hat, aber das hat sich nicht bestätigt.
Eine auf High-Tech-Umzüge spezialisierte Speditionsfirma hat Michaels Sachen ins Silicon Valley gekarrt. Seine Pyramide aus leeren Diet-Coke-Dosen - seine Kofferladung Habitrai 1-Hamsterlabyrinthe - seine CS.-Lewis-Romansammlung. Weg.
L ustig: Wir haben etwa 40 leere Hustensaftflaschen im Schrank gefunden - Michael ist Robitussin-süchtig! (Da er immer Markenprodukte hamstert, die gerade verramscht werden, ist er eigentlich »Billig-Tussin«-süchtig.) Die Welt ist doch voller Wunder.
S päter Abend. Basketball im Fernsehen; überall Computer-und Fitneß-Magazine. Laß mich über die Liebe reden. Erinnerst du dich an die alte Fernsehserie Maxwell Smart! Weißt du noch, wie Maxwell Smart im Vorspann den Geheimgang
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