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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Getriebe, Dan? ... Moment mal - das Wort ›Rädchen‹ ist veraltet - ein plattformübergreifendes, in hohem Maße transferierbares Binärobjekt!« Ich erwiderte: »Naja, Todd, Arbeit ist nicht das ganze Leben, und so war's auch nie gedacht.«
    »Ja, ich weiß, aber was ist denn da schon dran, abgesehen davon, daß uns die Geek-Ehrenmedaille zusteht, weil wir die ersten sind, die coole Produkte herstellen und auch noch Geld dafür kriegen?«
    Ich dachte darüber nach. »Worauf willst du hinaus?«
    »Wo bleibt die Moral in unserm Leben, Dan? Wie rechtfertigen wir das, was wir tun, vor dem Rest der Menschheit? Microsoft ist nicht Bosnien.« Diese religiöse Erziehung.
    Im selben Moment kam Karla ins Zimmer. Sie stellte den Fernseher aus, sah Todd fest in die Augen und sagte: »Todd, du existierst nicht nur als Teil einer Familie, einer Firma oder eines Landes, sondern als Teil einer Spezies - du bist ein Mensch. Du bist ein Teil der Menschheit. Unsere Spezies hat derzeit gravierende Probleme. Wir versuchen, uns aus diesen Problemen hinauszuträumen, und dafür benutzen wir Computer. Mit der Produktion von Hardware und Software sichert diese Spezies ihr Überleben, und für diese Produktion werden friedliche Zonen benötigt, in denen nichts beim Programmieren stört, und in Frieden geborene Kinder. Vielleicht erlangen wir durch die Computer keine Transzendenz, aber wir verhindern mit ihnen, daß wir in der Gosse enden. Das, was dir als Vakuum erscheint, ist ein Paradies auf Erden: die Freiheit, die Menschheit sozusagen Zeile für Zeile davor zu bewahren, nonlinear zu werden.«
    Sie setzte sich auf die Couch, der Regen prasselte aufs Dach, ich merkte, daß im Zimmer nicht genug Licht war, und wir schwiegen.
    Karla sagte: »Wir haben es alle gut gehabt. Niemand von uns ist, soweit ich weiß, jemals mißhandelt worden. Weder haben wir je irgend etwas entbehrt, noch sind irgendwelche unserer Wünsche unerfüllt geblieben. Unsere Eltern sind, bis auf Susans, alle noch zusammen. Jeder von uns hat gute Karten mit auf den Weg bekommen, aber worauf es moralisch gesehen am meisten ankommt, Todd, ist die Frage, ob wir sie durch ein unkreatives Leben vergeuden oder dazu nutzen, den Traum der Menschheit weiterzuträumen.« Es regnete immer noch.
    »Es ist kein Zufall, daß unsere Spezies den Mittelstand erfunden hat. Ohne den Mittelstand hätten wir nicht diese gewisse Geisteshaltung, die am laufenden Band Computersysteme ausspuckt, und unsere Spezies hätte es nie bis zur nächsten Entwicklungsstufe geschafft, was immer die auch sein mag. Möglicherweise gehört die Mittelklasse nicht mal zur nächsten Entwicklungsstufe. Aber darum geht es jetzt nicht. Ob es dir gefällt oder nicht, Todd - du, ich, Dan, Abe, Bug und Susan, wir alle produzieren den nächsten REM-Zyklus des Menschheitstraums. Von dem, was w/› hier machen, wird alles andere ausgehen. Stell keine Fragen, Todd, und denk nicht weiter drüber nach, aber sieh zu, daß du es niemals vergißt.« Karla sah mich an. »Dan, laß uns frühstücken gehen. Ich habe noch $ 1,99, und die brennen mir ein Loch in die Tasche.«
    S usan hat den folgenden Ausschnitt aus dem Wall Street Journal an ihre Zimmertür geklebt (die nicht mehr lange ihre sein wird - sie zieht bald aus): 3. Sept. 1993, schon ein bißchen her. Es geht darin um die japanische Regenzeit, die in jenem Jahr im Juni begonnen und nicht wieder aufgehört hatte:
     
    Ein Taifun hat die Festungsgräben des japanischen Kaiserpalastes im Zentrum von Tokio überflutet. Die kaiserlichen Karpfen sind erstmals aus ihrem Zuhause entwichen und zappeln in knietiefem Wasser auf einer der meistbefahrenen Kreuzungen Japans.
     
    Susan ist jetzt »ganz rechte Gehirnhälfte«. Ich habe sie gesucht, um sie zu fragen, was der Artikel soll, aber sie war draußen am Capitol Hill und knallte sich mit ihren Grunge-Freunden, zweifelsohne auch lauter rechten Gehirnhälften, zu.
    Susan hat an dem Tag, als sie ihre Aktien bekommen hat, gekündigt und angefangen, »mit den Wölfen zu heulen« - zumindest gab sie uns das am Morgen nach ihrer Aktienparty bekannt. Sie führte uns ihren neuen Look vor, als wir gerade vor unserem Mitsubishi-Home-Entertainment-Totem saßen, mit Plastiklöffeln unsere letzten paar Schachteln Kellogg's Snak-Paks vertilgten, alte Samson+Goliath-Canoona auseinandernahmen und überlegten, wie beziehungsweise ob wir meinen Dad aufwecken sollten, der immer noch fest schlafend auf Michaels Bett lag.
    Susan hatte ihr altes

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