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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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hat Mom zum Mittagessen eingeladen, und Mom wollte erst kneifen: »Ich weiß nicht, wie lange die Bibliothek mich entbehren kann.« So was in der Art. Ich meine, wenn man mit jemandem essen will, kommt man ihm einfach nicht mit solchen billigen Ausreden.
    Doch Karla hat sie weichgeklopft, als hätte sie Vorträge von Anthony Robbins besucht. Wir drei werden also Ende der Woche zusammen essen gehen, und ich kann nur hoffen, daß das kein Reinfall wird.
    I ch habe Michael gefragt, was er sich zu seinem 25. Geburtstag nächste Woche wünscht. Seine Antwort erschien um 2:40 morgens auf meinem Bildschirm, von seinem Büro aus, wo er hinter verschlossener Tür arbeitete.
     
    ›Geburtstag:
    Ich will so einen Schlüssel, wie man ihn in Videospielen gewinnt, mit dem man durch Wände gehen und die nächste Ebene erreichen kann - um auf *die andere Seite* zu gelangen.
     
    Für Michael, dessen E-Mail-Nachrichten normalerweise aus etwa drei Wörtern bestehen, ist das eine außerordentlich lange Nachricht. Zwei Absätze, Zeichensetzung und alles!
    I ch hab' mal drüber nachgedacht: Eigentlich weiß ich gar nicht, wie die finanzielle Struktur von Oop! genau aussieht. Das wäre doch gelacht, wenn ich mich auf etwas einließe, ohne den finanziellen Unterbau zu kennen ... Wenn ich mir noch nicht einmal die Mühe machen würde, die Fragen zu stellen, die ich stellen sollte und bisher noch nie stellen mußte, weil ich durch die Leistungen bei Microsoft zu Tode gehätschelt worden bin? Nee, so nicht...
    G estern nacht hat es heftig gestürmt, und da sind von dem Eukalyptusbaum neben der Garage ein paar Äste abgebrochen. Bei Sonnenuntergang taten Bug, Karla und ich so, als wären wir drei fiese finnische Masseusen namens Oola, die unartige Opfer kräftig auspeitschten. Ich hab' die ganzen Arme voller mentholparfümierter Schrammen.
    K arla bereitet eine Liste von Themen vor, über die sie beim Lunch mit Mom reden will. Ich hab' ihr gesagt: »Karla, das ist ein Essen, keine Konferenz.« Es liegt ihr sehr viel daran, einen guten Eindruck zu machen. Ich bin überrascht, wie sehr mich das freut.
    M ichael ist stinksauer auf Todd, weil der eine VHS-Kassette mit Grafik-Animationen für Oop! gelöscht hat, die Michael als Demo für potentielle Investoren aufgenommen hatte. Todd hat sie mit The Best of Hockey Fights III überspielt.
    T odd und Susan haben Grippe, und ich schätze, daß wir alle sie kriegen werden. Und Ethan war die ganze Woche so merkwürdig. Auf unserem Bankkonto muß mal wieder gähnende Leere herrschen.

~
     
     
     
    braune Bänder
    von gerissenen Kassetten
    auf dem Freeway
     
    Staples
    PIN-Nummer
    CK-one
    Basketballkorb
     
    Wenn wir Maschinen
    wären, hätten wir die Gabe, unvergänglich zu sein, und ich will, daß du verstehst.

DIENSTAG
    H eute haben alle die Grippe, außer Ethan und mir. Ethan hat mich gebeten, ihn zu Electronic Arts in San Mateo zu begleiten, und dann zu einer Risikokapital-Investorenversammlung draußen in der Risikokapital-Mall an der Ecke Interstate 280/Sand Hill Road - in seinem rubinroten Ferrari. »Der Ferrari ist hier eine Art Initiationsritus für Neureiche. Man kauft ihn sich mit 26, dann hat man's hinter sich, kauft sich statt dessen einen grauen Lexus oder Infiniti, und dann fährt man für den Rest seines Lebens graue Limousinen. Ich behalte meinen, weil ich mir im Moment nichts anderes leisten kann, und die Gewinnsteuer, die ich zahlen müßte, wenn ich ihn verkaufen würde, kann ich auch nicht aufbringen. Ich sollte mir so einen ›NICHT LACHEN! ZUMINDEST IST ER BEZAHLT‹-Aufkleber besorgen. Aber niemand würde kapieren, daß mir tatsächlich das Wasser bis zum Hals steht.« Wir brausten an den sanft geschwungenen Hügeln entlang, aus denen Bäume und Nebel quollen. Ich sah auf meine Handfläche, gab ihr einen Klaps und sagte: »Hey Ethan - ich sehe gerade auf meinen Mitleidsmesser, aber die Nadel rührt sich nicht.«
    »Wir sind im Valley, mein Lieber - hier mußt du um die Ecke denken. Dies hier ist der Lexus Freeway, der malerischste in Amerika.«
    Ich erzählte Ethan von dem Buch über Freeways, das ich gelesen hatte, Robert F. Bakers Handbuch des Highway-Baus; daraufhin informierte mich Ethan, daß die 280 - der Lexus Freeway - auch Mensa Freeway genannt wird. Ich schaute ins Handschuhfach und fand eine Flasche Maalox-Magenpulver mit Kirschgeschmack. Ethan sagte: »Ich habe immer eine Flasche Maalox im Handschuhfach, und manchmal schlucke ich das Zeug vor Konferenzen auf dem

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