Microsklaven
mir für Dad: ein Wandkalender mit Bildern von unterschiedlichen Modelleisenbahnanlagen für jeden Monat
• Von Abe für Susan: eine Kopie von Quicken, einem seltsam religiösen Software-Programm für private Buchführung, das keine Optionen für Mitbewohner oder andere zur Zeit des kalten Krieges undenkbare Bündnisse zur gemeinsamen Nutzung von Sex- oder Raum-Ressourcen bietet
• Von Susan für Todd: SIMMs (Macintosh-Speicher-Module: Single Inline Memory Modules)
• Von allen für alle: Video- und Audiokabel
• Von Michael für Dad: ein altmodischer roter Craftsman-Werkzeugkasten
• Vom Weihnachtsmann für alle: Diet-Cokes, Hostess-Gebäck, Videokassetten und Batterien!
U nd natürlich: Kleinbusladungen von Star-Trek-Gimmicks –
• drei britische Import-CDs, auf denen William Shatner nicht nur Lucy in the Sky with Diamonds , sondern auch Mr. Tambourine Man karaoken darf (legendärer Karrierefehltritt #487)
• Starlo g-Abonnements
• Bootleg-Korrekturfahnen der demnächst erscheinenden Gene-Roddenberry-Biographie
• Next-Generation -Mauspads
• Hochglanzfotos von Data, Riker, Deanna Troi und Wesley aus Star Trek: The Next Generation
• ein Ewrerprae-Kontrollzentrum aus Plastik und ein Frank\in-Mint-Raumschiff-Enterprise-Mode\\
• ein Deep-Space-Nine -Jojo, aber noch ist niemand so richtig auf Deep Space Nine eingestiegen, deshalb fand er keinen besonderen Anklang und blieb auf dem Couchtisch liegen.
A ufgeschnappt: »Das hat im MacUser viereinhalb Mäuse bekommen!«
M om hatte zum Abendessen einen Truthahn gebraten, sie trug Perlen und spielte die Fernsehmami. Wir aßen alle zusammen im »offiziellen« Eßzimmer. Traditionsgemäß ist Weihnachten bei uns einiges mehr los, aber da wir uns alle so oft sehen, war es nichts Besonderes, zusammenzusein. Wir redeten über Macs und Software.
Im Hintergrund lief im Fernsehen eine »Wheel-of-Fortune«-Wiederholung, und andauernd erklang dieses Ding-ding-ding. Mom fragte: »Was ist denn das für ein Geräusch?«, und Susan antwortete: »Da hat gerade jemand einen Vokal gekauft.« Und dann kam die GROSSE Überraschung: ABE erschien! Wie irgendwas aus einem Disney-Film, mitten während des Essens, in einem weißen Mietwagen, beladen mit Sony-Produkten, Schnapsflaschen und einem großen Karton für Bug mit einer aufsehenerregenden Schleife obendrauf - ein Aktenvernichter aus einem Discountladen. Bug schniefte tatsächlich vor Dankbarkeit (»Das ist das schönste Geschenk, das mir jemals gemacht worden ist!«). Er verbrachte den Rest des Nachmittags damit, Zeitungen zu zerkleinern und aus den geshredderten Überresten Kugelblitze im Kamin zu zünden, wodurch er das Habitrail von den Hamsterstreuschichten der letzten Monate befreite, so daß es am Ende sogar recht vorzeigbar aussah.
Nach dem Essen schoben wir Abe in den Van und fuhren ihn zum 7-Eleven, um ihm noch ein paar Weihnachtsgeschenke zu kaufen, und so kriegte er mehrere People-Heftt, Mikrowellen-Cheeseburger, Reese's Pieces und Bindfaden geschenkt. Mir wurde klar, wie sehr ich Abe mochte, aber ich frage mich, ob ich das jemals erkannt hätte, wenn ich in dem Gemeinschaftshaus wohnen geblieben wäre. Ich glaube, unsere E-Mail-Korrespondenz hat uns eine Vertrautheit geschenkt, die der Kontakt von Angesicht zu Angesicht niemals hätte schaffen können. Verrückt!
I ch hätte Dad fast ein Pappschild mit der Aufschrift »MANAGER SUCHT ARBEIT« gebastelt, aber dann kam ich mir vor wie der ungezogene Sohn, und dann war ich natürlich ganz deprimiert, als ich mir vorstellte, wie all die über Fünfzigjährigen mit so einem Schild an der Ecke El Camino Real/Rengstorff Avenue standen. Und ich kann es nicht fassen, daß Michael Dad so einen hübschen Werkzeugkasten zu Weihnachten geschenkt hat. Was für eine verdammt gute Idee.
SONNTAG, 26. Dezember 1993
A lle ausgeflogen.
Karla und ich sind runter zu Syntex gefahren, zum Geburtsort der Antibabypille, nicht weit von Moms und Dads Haus, an der Hillview Avenue - ein utopischer, Andromeda-mäßig leerer 70er-Jahre-Tech-Komplex. Wir setzten uns in das grasbewachsene Amphitheater unter blattlose Birken, sahen uns die Plastiken im Skulpturengarten an, gingen die Gehwege entlang und taten so, als wären wir Susan Dey und Bobby Sherman bei einem Rendezvous - wir fielen durch ein finsteres kulturelles Wurmloch und landeten im Innern des technologischen Traums, der den sorglosen, beschwingten TV-Lifesyle jener Ära erst ermöglichte.
Syntex ist die Firma,
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