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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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die den »Arbeitsplatz als Campus« erfunden hat. Bevor es die kalifornischen Hi-Tech-Parks gab, war das Äußerste, was eine Firma für einen Angestellten tat, ihm ein Haus oder eventuell ein Auto zu stellen und vielleicht noch für einen Arzt oder gar einen Lebensmittelladen zu sorgen. In den 70ern begannen die Firmen, für die Leute, die während der Mittagspause joggen gingen, Duschen einzurichten und Skulpturen aufzustellen, um die Gemüter der Werktätigen zu besänftigen - das nennt man proaktiven Humanismus. Zum erstenmal wurde damit auf breiter Front die Welt der Unternehmen ins Privatleben integriert. Mit dem »Campus« ä la Microsoft oder Apple erreichte die betriebliche Integration in den 80ern die nächste Stufe der Invasion des Alltags durch die Arbeitswelt - die folgende Stufe ließ die Grenze zwischen Arbeit und Leben bis zur Unkenntlichkeit verschwimmen.
    Schenke uns dein ganzes Leben, sonst lassen wir dich nicht an coolen Projekten arbeiten.
    In den 90ern stellen die Firmen noch nicht mal mehr Leute ein. Die Menschen werden zu ihren eigenen Firmen. Das war vorauszusehen.
    Wie wir da so durch die Leere wandelten, fühlten Karla und ich uns wie das letzte Paar auf der Erde. Wir kamen uns vor wie Adam und Eva.
    Ich erzählte Karla, daß Ethan Biotechnologie für keine besonders tolle Investitionsmöglichkeit hält, weil es da »zu achtstundentagsmäßig« zugeht und nicht nach dem Techie-Zeitplan gearbeitet wird und weil auf den Firmenparkplätzen sonntags NIE Autos stehen. Ethan versucht tatsächlich noch immer, eine Biotech-Firma zu finden, bei der sonntags gearbeitet wird. Er sagt, wenn er eine findet, kann er endlich investieren, sich eine Farm kaufen, die Füße hochlegen und in Rente gehen. Wenn Ethan nur etwas hätte, was er investieren könnte!
    Karla pflückte ein paar Eiskrautblüten; das ist die halboffizielle Pflanze der Hi-Tech-Welt, weil sich mit diesem Bodendecker abschüssiges Gelände sehr schnell befestigen läßt. Wegen ihrer Dornenlosigkeit bezeichnet Karla sie als »Play-Doh«-Kakteen.
    Wir waren ganz schön übermütig. Wir überlegten, ins Forschungsinstitut an der 280 einzubrechen, wo Koko, das Gorillaweibchen, mit seinem Jungen lebt. Karla sagte, gleich auf der anderen Seite des Berges, in der Page Mill Road nahe dem Hauptquartier der Interval Research Company, sei das Nikotinpflaster erfunden worden. Geschichte! Dann schlug Karla vor, wir könnten uns ja mal den Interval-Research-Campus ansehen: »Wenn Syntex für die 70er steht und Apple für die 80er, dann steht Interval für die 90er.«
    D ie Interval-Research-Zentrale wirkte wie ein Mittelklasse-Flitterwochenhotel in Maui um zirka 1976 und war schon leicht angegammelt, mit kleinen Gilligan 's-Iland-artigen Lagunen zwischen den Gebäuden und einem Empfang mit dieser gewissen medizinisch/zahnarztmäßigen Wo-soll-ich-meine-Urinprobe-abgeben?-Atmosphäre.
    Und (siehe da!) auf dem Parkplatz standen AUTOS, sogar am Sonntag nach Weihnachten.
    Karla sagte, sie kenne ein Mädchen, das dort gearbeitet habe,
    Laura. Wir sahen nach, ob sie da war, und sie war da. Wir klopften an ihr Fenster, das auf die Lagune im zentralen Hof hinausging, und sie sah auf, kam zur Tür und öffnete uns. Laura hat eine IQ von 800, genau wie Karla. Sie bat uns herein, und wir spielten auf dem Billardtisch der Firma Billard. Der Billardtisch ist für die 90er, was die Sitzsäcke bei PARC für die 70er waren.
    Das Merkwürdige an Interval Research ist, daß niemand genau weiß, was dort eigentlich vor sich geht. Es wird unter dem Siegel strikter Verschwiegenheit gearbeitet. Laura macht irgendwas, was mit Nervennetzen zu tun hat. In dieses Vakuum wird viel Hoffnung und Paranoia hineinprojiziert. Der Name Interval löst überall eine emotionale Reaktion aus. Die Denkfabrik-Schrägstrich-Firma Interval wurde vom Microsoft-Mann Paul Allen gegründet, nachdem er erfahren hatte, daß er unheilbar krank war. Kaum stand die Firma, verschwand die Krankheit.
    Die Aufgabe des Unternehmens besteht einzig und allein darin, geistiges Eigentum zu erzeugen, statt Produkte zu entwickeln - was im Silicon Valley Ketzerei ist. Einer ungeschriebenen Regel zufolge landet keine Idee, die etwas taugt, im Papierkorb: ein firmeneigener Risikokapital-Mensch in Gestalt von Paul Allen kommt für alle Kosten auf. Kein Wunder, daß die Leute neidisch werden ... Nicht um Startkapital betteln zu müssen - was das für eine geistige Freiheit bedeutet! Abe ist gegen den Mangel an

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