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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Draufgängertum in der Forschung. Er findet, Interval sei ein intellektuelles Watership Down. Wir mußten ihn daran erinnern, daß schließlich jemand gebraucht wird, der rein wissenschaftliche Forschung betreibt, da die Regierung sich ja aus diesem Gebiet zurückgezogen hat. Widerstrebend stimmte er zu.
    Laura hat früher bei Apple in der Advanced Technology Group gearbeitet, ist aber vor einem Jahr dort weggegangen. Als sie bei Apple anfing, mußte jedes Projekt innerhalb von drei bis sieben Jahren nach dem Start schwarze Zahlen schreiben. Anfang der 90er schrumpfte diese Frist auf ein Jahr. »Nicht Eins-Null genug«, sagte Laura. »Hier braucht man erst nach fünf bis zehn Jahren die Rentabilitätsschwelle zu erreichen. So muß es sein.«
    Wir fragten sie nach dem Unterschied zwischen Apple und Interval, und sie antwortete, Apple wolle die Welt verändern, während Interval sich damit begnüge, sie zu beeinflussen. »Wir haben den Ruf, bei unserer Forschung eher blind im Dunkeln zu stochern«, sagte sie, »wahrscheinlich wegen Brenda Laureis Arbeit zum Thema Geschlecht und Intelligenz, aber ihr könnt mir glauben, es ist himmlisch, sich ausschließlich mit Mathematik und Forschungs-Software zu beschäftigen oder sich Ricki Lake anzuschauen, wenn man das braucht.« (Übrigens ist Laura ein echtes Billard-As. Als ich ihr das sagte, meinte sie: »Och, das ist reine Mathematik.«) Brenda Laurel ist die Frau, die verantwortlich für die Erforschung des Verhältnisses von Frauen zur Mathematik ist. Sie ist die Anti-Barbie.
    »Außerdem ist die Belegschaft hier ein bißchen älter«, sagte Laura, »und die Leute kommen hier in der Regel nur rein, wenn sie von jemandem empfohlen werden. Angehende Mitarbeiter müssen bei uns keine unlösbaren Koan-Aufgaben lösen. Es gibt auch keine Vorgesetzten, denen man Rechenschaft ablegen muß. Ein bißchen wie in den höheren Semestern an der Uni. Eigentlich sollen alle gleichberechtigt sein, aber natürlich drängen sich immer welche in den Vordergrund, und andere kommen zu kurz. Zwischen denen entstehen früher oder später Beziehungen wie zwischen Planeten und ihren Monden. Aber die meisten von uns sind unverbrauchte Typen, die von der Uni oder aus den Großkonzernen kommen und das Eins-Null-Feuer nicht verlieren wollen.« Laura räumte beim Billard total ab. Ich verlor ständig und kam mir vor wie ein Trottel, wie das bei Billard eben so ist. Billard ist wie Rollerblading: Man muß so tun, als wäre man der allercoolste Mensch der Welt, während man sich insgeheim in den Arsch beißen könnte.
    Andere Techies kamen und gingen, und man hatte das erfrisehende Gefühl, es sei ein völlig normaler Arbeitstag. Karla versprach Laura, sie mit Anatole zu verkuppeln. Laura war damals bei Apple in ihn verknallt. L'amour, l'amour. Ich war ein bißchen enttäuscht. Ich hatte wohl erwartet, sie würden Experimente mit Teslaspulen machen oder Düsenjäger aus Mylar bauen. Oder 3.000 Pfund schwere Zwiebeln per LKW vom Parkplatz karren, eskortiert von Sicherheitsleuten mit M aschi nenge wehren.
    Ich sagte, da Anatole und seine Freunde uns bei den Oop!- Alpha-Tests helfen wollten, könnten wir Laura ja vielleicht mit Anatole zusammenbringen, wenn sie auch beim Testen mitmachen würde. Sie war sofort einverstanden. So ähnlich hat Tom Sawyer es gemacht, als er den Zaun streichen sollte.
    A ls wir nach Hause kamen, waren Mom und Dad gerade von einer Fahrradtour entlang dem Foothill Expressway zurückgekehrt. Sie schwitzten, und Misty schleckte ihnen das Natrium ab. Danach sahen sie sich Martha-Stewart-Videos an und bekamen ein schlechtes Gewissen, weil sie ihr Leben nicht glamouröser inszenierten.
    Bug schaute auf dem Weg zu einer Party in San Jose bei uns vorbei. Wir erzählten ihm von unserem Ausflug zu Interval, und er wußte zu berichten, daß der Nachfolger des Graphic User Interface von dort kommen wird und die von PARC in den 70er Jahren entwickelte Schreibtisch-Metaphern »für die Computerindustrie zu dem geworden sind, was für den Durchschnittsamerikaner avocadofarbene Haushaltsgeräte sind«. »Oje, kann man sich denn heutzutage auf niemanden mehr verlassen?« sagte Karla.
    »Ach, komm schon, Bug«, sagte ich, »kannst du nicht wenigstens noch ein bißchen sauer auf PARC sein?«
    »Entweder ich reg' mich mein Leben lang über PARC auf«, sagte Bug, »oder ich sattle auf die nächste PARC-mäßige Denkfabrik um. Da entscheide ich mich doch lieber für ein neues Pferd. Wo ist deine Mom,

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