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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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haben. Vor Geek-Partys essen wir nie.
    I n der geldfixierten Welt des Silicon Valley ist nichts uncooler, als pleite zu sein. Karla und ich waren neugierig, wie Ann und Jorge wohnen. Die Hipness, auf die wir dort stießen, war schier überwältigend. Und wo waren die GEEKS? Alle waren angezogen wie ... richtige Menschen. Wo waren die ironisch gemeinten Kühlschrank-Magneten? Die Futons? Die IKEA-Möbel? Die Nerf-Produkte? Das Haus sah aus, als wäre es von Martha Stewart eingerichtet worden. Es gab RICHTIGE Sofas - offensichtlich NEU gekauft - mit roten Samtbezügen und Couchkissen aus gold- und silberfarbener Seide; von Matisse inspirierte Teppiche; überall kleine Kerzen; einen RICHTIGEN Eßtisch mit SECHS Stühlen in einem RICHTIGEN ESSZIMMER mit Vasen und Schalen voller Pinienzapfen auf dem Kaminsims. Diese Leute waren RICHTIGE ERWACHSENE ... makellos!
    Susan sagte, sie hätten bloß die Spuren verwischt, die verrieten, daß sie nichts vom Leben haben: »Ich meine, das ist, als wenn man bei jemandem zum Thanksgiving eingeladen ist, und die haben vorher achtzehn Stunden lang im ganzen Haus kleine orange Kürbisse und Quitten und Krepp verteilt, das Essen ist wie bei Heinrich dem Achten, und man kriegt nichts runter, weil einen das kranke Gefühl beschleicht, daß die Gastgeber sonst nichts mit ihrem Leben anzufangen wissen. Das ist die dunkle Seite von Martha Stewart's Living.«
    Darauf bemerkte Ethan, Susan habe immer noch ein schlechtes Gewissen, weil sie zuviel Zeit und Geld in unsere Weihnachts-Geschenkkörbe gesteckt hat.
    Ich dachte, Überdekoration und nett eingerichtete Häuser seien vielleicht das hiesige Gegenstück der nie benutzten Kayaks in den Garagen der Leute bei Microsoft. Aber dann befiel mich ein noch schwärzerer Gedanke: Womöglich sind das hier Techies, die WAS VOM LEBEN HABEN und den Druck auf uns andere noch erhöhen.
    Obwohl Susan uns gegenüber noch über die Einrichtung hergezogen war, fing sie an, Ann, der Gastgeberin, Honig um den Mund zu schmieren. Sie redeten über irgendeinen teuren Laden in Pacific Heights, aus dem zweifelsohne all diese Möbel stammen.
    Ann: »Fillamento, das ist an der Ecke Fillmore und Sacramento. Die haben die besten Sachen. Ich hab' da gerade diese tolle Tagesdecke für unser Bett gekauft. Sie mußte aus Deutschland bestellt werden, aber sie ist wirklich phantastisch ... willst du sie mal sehen?« Susan: »Na klar!«
    Und schon zogen sie los, um sich über Dekorerwerbungen auszutauschen. Heute würde keiner mehr drauf kommen, daß Ann mal Mikrochips konstruiert hat.
    D er letzte Schrei in diesen Kreisen sind obskure, teure Premium-Wodkas - auf Geek-Partys der Indikator für Coolneß. Später, als Susan, Karla und ich so herumstanden und Ketel-1 tranken, kam ein Typ, der schon die ganze Zeit zu Karla herübergeglotzt hatte, auf uns zu und sagte: »Hi, ich bin Phil, ich bin PDA.«
    PDA ist ein Akronym für Personal Digital Assistant - wie der Newton zum Beispiel.
    »Du siehst aber eher analog als digital aus«, witzelte Susan.
    »Das steht für Proletarier im Dienste von Apple!« gluckste Phil, der Susan keines Blickes würdigte, sondern KARLA anpeilte. Es war echt peinlich, denn Susan kapierte einfach nicht, daß Phil nichts von ihr wissen wollte. Karla fand Phil ziemlich abstoßend, und ich war in höchster Alarmbereitschaft, weil dieser Schrank von einem Kerl meine Freundin anmachte. Ich schob mich zwischen ihn und Karla. »Vielleicht steht es auch für Pardon-die-Dame-ist-nicht-Allein.« Ich legte meinen Arm um Karla und stellte uns vor.
    Susan lachte über Phils Witze - sie wünscht sich so sehr, daß in ihrem Leben endlich männermäßig was passiert, und als Phil sich einmal umdrehte, raunte Karla Susan zu: SCHAFF MIR DIESEN MANN VOM HALS, griff nach meinem Arm, und wir gingen hinaus ins Arbeitszimmer, um die Unmengen von Zeug zu bestaunen, die unsere Gastgeber besaßen. Wir kamen uns vor wie Ostdeutsche, die zum erstenmal nach Westdeutschland kommen. Phil, der inzwischen kapiert hatte, daß er bei Karla nicht landen konnte, bemerkte endlich Susan und machte sich daran, sie vollzulabern.
    Die nächste Stunde lang konnten wir zusehen, wie Phil Susan mit aufregenden Geschichten von Produktbesprechungen, Lieferterminen, technischen Problemen und Codenamen für Produkte ergötzte.
    I ch staune immer noch, wie sehr die Geeks im Valley zusammenglucken. Bei Microsoft gab es nicht den geringsten Gruppenzwang, etwas anderes zu tun als zu arbeiten und rechtzeitig

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