Microsoft Word - Christian Jacq - RAMSES3 - Die Schlacht von Kadesch.rtf
schwere Bestrafung nach sich zieht…. und zwar für den Angreifer?»
Serramanna seufzte.
«Wir sitzen in der Klemme», gab Ameni zu. «Es ist wahrscheinlich, daß dieser Raia zu einem hethiterfreundlichen Spionagenetz gehört, wenn er nicht gar der Drahtzieher ist. Der Mann ist intelligent, verschlagen und kann sich blendend verstellen. Er läßt sich nichts anmerken, versteht es, zu jammern oder sich zu entrüsten, und gibt sich den Anschein eines ehrenwerten und strebsamen Kaufmanns, der nichts anderes kennt als seine Arbeit. Aber dennoch reist er durch ganz Ägypten, zieht von Stadt zu Stadt und trifft eine Vielzahl von Menschen. Gibt es etwas Besseres, um zu beobachten, was sich in unserem Lande tut?»
«Nenofar hat mit Raia geschlafen», beteuerte Serramanna, «und er hat sie bezahlt, damit sie log. Er glaubte, sie würde den Mund halten, darin hat er sich geirrt. Sie wollte ihn erpressen, und dann hat er sie getötet.»
«Nach deinem Bericht hätte der Syrer dieses Mädchen in einem angemieteten Lagerhaus erwürgt», fuhr Ramses fort. «War das nicht sehr unvorsichtig?»
«Es war nicht auf seinen Namen eingetragen», erinnerte Ameni. «Die Spur bis zum Besitzer, der nicht in Betracht kommt, zurückzuverfolgen und dann bei Raia anzukommen war nicht leicht.»
«Raia hat bestimmt daran gedacht, auch den Besitzer umzulegen», ergänzte Serramanna, «er mußte ja fürchten, daß der seinen Namen preisgab. Aber wir sind rechtzeitig eingeschritten, sonst wäre dieser Syrer im dunkeln geblieben. Meiner Ansicht nach hatte Raia den Mord an Nenofar nicht geplant. An diesem verschwiegenen Ort, wo er sich mit ihr traf, in einem Viertel, wo niemand ihn kannte, bestand für ihn keine Gefahr. Er hat bestimmt gedacht, wenn er ihr eins vor den Bug gibt, würde sie schon das Maul halten. Aber dann wurde die Lage heikel: das Mädchen kam auf den Gedanken, sich sein Schweigen mit einem kleinen Vermögen bezahlen zu lassen. Andernfalls - so dürfte sie ihm gedroht haben - würde sie höheren Orts alles ausplaudern. Raia hat sie umgebracht und ist dann sofort abgehauen, ohne den Leichnam noch fortzuschaffen.»
«Kurz vor einer kriegerischen Auseinandersetzung mit den Hethitern sind die Machenschaften eines Spionagerings in unserem Land in der Tat bedrohlich», befand Ramses. «Eure Darstellung der Ereignisse ist überzeugend, aber noch wichtiger ist, in Erfahrung zu bringen, wie Raia seine Botschaften den Hethitern zukommen läßt.»
«Ein Verhör nach allen Regeln der Kunst…», riet Serramanna.
«Ein Spion wird nicht reden.»
«Was empfiehlst du, Majestät?» fragte der Schreiber.
«Frag ihn noch einmal aus und laß ihn dann frei. Versuche, ihn davon zu überzeugen, daß wir nichts Belastendes gegen ihn gefunden haben.»
«Darauf wird der nicht hereinfallen!»
«Natürlich nicht», sagte der König. «Aber wenn er spürt, daß er in einen Schraubstock geraten ist, muß er das irgendwie den Hethitern mitteilen. Und wie er das anstellt, das will ich wissen.»
DREIUNDDREISSIG
ES WAR DIE Jahreszeit, da das Korn aufzugehen begann und die Saat ihren Sieg über die Mächte der Finsternis verkündete und dem ägyptischen Volk das Leben darbot, das sie in sich trug.
Ramses war Homer behilflich, aus dem Tragsessel zu steigen und sich am Ufer des Kanals vor einen mit Speisen überhäuften Tisch im Schatten von Palmen zu setzen.
Unweit von diesem Platz lag eine Furt, die die Herden nutzten, um ans andere Ufer zu gelangen. Die zarte Wintersonne strich dem bejahrten Dichter wohltuend über die Stirn.
«Gefällt dir dieses Mittagessen auf dem Lande?» fragte der König.
«Die Götter haben Ägypten wahrlich mit Gunst überhäuft.»
«Der Pharao baut ihnen ja auch Stätten, wo sie Wohnung finden und Verehrung genießen.»
«Dieses Land ist ein einziges Geheimnis, Majestät, und auch du bist ein Geheimnis.
Diese Stille, dieses süße Leben, die Schönheit dieser Palmen, dieses schimmernde Licht, diese köstlichen Speisen… In alldem ist etwas Übernatürliches. Ihr Ägypter habt eine Wunderwelt geschaffen und lebt in ihrem Zauber. Aber wie lange wird das noch anhalten?»
«So lange, wie das Gesetz der Maat unsere Grundregel ist.»
«Du vergißt die Außenwelt, Ramses, sie schert sich nicht um dieses Gesetz. Glaubst du, daß die Maat das Hethiterheer aufzuhalten vermag?»
«Sie wird unser bester Schutzwall sein gegen den Feind.»
«Ich habe den Krieg mit eigenen Augen gesehen, habe miterlebt, wie grausam Menschen sein
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