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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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manchmal zugleich Wanderungen
    durch meine eigene Seele zu sein schienen. Auf einer davon habe ich sie das erste Mal gesehen, die Frau mit den leuchtend roten Haaren, die am Ufer Wracks fotografierte. Ich blieb stehen und beobachtete, was sie machte, und mit welcher
    Konzentration. Versunken in den Anblick des gestrandeten, zerfallenden Schiffs variierte sie fortwährend die Position ihres Stativs, setzte es einen Schritt zur Seite, dann wieder zurück, etwas näher heran und wieder etwas weiter fort. Mitunter sah sie minutenlang durch den Sucher, ohne sich zu rühren. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie mich überhaupt bemerkte.
    Ein paar Tage später sah ich sie in der Main Street wieder, mit dem Fahrer eines dreirädrigen Lieferwagens redend, der vor Brennan's Hotel stand. Dass sie danach im Hotel
    verschwand, gab mir einen Stich, von dem mir jetzt klar ist, dass es Enttäuschung war: Nur eine Touristin. In ein paar Tagen würde sie wieder verschwunden sein. Doch dann
    entdeckte ich ihr Bild in dem Prospekt, der neben dem
    Hoteleingang in einem kleinen kupfernen Schaukasten hing, und erfuhr, dass sie Bridget Keane hieß und die neue
    Managerin des Hotels war.
    Ab da sah ich sie öfters. Das heißt, ich richtete es so ein, dass ich sie öfters sah. Sie war... so lebendig. Ich weiß gar nicht, wie ich es anders sagen soll. Lebendig. Sie bewegte sich so
    anmutig, mit dem ganzen Körper, begleitete alles, was sie sagte, mit kleinen, beinah tänzelnden Bewegungen. Das
    faszinierte mich. Diese Lebendigkeit.
    329
    Ich unternahm nie irgendwelche Annäherungsversuche, weil mir vom ersten Augenblick an klar war, dass daraus nie etwas werden würde.
    Verglichen mit ihr war ich halb tot, schon lange, ehe es mich mitten auf dieser Schafswiese erwischte.
    Jordan ist immer noch krank, als ich die Operation
    überstanden habe. Doch etwas anderes habe ich verpasst in der Zeit, die ich in der üblichen hermetischen Abgeschiedenheit mit Heilung und Rekonvaleszenz beschäftigt war: Der
    medizinische Leiter des Projekts, Professor Stewart, ist überraschend gegangen. Ein neuer Mann sitzt in seinem
    Zimmer, ein Zivilist, aber kein Mediziner: ein
    Geheimdienstmann, munkelt man. Sein Name ist Larry
    Robinson, und er will mich sprechen.
    Ich erfahre von den anderen, dass Robinson sich in einer ersten Ansprache vor der versammelten Belegschaft als nicht zuständig für die medizinischen Fragen erklärt hat. Wer es stattdessen ist, bleibt einstweilen offen. Klar ist nur, dass von nun an alles noch schneller gehen muss als bisher.
    Irgendjemand macht Druck.
    Robinson ist ein kleinwüchsiger Mann mit einem hässlichen, schiefen Eierkopf und auffallend vielen Muttermalen im
    Gesicht. Wenn er spricht, klingt es, als sollte er sich dringend einmal auf Polypen untersuchen lassen. Er springt auf, als ich hereinkomme, schüttelt mir die Hand, bietet mir Platz an und etwas zu trinken und stellt sich mit so belanglosen Worten vor, dass mir nichts davon im Gedächtnis haften bleibt. Trotz aller Scheißfreundlichkeit ist er mir auf Anhieb unsympathisch.
    Mitten in unserem belanglosen Gespräch klingelt das
    Telefon. Robinson bricht im Satz ab. Es ist jemand, den er kennt, und außerdem ein hohes Tier, das merkt man an seiner Reaktion, als er den Hörer ans Ohr nimmt und sich meldet. Ein 330
    hohes Tier, aber es scheint ihm wohlgesonnen, denn er darf sich Vertraulichkeiten erlauben. »Hunter!«, trompetet
    Robinson folglich mit einer Begeisterung, die alles, was er bis dahin an den Tag gelegt hat, endgültig als schlechte Heuchelei entlarvt. »Was? Klar doch, jederzeit. Auf Hirsche? Bis jetzt noch nie, aber einmal ist immer das erste Mal, sage ich...« Er dreht sich stirnrunzelnd zu mir um, während er einer sonoren, auf die Distanz nicht zu verstehenden Stimme lauscht, und bedeutet mir mit einem Wedeln seiner Hand, hinauszugehen.
    Dieselbe Geste, mit der man lästige Insekten verscheucht.
    Ich gehe. Ich warte eine Weile in seinem Vorzimmer, wo
    seine Sekretärin mich ignoriert. Noch ein neues Gesicht; wahrscheinlich hat er sie mitgebracht. Nach einer Viertelstunde fällt mir auf, dass das Signallämpchen an der Telefonanlage seit geraumer Zeit erloschen ist, Mister Robinson aber nicht im Traum daran zu denken scheint, mich wieder hereinzubitten.
    Ich gehe, und damit ist die Sache erledigt; jedenfalls kommt von seiner Seite nichts mehr.
    Es war immer noch dunkel, als die Tatsache schwerfällig in mein Bewusstsein drang, dass ich seitlings auf

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