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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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einer Woche
    erzählt hatte.
    Und mit einem Gefühl des Entsetzens, das wie eine steinerne Faust nach meinem Herzen griff, kam ich dahinter, warum man mich geschont hat. Warum meine Verfolger sich damit begnügt haben, mich zu umzingeln und mir die Fluchtwege
    abzuschneiden, anstatt auf mich zu schießen oder zu versuchen, mich platt zu walzen.
    Sie sind das gelungenste Exemplar, hat Reilly gesagt.
    Ich habe keine Beweise, natürlich nicht. Aber ich glaube, sie schonen mich, weil sie meinen Körper unversehrt haben
    wollen, als Prachtstück einer geheimen Sammlung. Ich sehe ein unterirdisches Museum vor mir, zu dem nur Angehörige einer 339
    handverlesenen Gruppe Eingeweihter Zutritt haben, sehe sie den Steel-Man-Saal betreten und sinnend vor dessen beeindruckendstem Schaustück stehen bleiben, dem Körper
    von Duane Fitzgerald, dem Cyborg Nummer 2, dem
    gelungensten Exemplar jenes leider, leider gescheiterten Projektes. Und wie gut erhalten er ist! Kein Einschussloch, das ihn entstellt. Keine Deformation, die von einem gewaltsamen Tod zeugt. Makellos. Eine Kostbarkeit.
    Ist das verrückt? Ich weiß nicht. Nennen ihn seine Freunde etwa nicht »Hunter«, obwohl er nicht so heißt, jenen Mann, der einst bei einem Jagdausflug mit der Familie des Präsidenten aus hundert Fuß Entfernung eine Klapperschlange erschossen hat, einen Augenblick, ehe sie die Tochter seines
    Sicherheitsberaters gebissen hätte? Ist er deshalb Nachfolger von Professor Stewart geworden? Aus Dankbarkeit? Ich habe einen Bericht gelesen über das gewaltige Anwesen, das er zwanzig Meilen nördlich von Arlington bewohnt. In diesem Artikel war kein einziges Foto, das nicht irgendein
    ausgestopftes Tier zeigte – den Kopf eines Zwölfenders an der Wand hinter dem Schreibtisch, einen Grizzly in der
    Empfangshalle, im Schlafzimmer sogar ein präparierter
    Weißkopfadler, immerhin das stolze amerikanische
    Wappentier. Er liebt ausgestopfte Gegner, das steht fest.
    Na gut, vielleicht ist es ein verrückter Gedanke. Vielleicht haben sich wirklich nur Befehle aus den verschiedenen,
    einander überlappenden Hierarchien widersprochen, vielleicht sind wirklich alle nur kopflos durcheinander gerannt, während man in endlosen nächtlichen Sitzungen in unterirdischen
    Kommandobunkern versucht hat, zwischen Paranoia und
    Leichtsinn den richtigen Weg zu finden. Vielleicht ist die ganze Geschichte tatsächlich einfach eine Hochzeit von
    Unfähigkeit und Panik.
    340
    Aber ich bin immer noch von nacktem Grauen erfüllt. Ich
    stand da vor dem Fenster der Brannigans und glaubte zu
    spüren, wie die Erde unter mir wegbrach, und ich musste
    flüchten. Noch ein Blick auf die ausgestopfte Katze, und ich hätte geschrien.
    Ich habe das Gefühl, nach Hause gerannt zu sein, obwohl ich das bestimmt nicht getan habe. Irgendwie hatte ich auch noch den Hausschlüssel in der Tasche, seltsam genug, denn ich habe nicht daran gedacht, ihn einzustecken. Ich schloss auf,
    schleppte mich aufs Sofa und – schlief auf der Stelle ein.
    Ich erwachte irgendwann und begriff erst nicht, wieso es auf einmal hell war, weil ich mir nicht bewusst war, geschlafen zu haben. Es gelang mir, die Hose aufzuknöpfen und den rechten Oberschenkel freizulegen: ein einziger Bluterguss, blauschwarz und prall und einfach furchtbar anzusehen. Ich ließ mich zur Seite sinken und schlief noch einmal eine Runde.
    Danach fühlte ich mich, seltsam genug, etwas besser. Es
    gelang mir, auf die Beine zu kommen – auf ein Bein, genauer gesagt, das linke nämlich – und in die Küche zu hoppeln. In Europa sind die Kühlschränke nicht nur unglaublich winzig –
    was mich bis jetzt nicht gestört hat –, sie haben außerdem auch keine Eiswürfelmaschinen eingebaut – was mich in diesem
    Moment enorm störte. In einem der Schränke fand ich zwei winzige Eiswürfeleinsätze, füllte sie mit Wasser und stellte sie ins Gefrierfach. Dann holte ich ein Handtuch, tränkte es im Waschbecken und legte es mir klatschnass und kalt auf den Schenkel, was wunderbar wohl tat. So saß ich auf dem
    Küchenstuhl, sah dem Kühlschrank beim Gefrieren zu, und
    ansonsten drehten sich meine Gedanken wie Mühlräder um und um.
    Ich hatte Fieber, stellte ich nach einer Weile fest. Ungefragt blendete sich ein Diagnoseschirm in mein Gesichtsfeld und bot 341
    mir eine Auswahl aus den empfehlenswerten
    Behandlungsmethoden an, die zur Verfügung standen,
    zusammen mit der Ankündigung, dass, sollte ich mich nicht binnen sechzig Sekunden anders

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