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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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gelesen. Aber ich
    habe sie gelesen, wieder und wieder, ohne zu verstehen, warum sie mich so berühren. Ich habe sie sogar abgeschrieben, weil ich sie bei mir tragen wollte.
    Vielleicht fange ich jetzt an, zu verstehen.
    Zweitausend Jahre nach Seneca verehren wir die Sieger und verachten wir die Verlierer. Mut ist in unserem Verständnis lediglich die Fähigkeit, jene Angst zu überwinden, die uns davon abhält, einen Sieg zu erringen. Mut ohne Sieg aber ist nichts, ist lächerlich. Deshalb verstehen wir nicht, dass der Mut erst im Angesicht des Todes zu seiner Blüte gelangen kann.
    Sogar die Feigsten sind in Worten kühn. Wo du stehst, wird erst in deiner letzten Stunde offenbar. Der Tod wird über dich das Urteil sprechen.
    Wie betrachten wir denn den Tod? Überhaupt nicht. Wir tun, als gäbe es ihn überhaupt nicht, verstecken die Sterbenden in Krankenhäusern, schminken die Toten, dass sie aussehen, als 347
    schliefen sie, und wenn wir doch einmal gezwungen sind, die Realität des Todes zur Kenntnis zu nehmen, kostümieren wir ihn mit gewaltigen Massen von Pathos und Gefühlsduseligkeit.
    Die Herausforderung des heutigen Lebens scheint nicht zu sein, dem Tod, wenn er denn kommt – und er kommt ja zu
    jedem, unabwendbar und unkalkulierbar –, mutig
    entgegenzutreten, sondern vielmehr, ihm so lange wie möglich davonzulaufen, ihm zu entkommen, im Idealfall für immer.
    Unausgesprochen gehen wir von der Grundannahme aus, dass der Tod ein Betriebsunfall ist, eine lästige Erscheinung, die es nach Möglichkeit zu beseitigen gilt.
    Denke an den Tod, sagt Seneca. Wer dies sagt, heißt dich, an die Freiheit zu denken. Wer sterben gelernt hat, der hört auf, ein Knecht zu sein.
    Ich denke an den Tod, weil ich muss.
    Im Bad liegen immer noch die Scherben des Glases, das
    Reilly bei seinem Inspektionsbesuch von der Ablage gefegt hat.
    Ich schätze, sie werden da auch liegen bleiben; ich bin weder in der Stimmung noch in der Verfassung, sie wegzuräumen.
    Genau genommen bin ich in ausgesprochen schlechter
    Verfassung. Meine Hände zitterten, als ich sie unter das Wasser hielt, und mein Gesicht fühlte sich heiß und
    aufgeweicht an, als ich es wusch. Ich besah mich im Spiegel und versuchte, das Gefühl loszuwerden, nur noch faulendes Fleisch zu sein, das demnächst in stinkenden Brocken von meinem stählernen Skelett abfallen wird. Und als ich nach einem frischen Handtuch griff, fiel es mir hinab und natürlich mitten in die Scherben.
    Ich bückte mich mühsam zum Boden hinunter, jede
    Bewegung eine Qual. Die Finger meiner rechten Hand
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    schienen zu knirschen, als sie den Frotteestoff zu fassen bekamen. Und gerade als ich mich wieder in die Höhe hieven wollte, sah ich das kirschkerngroße weiße Ding da liegen, halb von den Scherben verdeckt, in der Fuge zwischen den
    Bodenfliesen und der gekalkten Wand.
    Das Bauteil, das mir O'Shea herausoperiert hat. Ich opferte die Energie, die notwendig war, es hervorzupulen und
    aufzuheben, setzte mich dann auf den Badewannenrand, um
    wieder zu Atem zu kommen, betrachtete das Ding und
    versuchte zu rekonstruieren, wie es dahin gelangt war, wo ich es gefunden hatte. Der Doktor hatte es mir in einem
    Schraubglas gegeben. Das hatte ich in die Hosentasche
    gesteckt. Und dann? Ich war nach Hause gekommen und hatte das Glas auf den Fenstersims gestellt. Genau, und an dieselbe Stelle hatte ich die abgelösten Verbände gelegt, in der festen Absicht, alles baldmöglichst in den Müll zu werfen. Aber ich war nicht dazu gekommen. Wie das eben so geht in einem
    Männerhaushalt; da bleibt manches bisweilen länger liegen, als es mit den allgemeinen Vorstellungen von Hygiene und
    Ästhetik zu vereinbaren ist. Und Reilly hatte sich für die Reste der Verbände interessiert, hatte wissen wollen, was seinem Schützling da passiert sein mochte. Dabei war das Glas
    heruntergefallen und auf den Fliesen zerschellt.
    Bemerkenswert allenfalls, dass die Leute, die am Freitag in meine Wohnung eingebrochen sind und alles durchwühlt
    haben, das völlig übersehen haben.
    Vielleicht stimmt die Idiotentheorie doch.
    Ich weiß nicht genau, warum, aber plötzlich interessierte mich brennend, was das eigentlich für ein Bauteil gewesen war. Mit dem Vergrößerungsblick entdeckte ich eine Vielzahl feiner Risse in der glatten weißen Umhüllung, die sich ein bisschen wie Teflon anfühlte, aber wahrscheinlich keines war.
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    Einer der Risse war so ausgeweitet, dass man ihn mit bloßem Auge sah: sicher dank

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