Microsoft Word - Green, Simon R.-Todtsteltzers Ende
die Pantoffeln.«
Stuart konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
Jas bemutterte ihn gnadenlos, wie er es überhaupt
mit allen Leuten probierte. Er behauptete, es wäre
genetisch in ihm verankert. Oder vielleicht auch ein
Zigeunerfluch. Jas gab Stuart einen kurzen Kuss auf
die Stirn, tätschelte ihm die Schulter und lief zurück
zum Herd in der Ecke. Jas war von Natur aus gefühlsduselig, hatte aber gelernt, sich damit in Stuarts Gesellschaft etwas zurückzuhalten. Er wollte den emotionell verwundeten Mann nicht auch noch unter
Druck setzen. Stuart sprach nicht viel von Finn oder
seinen Erlebnissen in dessen Gesellschaft, aber zuzeiten entglitt ihm ein vielsagender Hinweis auf das
Grauen, das er durchgemacht hatte. Bei manchem
davon gefror Jas das Blut in den Adern. Immer dann
biss er sich heftig auf die Unterlippe und bemühte
sich noch besonders darum, hilfreich zu sein, ohne
Stuart damit zu ersticken. Und wenn sie gemeinsam
in dem schmalen Einzelbett lagen, schrie Stuart
manchmal kläglich im Schlaf auf und Jas musste ihn
halten und trösten, bis es wieder hell wurde.
Alles in allem schien es Stuart besser zu gehen. Die
vielen erfolgreichen Vorstöße in Finns Territorium hatten viel dazu beigetragen, seine Selbstachtung wiederherzustellen, und er zeigte sich erneut als der gerissene
Kämpfer, der er schon als Paragon gewesen war. Mit
seinen handverlesenen Mitstreitern hatte er ernstliche
Schäden an militärischen Zielen angerichtet, aber es
reichte nicht. Es würde nie reichen, bis Finn endlich tot
war und Stuart nicht mehr heimsuchen konnte.
Jas sagte nie etwas dazu, machte sich aber stets
Sorgen, während Stuart im Einsatz war, denn er wusste, dass Stuart in jedem Kampf nach einem Frieden
suchte, der nur im Tod zu finden war. Jas konnte dagegen nicht mehr tun, als dem Freund einen Grund
zum Leben anzubieten, einen Grund, wieder nach
Hause zurückzukehren.
»Das Abendessen ist fertig!«, verkündete er munter. »Wieder mal eine tolle und erfindungsreiche Methode, um das gleiche öde und langweilige Gemüse
aufzutischen, Gott, manchmal würde ich für ein gutes Würstchen einen Mord begehen!«
Douglas machte einen Spaziergang um den Block,
einfach um sich ein wenig die Beine zu vertreten und
ein bisschen frische Luft zu schnappen. Manchmal
empfand er sein Zimmer auf ungemütliche Art als eine Zelle. Wie immer begleiteten ihn zwei Wahnschlampen zu seinem Schutz. Sie wahrten diskreten
Abstand und schreckten sämtliche Passanten mit harten Blicken und dem einen oder anderen gedanklichen
Schubser davon ab, Douglas zu nahe zu kommen.
Immer bestand die Möglichkeit, dass in der Menge,
die Douglas zujubelte und anlächelte, wo immer er
auftauchte, ein verkleideter Spion oder Meuchelmörder lauerte. Douglas war überzeugt davon, dass er sich
selbst verteidigen konnte, aber sich mit der Leibwache
abzufinden, das war der Preis dafür, seine Freunde
nicht jedes Mal ausflippen zu sehen, wenn ihm danach war, auf eigene Faust loszuziehen.
Heute Abend begleiteten ihn Alessandra Duquesne,
die als Anführerin der Schlampen galt, und ihre
Freundin Joanna Maltravers - beides große, muntere
blonde Teenager, die so aussahen und sich so anhörten, als müssten sie eigentlich noch die Abschlussklasse irgendeiner Schule besuchen. Beide trugen
leuchtend bunte Seidenkleider, die kunstvoll geschnitten und arrangiert waren, damit sie so viel nackte
Bronzehaut zeigten wie möglich. Beide trugen
schwarze Rosen in den Haaren und Stammestätowierungen in den Gesichtern. Insgesamt gab es zwölf
Wahnschlampen, junge Esper, die zu sehr Individualisten waren und zu eigensinnig, um sich ins Massenbewusstsein der Überseele zu fügen, und die geschworen hatten, ihrer geliebten Johana Wahn bis in
den Tod und darüber hinaus zu folgen. Wenn sie nicht
gerade unterwegs waren, um Sachen hochzujagen
oder Finns Leute mit bestürzender Verve und ebenso
bestürzendem Enthuasismus umzubringen, hingen sie
zumeist in der Eingangshalle des Laternenhauses herum, lasen Klatschzeitschriften, tauschten MakeupTipps aus und diskutierten über neue und scheußlichere Methoden, um böse Buben niederzumetzeln. Sind wir nicht furchtbar? fragte unausweichlich irgendwann eine von ihnen, und alles löste sich in mädchenhaftem Kichern auf. Die Leute im Slum fanden
sie ebenso faszinierend wie erschreckend.
Douglas kam sich ein bisschen pervers vor, während ihm diese tödlichen und charmanten Teenager
auf der Pelle hingen, ihm jedes
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