Microsoft Word - Green, Simon R.-Todtsteltzers Ende
Interessen
gegen Finn, nicht für deine!«
»Ich könnte sie erschießen«, bot Stuart leise an.
»Führe mich nicht in Versuchung!«, murmelte
Douglas. Er blickte sich mit entspanntem Lächeln
um. »Eure Interessen sind auch meine und umgekehrt. Wir haben ein gemeinsames Anliegen, geschmiedet aus Notwendigkeit und Bestimmung.«
Er verbeugte sich höflich vor der Frau und ging
weiter. Stuart und Tel folgten ihm, und Stuart schaute dabei finster drein.
»Was zum Teufel sollte das denn heißen?«
»Keine Ahnung«, räumte Douglas ein. »Es hörte
sich allerdings gut an. Im Zweifel sollte man sein
Publikum mit Stilblüten verblüffen. Weißt du, alles
war noch viel einfacher, als Anne meine Reden
schrieb. Sieh mal, es kommt nur darauf an, die Rebellion in Gang zu bringen. Über Sinn und Zweck
können wir uns noch unterhalten, sobald wir gesiegt
haben.«
»Das klingt für mich ganz fürchterlich nach berühmten letzten Worten«, sagte Stuart, und Tel nickte feierlich.
»Ich frage mich, ob Owen auch solche Probleme
hatte«, sagte Douglas wehmütig.
Sie trotteten weiter dahin, und Tel blieb ein wenig
zurück. Er trug inzwischen saubere Sachen und
konnte sich endlich wieder selbst riechen. Aber er
fühlte sich nach wie vor nicht der Ehre wert, neben
Douglas zu gehen. Jeglicher Stolz war ihm sehr
gründlich ausgetrieben worden, während er in den Drei Krüppeln arbeitete, und kehrte nur langsam zurück. Die zurückliegenden Tage hatte er meist damit
zugebracht, in Gedanken noch einmal durchzugehen,
wie weit seine Erinnerung an Finns Pläne, seine Geheimnisse und Schwachstellen reichte. Er konnte einen Riesenhaufen Verräter, Doppelagenten und
Maulwürfe im Slum beim Namen nennen, aber er
brauchte mehr, um für Douglas unverzichtbar zu
werden. Er durfte nicht zulassen, dass man ihn benutzte und dann wieder fallen ließ. Er musste sich
eng an Douglas binden, musste zu den engsten Mitarbeitern des Feldglöcks gehören, sodass Tel Markham nach der Rebellion und nach Douglas' Rückkehr
an die Schalthebel der Macht nicht wieder in die
Armut zurückfiel, der er mit so knapper Not entronnen war. Für Tel war Douglas Feldglöck ein aufgehender Stern am Himmel, jemand, an dessen Rockschößen man in eine Position der Sicherheit, wenn
nicht gar des Ruhms gelangen konnte. Und Tel
brauchte Sicherheit, um seinen Rachefeldzug in die
Wege zu leiten.
»Also, wohin gehen wir jetzt?«, wollte Stuart wissen. Der allgegenwärtige Nieselregen hatte sich zu
einem starken Regen ausgeweitet. Heutzutage ging
es im Slum wirklich immer nass und elend zu. Stuart
war ziemlich sicher, dass Finn die Leute von der
Wettersteuerung entsprechend angewiesen hatte.
»Wir suchen den Sektor der Fremdwesen auf«,
antwortete Douglas. »Dort erwartet uns Nina. Sie hat
Kontakt zu einem sehr nützlichen Fremdwesenmischling
namens Nikki Sechzehn hergestellt, die behauptet, sie
könnte uns eine Audienz bei den Anführern der Fremdwesen im Slum verschaffen.«
Stuart schniefte. »Findet man hier genug von denen, damit sich die Mühe lohnt?«
»Oh, Ihr wärt erstaunt, wie viele Fremdwesen im
Slum hausen«, ergriff Tel unverzüglich die Chance,
seine Ortskenntnisse zu demonstrieren. »Alle Arten
von Fremdwesen und Mischlingen hat es aus diversen Gründen hierher verschlagen. Entweder sind es
politische oder religiöse Flüchtlinge, oder sie haben
einfach Geschmack an menschlichen Freuden oder
Vorstellungen gefunden, die man auf ihren Heimatplaneten nicht toleriert. Der Slum ist von jeher eine
kosmopolitische Gemeinde und sehr tolerant gegenüber unnatürlichen Lastern. Ihr würdet gar nicht
glauben, was manche dieser Fremdwesen so treiben.«
»Doch, das würde ich verdammt sicher«, wandte
Stuart ein. »Nichts an dieser Gegend überrascht mich
noch.«
»Manche dieser Fremdwesen«, fuhr Tel fort,
»werden von ihren Familien dafür bezahlt, dass sie
nicht mehr nach Hause kommen. Entweder haben sie
das falsche Anliegen unterstützt oder sich mit den
falschen Leuten angefreundet. An einer Rebellion
teilzunehmen, die Finn und seine xenophobischen
Bundesgenossen stürzt, würde viel dazu beitragen,
ihnen die Rückkehr zu ermöglichen. Aber Ihr werdet
sehr vorsichtig zu Werk gehen müssen, Douglas! All
diese verschiedenen Arten haben jeweils eigene Bedürfnisse und Ziele, und sie werden nur mitmachen,
so weit ihre Bedürfnisse mit Euren zusammenfallen.
Derzeit habt Ihr nicht mehr mit ihnen gemeinsam als
Hass auf den
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