Microsoft Word - Green, Simon R.-Todtsteltzers Ende
dreißig
Zentimeter größer und sehr viel breiter gebaut, von
ungefähr menschenähnlicher Gestalt, aber vollständig aus einer leuchtenden Goldrüstung zusammengesetzt. Der massive, geschossförmige Kopf zeigte keinerlei Gesichtszüge, nur eine Reihe von Vorsprüngen, bei denen es sich vielleicht um Sensoren
handelte. Eine Reihe von Schusswaffenmündungen
ragten aus der Fassbrust hervor, und rasiermesserscharfe Klingen säumten Arme und Beine. Und doch
war die Goldrüstung nahtlos aufgebaut und bewegte
sich elegant und lässig. Die Metallgestalt war eindeutig lebendig. Owen blickte Dominik an.
»Was ist das bitte?«
»Es ist Ruhmhild«, antwortete Dominik. »Sie hat
ihren Vollzugskörper angelegt, organisches Metall
mit eingebauten Waffen. Wir alle verfügen heutzutage über viele Körper, erinnert Ihr Euch? Ich ziehe
mir auch gleich einen geeigneteren Körper an.«
»Und wie viele davon habt Ihr?«, fragte Owen
fasziniert.
»Siebenundzwanzig. Ruhmhild hat dreiundvierzig.
Unsere Arbeit erfordert Flexibilität. Wir bewahren
diese Körper im Subraumschließfach auf und holen
sie nach Bedarf hervor. Ihr habt doch nicht geglaubt,
ich würde ständig so aussehen, oder?«
Und einfach so verwandelte auch er sich in etwas
anderes. Immer noch im Grunde menschlich, immer
noch blassblau. Dominik steckte jetzt in einer perfekteren, einer idealisierten Gestalt. Etwas an diesem
neuen, gelassen lächelnden Gesicht und der subtilen
Körpersprache vermittelte Owen den Wunsch, allem
zuzuhören, was dieser neue Dominik zu sagen hatte.
Er wollte ihm zustimmen und ihm jeden Gefallen
tun. Owen schüttelte heftig den Kopf. Ein Großteil
der Körpersprache war unterschwellig und wirkte
direkt aufs Unterbewusstsein, aber Owen sah es
trotzdem deutlich und schüttelte es ab. Er funkelte
Dominik an, der entspannt lächelte.
»Glückwunsch«, sagte der Verteidiger mit einer
wundervoll warmen und freundlichen Stimme. »Die
meisten Menschen erkennen nicht mal, was ich tue,
geschweige denn, dass sie es so rasch abschütteln
würden. Als Verteidiger der Menschheit benutze ich
nur ungern Waffen. Ich ziehe subtilere Methoden
vor. Noch besteht die Möglichkeit, dass ich diese
Menschen von deLangfords Konditionierung befreien kann.«
»Wir suchen jetzt den Entladehangar auf«, verkündete Ruhmhild mit einer rauen summenden
Stimme, die Owen unwiderstehlich an einen Hadenmann erinnerte. »Wir beide gehen voraus. Ihr bleibt
hinter uns und schützt Euch selbst. Kommt uns nicht
in die Quere und bemüht Euch, nicht in Schwierigkeiten zu geraten.«
»Ihr kennt mich wirklich nicht«, sagte Owen Todtsteltzer.
Ruhmhild und Dominik gingen voraus durch die
glänzenden Stahlflure. Ruhmhilds schwere Metallschritte klangen laut in der Stille. Schon hatten die
drei so viele Abzweigungen und Biegungen hinter
sich gebracht, dass Owen sich hoffnungslos hätte
verirrt haben sollen, aber irgendwie hatte er es nicht.
Er spürte richtig die Form und Anlage des gesamten
Gefängnisses und seinen jeweiligen Standort darin.
Nachdem er Hazel in die Vergangenheit gefolgt war,
fiel ihm das hier leicht.
»Die Gefangenen sind auf nur einen Körper beschränkt«, erklärte Ruhmhild. »Und sie werden nur
solche Waffen zur Hand haben, die sie improvisieren
konnten.«
»Ich versuche zunächst, sie zu überreden«, sagte
Dominik. »Falls das nicht klappt, seid Ihr an der
Reihe, Investigator. Versucht, Schäden auf ein Mindestmaß zu begrenzen.«
»Natürlich, Verteidiger.«
Sie betraten den Entladehangar. Er war leer, breitete
sich als große, glänzende Höhle aus Stahl mit dem üblichen Zubehör vor ihnen aus. Ruhmhild stampfte
durch die Gegend und kontrollierte, ob alles im wünschenswerten Zustand war. Es hätte sie nicht überrascht, falls deLangford diesen Raum irgendwie mit
Sprengfallen versehen hätte, aber alles schien okay.
Dominik beugte sich über eine einzelne Steuerkonsole
und überzeugte sich davon, dass die Luftschleuse nach
wie vor gesichert war. Owen blickte sich nachdenklich
um. Er war fast sicher, dass er etwas gehört hatte. Dominik schüttelte unglücklich den perfekten Kopf.
»Ich hatte mir Sorgen gemacht, deLangfords Leute
hätten vielleicht ein Schiff gekapert und hergebracht,
damit ihrem Boss im Durcheinander die Flucht gelingt;
die Sensoren zeigen aber nur unser eigenes Schiff im
Orbit. Nur wir können es herabrufen, und wir beide
würden eher sterben, als das in uns gesetzte Vertrauen
zu verraten. DeLangford
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