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Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc

Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc

Titel: Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jojox
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trennen, denn wir lagen einander schluchzend in den Armen. Ich schaute Lilian in die Augen und versprach ihr, ein guter Junge zu sein und den Kontakt nicht abreißen zu lassen. Draußen machte Gordon die Autotür seines Chevy Nova auf und schleuderte meine Sachen auf den Rücksitz, ehe er mich einsteigen ließ.
    Als er aus der Einfahrt zurücksetzte, konnte ich deutlich sehen, wie Lilians schwarze Wimperntusche ihr die Wangen hinablief. Sie stand an demselben Wohnzimmerfenster, an dem ich so viele endlose Stunden wartend verbracht hatte - als ich auf die vage Möglichkeit wartete, dass Vater doch einmal zu Besuch käme. Und als ich Lilian zum letzten Mal zum Abschied winkte, ging mir plötzlich auf, dass sie und Rudy sich 205

    mehr um mich gesorgt und mich besser behandelt hatten als meine leiblichen Eltern.
    Minutenlang sprachen weder Gordon noch ich ein einziges Wort. Schließlich räusperte er sich. »Hey, Dave, ich weiß ja, dass das alles für dich sehr plötzlich kommt, aber, äh ...«
    »Aber warum nur?«, jammerte ich.
    Gordons Gesicht war vor Frustration ganz angespannt. »Hör mir mal gut zu!«, schnauzte er mich an. »Es ist selten, verdammt selten, dass ein Kind so lange wie du in einer Pflegefamilie bleibt. Das weißt du doch, oder? Und wie lange warst du da? Über ein Jahr?
    Herrje, das ist doch geradezu rekordverdächtig!«
    Ich sank in meinem Sitz zusammen, denn ich wusste ja, dass alles, was er sagte, stimmte. Ich hatte vieles viel zu lange für selbstverständlich gehalten. Ich drehte mich zum Fenster und sah zu, wie vertraute Teile der Stadt an mir vorbeihuschten.
    Gordon störte meine Konzentration. »Hey, David, ich hätte dich damit nicht so überfallen sollen. Das tut mir echt Leid. Ich vergesse manchmal einfach, wie es ist, wenn das einem Jungen in deiner Lage widerfährt. Sieh mal, ich hatte dich schon gestern einer anderen Pflegefamilie zugeteilt, aber dann wurde ich im Gericht aufgehalten, ehe ich dich abholen konnte. Und nun ...
    ja, nun ist da leider schon ein anderes Kind eingezogen und ... Verdammt noch mal, ich weiß einfach nicht, was ich jetzt mit dir machen soll.«
    »Dann bringen Sie mich doch einfach zurück zu den Catanzes«, schlug ich zaghaft vor.
    »Das geht leider nicht. Wie ich schon sagte, habe ich dich gestern schon offiziell bei den Catanzes abgemeldet, und das heißt, sie sind nicht mehr deine gesetzlichen Vormunde. Das alles ist ... ja, es ist sehr 206

    kompliziert und nur schwer zu erklären. Aber im Grunde läuft alles darauf hinaus, dass ich jetzt eine neue Unterbringung für dich finden muss.«
    Als Gordon so nach Worten rang, erstarrte mein Herz vor Angst. Plötzlich fiel mir ein, dass ich mein Fahrrad vergessen hatte und, was mir fast noch wichtiger war, meine kleine Schildkröte. Gordon lachte, als ich es ihm erzählte, darum knuffte ich ihn wie zum Scherz in den Arm. Er wusste schon, wie viel mir meine Sachen bedeuteten, aber wir wussten beide, dass es jetzt viel wichtiger war, erst mal eine neue Bleibe für mich zu finden.
    Gordon legte einen Zwischenstopp bei sich zu Hause ein. Schnell klebte ihm der Telefonhörer beinahe am Ohr fest, als er händeringend versuchte, diverse Pflegeeltern am anderen Ende der Leitung zu überreden, mich aufzunehmen, und sei es nur für ein paar Tage. Nach mehreren Stunden knallte er frustriert den Hörer auf die Gabel. »Verdammt noch mal«, sagte er. »Dass es aber auch nie genug Pflegefamilien gibt!
    Und alle, die wir haben, sind voll besetzt! « Ich beobachtete ihn, als er erneut zum Telefon stürmte. Ein paar Sekunden später änderte sich sein Ton. Obwohl er mit dem Rücken zu mir stand, konnte ich ihn ruhig und leise fragen hören: »Wie stark ist der A-Flügel belegt?
    Ja? Okay, dann haltet mal ein Bett für Pelzer frei. Nein, nein, er ist sauber, keinerlei Vorwürfe. Ich versuche nur gerade händeringend, ihn irgendwo unterzubringen, und ich habe einfach nicht genug Familien. Okay, danke. Ich rufe noch mal an, bevor wir kommen.«
    Als Gordon sich zu mir umdrehte und mich ansah, merkte er, dass ich bereits wusste, was nun auf mich zukam. »Das tut mir wirklich Leid, David, aber ich weiß einfach nicht mehr, was ich sonst noch machen soll.«

    207

    Ich war mental so erschöpft, dass mir inzwischen schon alles egal war. So seltsam es klingt, aber ich freute mich sogar schon ein wenig auf die Routine im Hill und auf das Wiedersehen mit Betreuern wie Carl Miguel. Aber ehe ich Gordon noch sagen konnte, er solle mich doch

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