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Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc

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Titel: Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jojox
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der Mädchen ins Zimmer legen. Gibt es denn keine andere ... «

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    Mein Herz schmerzte. Ich wollte unbedingt bei Alice bleiben. Meine Augen wurden wässrig, als ich zum Sozialarbeiter aufsah, der einen Augenblick lang zögerte. Dann wandte ich mich Alice zu, die genauso zögerlich zu agieren schien. Alice schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube nicht, dass das gut wäre für David, ich meine ... «
    Es folgte eine lange Stille. Ich ließ Alice los und starrte auf den Teppich. »Na gut«, sagte Alice - in einem Ton, der ahnen ließ, dass sie kapitulierte. »Können Sie mir denn wenigstens sagen, wie lange er voraussichtlich hier bleiben soll? Ich denke, ich kann ihn noch mal auf dem Sofa unterbringen. Das heißt, wenn dir das nicht gar zu viel ausmacht, David. «
    Lange kniff ich die Augen zusammen. Mir schwirrten unendlich viele Gedanken im Kopf herum. Es war mir ganz egal. Es war mir ganz egal, ob ich auf dem Sofa schlafen musste oder auf einem Nagelbett. Ich wollte nur endlich an einem Ort bleiben, den ich mein Zuhause nennen konnte.

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9. Kapitel
Zu Besuch nebenan

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    Bei den Turnboughs lebte ich nun auf Abruf, von Tag zu Tag. Aus Tagen wurden Wochen, und immer noch war keine Nachricht da, wo ich endgültig bleiben sollte.
    Frustriert meldete mich Alice wieder in der Parkside Junior High School an. Aber so glücklich ich auch war, meine alten Lehrer wieder zu sehen, ich hatte immer noch das Gefühl, als hinge eine dunkle Wolke über mir.
    Ich hatte regelrecht Angst davor, nach der Schule wieder Alices Haus zu betreten. Ich schaute immer erst einmal vorsichtig um die Ecke, ob da auch kein Dienstwagen des Kreises vor der Tür stand. Denn ich wusste ja, dass man mich schon bald wieder woanders hinfahren wollte. Jeden Tag lag ich Alice vor lauter Angst verzweifelt in den Ohren. Sie möge doch herausfinden, ob es von Seiten Gordon Hutchensons 234

    irgendetwas Neues gebe. Ich wollte einfach Bescheid wissen.
    Als dann aus Wochen Monate wurden, schlief ich immer noch auf dem Sofa und lebte immer noch aus meiner Tüte. Meine Kleidung war verschwitzt und roch nicht mehr gut, weil ich mich immer erst am Samstagnachmittag nach drei Uhr oder am Sonntag traute, etwas zu waschen - ich wusste nämlich, dass ich dann davor sicher war, woanders hingebracht zu werden. Nachdem ich meine kleine Schildkröte bei den Catanzes vergessen hatte, wollte ich auf jeden Fall vermeiden, noch einmal irgendwo etwas zu verlieren.
    Jeden Abend, wenn alle zu Bett gegangen waren, betete ich auf meinem Sofa, am morgigen Tag möge Gordon doch bitte über mein weiteres Schicksal entscheiden.
    Eines Tages nach der Schule sollte ich mich auf einmal zu Alice setzen. Ich schluckte schwer und stählte mich für die schlechte Nachricht, die jetzt unweigerlich kommen würde. Aber es lag immer noch keine amtliche Entscheidung vor. Alice informierte mich vielmehr über etwas anderes: Ich sollte am nächsten Tag einen Psychiater aufsuchen. Ablehnend schüttelte ich den Kopf. Alice erklärte mir, sie wisse über meine Probleme mit dem früheren Psychiater Bescheid. Dabei hatte ich ihr nie davon berichtet. »Sie haben also mit meinem Bewährungshelfer gesprochen. Und er hatte immer noch keine Zeit, mich mal zu besuchen?«, fragte ich. Ich fühlte mich bloßgestellt und beschämt.
    Alice erzählte mir, dass sie daran arbeite zu erreichen, dass ich auf Dauer bei ihr untergebracht würde. Allerdings würde es noch eine Weile dauern, bis sie die Lizenz bekäme, auch jungen zu beherbergen.

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    »Aber mach dir mal keine Sorgen«, sagte sie. »Harold und ich haben beschlossen, dass wir dich gern noch länger behalten würden, für eine längere Zeit. «
    Ohne zu zögern, gab ich Alice einen Kuss. Dann überdachte ich ihre letzte Äußerung und runzelte die Stirn.
    »Sie meinen also, dass Harold auch will, dass ich hier bleibe?«
    Alice lachte. »Nur weil Harold nicht so viel mit dir redet, heißt das noch lange nicht, dass er dich nicht gern hat. Er tut sich nur sehr schwer damit, dich zu verstehen. Und ehrlich gesagt, glaube ich, dass das vielen Leuten so gehen würde. Aber auf mein Wort, wenn Harold dich nicht hier haben wollte, dann wärest du nicht hier.« Sie legte ihre großen Hände um meine dünnen Finger. »Der >alte Leo< mag dich viel lieber, als du weißt.«
    Alices Erläuterung von Harolds Einstellung bedeutete mir die Welt. Denn seit ich damals so dumm dahergeredet und Harold gesagt hatte, ich würde gern ein Zimmer mit einem Mädchen teilen,

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