Middlesex
bevor wir geboren werden.
Der folgende Donnerstag war heiß. Es war einer jener schwülen Tage, da die Atmosphäre durcheinander gerät. Wenn man auf der Veranda saß, spürte man es: Die Luft wünschte, sie wäre Wasser. Das Objekt war in jeder Art von Hitze lahm. Sie behauptete, ihre Knöchel seien geschwollen. Den ganzen Vormittag war sie eine anstrengende Gefährtin gewesen, fordernd, mürrisch. Als ich mich gerade anzog, trat sie aus dem Badezimmer und beschuldigte mich schon in der Tür: »Was hast du mit dem Shampoo gemacht?«
»Ich hab gar nichts damit gemacht.«
»Ich habe es auf dem Fenstersims stehen lassen. Außer mir bist du die Einzige, die es benutzt.«
Ich drückte mich an ihr vorbei und ging über den Flur. »Da ist es, in der Wanne«, sagte ich.
Das Objekt nahm es mir aus der Hand. »Ich fühle mich total ekelhaft und klebrig!«, sagte sie als Entschuldigung. Dann ging sie unter die Dusche, während ich mir die Zähne putzte. Schon bald erschien ihr ovales Gesicht, der Duschvorhang fest darum herum. Sie sah glatzköpfig und glupschäugig wie ein Alien aus.
»Tut mir Leid, dass ich heute so zickig bin«, sagte sie. Ich putzte weiter, ließ sie ein bisschen leiden.
Die Stirn des Objekts legte sich in Falten, und ihre Augen wurden flehentlich und weich. »Findest du mich widerlich?«
»Ich überlege noch.«
»Du bist ja so gemein!«, sagte sie mit einem komisch-bösen Blick und schlug den Vorhang zu.
Nach dem Frühstück saßen wir auf der Verandaschaukel, tranken Limonade und schwangen vor und zurück, um uns ein Lüftchen zu verschaffen. Ich hatte die Füße am Geländer und stieß uns ab. Das Objekt war seitlich ausgestreckt, die Beine über meinem Schoß, der Kopf auf der Armlehne der Schaukel. Sie trug abgeschnittene Jeans, so kurz, dass sie das Weiß des Taschenstoffs freigaben, und ihr Bikinioberteil. Ich steckte in Khaki-Shorts und einem weißen Alligator-Hemd.
Vor uns glitzerte silbern die Bucht. Die Bucht hatte Schuppen wie die Fische in ihr drin.
»Manchmal habe ich es richtig satt, einen Körper zu haben«, sagte das Objekt.
»Ich auch.«
»Du auch?«
»Besonders wenn es so heiß ist wie jetzt. Sich einfach nur zu bewegen ist die reine Folter.«
»Und ich hasse Schwitzen.«
»Ich finde Schwitzen unerträglich«, sagte ich. »Lieber würde ich hecheln wie ein Hund.«
Das Objekt lachte. Sie lächelte mich verwundert an. »Du verstehst alles, was ich sage«, sagte sie. Sie schüttelte den Kopf. »Warum kannst du bloß kein Typ sein?«
Ich zuckte die Achseln, deutete damit an, dass ich keine Antwort wusste. Ich entdeckte keine Ironie. Das Objekt auch nicht.
Sie betrachtete mich, die Augen unter tiefen Lidern. In der Helligkeit des Tages mit den Hitzeschwaden, die von dem sengenden Gras aufstiegen, wirkten sie sehr grün, selbst wenn sie nur Schlitze waren, Halbmonde. Ihr Kopf an der Armlehne war vorgebeugt; um mich zu sehen, musste sie ihn heben. Das gab ihr etwas Zänkisches. Ohne den Blick von mir zu nehmen, verlagerte sie die Beine, spreizte sie etwas.
»Du hast ganz unglaubliche Augen«, sagte sie.
»Deine sind richtig grün. Die sehen fast unecht aus.«
»Sie sind unecht.«
»Hast du Glasaugen?«
»Ja, ich bin blind. Ich bin Teiresias.«
Das war eine neue Art, es zu tun. Wir hatten sie gerade erst herausgefunden. Einander in die Augen zu schauen war eine andere Art, sie geschlossen zu halten, oder jedenfalls fern von den nahe liegenden Details. Wir stellten uns aufeinander ein. Inzwischen hatte das Objekt die Beine ganz sachte angezogen. Ich registrierte, wie sich der Hügel in ihren abgeschnittenen Jeans mir entgegenhob, nur ein wenig, sich hob und sich anbot. Ich legte dem Objekt die Hand flach auf den Schenkel. Und während wir weiterschaukelten, uns nicht aus den Augen lassend, und die Grillen im Gras ihre Geigen spielten, glitt ich mit der Hand seitlich hinauf, dahin, wo die Beine des Objekts sich vereinten. Mein Daumen schob sich unter ein Hosenbein. Ihr Gesicht zeigte keine Reaktion. Die grünen Augen unter den schweren Lidern blieben unverwandt auf meine gerichtet. Ich spürte den Flaum ihrer Unterhose und drang weiter vor, unter den Gummizug. Und dann, mit weit geöffneten und auf diese Weise in Gewahrsam genommenen Augen, glitt mein Daumen in sie hinein. Sie blinzelte, schloss kurz die Lider, hob die Hüfte höher, und ich wiederholte es. Und noch einmal. Die Boote in der Bucht gehörten dazu, auch die Streicherriege der Grillen in dem sengenden Gras und
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