Middlesex
schoss den Rücken hoch und schlug in meinem Kopf eine Glocke an, und ich stürzte mich in blinder Wut auf Jerome. Er war größer als ich, aber unvorbereitet. Ich schlug ihm ins Gesicht. Er versuchte mir auszuweichen, doch ich rammte ihn mit einer Wucht, die ihn zu Boden riss. Ich setzte mich ihm auf die Brust, drückte ihm mit den Beinen die Arme nieder. Schließlich wehrte Jerome sich nicht mehr. Er lag auf dem Rücken und bemühte sich, belustigt dreinzuschauen.
»Wann immer du fertig bist«, sagte er.
Es war ein erhebendes Gefühl, auf ihm drauf zu sein. Pleitegeier hatte mich mein Leben lang so festgehalten. Das war nun das erste Mal, dass ich es mit jemand anderem machte, zumal mit einem Jungen, der älter war als ich. Meine langen Haare fielen Jerome ins Gesicht. Ich schwenkte sie hin und her, kitzelte ihn. Dann fiel mir etwas ein, was mein Bruder immer gemacht hatte.
»Nein«, schrie Jerome. »Lass das. Nicht!«
Ich ließ sie fallen. Wie einen Regentropfen. Wie eine Träne. Doch es war keines von beiden. Die Spucke klatschte Jerome genau zwischen die Augen. Und dann tat sich die Erde unter uns auf. Mit einem Au fschrei bäumte Jerome sich hoch, sodass ich nach hinten fiel. Meine Überlegenheit hatte nur kurz gewährt. Jetzt blieb mir nur die Flucht.
Ich rannte über die Veranda. Ich sprang die Stufen hinunter und schoss barfuß über den Rasen. Jerome verfolgte mich in seinem Dracula-Aufzug. Er blieb stehen, um seine Jacke abzuwerfen, wodurch sich der Abstand zwischen uns vergrößerte. Ich raste durch die Gärten der Nachbarhäuser, duckte mich unter Kiefernzweigen weg. Ich umkurvte Büsche und Barbecues. Die Kiefernnadeln gaben meinen Füßen guten Halt. Schließlich erreichte ich das freie Feld und sauste hinein. Ich drehte mich nach Jerome um, er holte auf.
Wir jagten durch das hohe gelbe Gras entlang der Bucht. Ich sprang über den historischen Gedenkstein, schürfte mir den Fuß auf, hüpfte vor Schmerzen und rannte weiter. Jerome überwand ihn ohne Schwierigkeit. Am anderen Ende des Feldes war die Straße, die zum Haus zurückführte. Wenn ich es über den Hügel schaffte, konnte ich umkehren, ohne dass Jerome mich sah. Dann konnten das Objekt und ich uns in ihrem Zimmer verbarrikadieren. Ich erreichte den Hügel und arbeitete mich hinauf. Jerome lief mit finsterer Miene hinter mir her, weiter aufholend.
Wir waren wie Läufer auf einem Fries. Im Profil, mit stampfenden Schenkeln und stoßenden Armen, stoben wir durch das Gras, das die Schienbeine peitschte. Als ich am Fuß des Hügels ankam, schien Jerome langsamer zu werden. Mit einer Hand winkend, gestand er seine Niederlage ein. Er winkte und schrie etwas, was ich nicht verstand...
Der Traktor war gerade auf die Straße eingebogen. Hoch oben auf seinem Sitz sah der Fahrer mich nicht. Ich blickte mich um, nach Jerome. Und als ich mich wieder nach vorn drehte, war es zu spät. Direkt vor mir war das Traktorrad. Ich prallte dagegen. In dem Terracottastaub wurde ich in hohem Bogen durch die Luft geschleudert. Auf dem Scheitelpunkt des Bogens sah ich die erhobenen Pflugscharen, das erdverklumpte Metall der Korkenzieher, und dann war das Rennen gelaufen.
Ich erwachte auf der Rückbank eines fremden Autos. Einer Schrottkiste, über den Sitzen Decken. An der Heckscheibe ein Aufkleber mit einer am Haken zappelnden Forelle. Der Fahrer trug eine rote Kappe. Die kleine unbedeckte Stelle über dem verstellbaren Hutband zeigte den ausrasierten Haaransatz seines furchigen Nackens.
Mein Kopf fühlte sich weich an, wie in Mull gepackt. Ich war in eine alte steife, mit Heu gespickte Decke gewickelt. Ich drehte den Kopf, blickte hoch und sah etwas Schönes. Ich sah das Gesicht des Objekts von unten. Mein Kopf lag auf ihrem Schoß. Meine rechte Wange schmiegte sich an das warme Polster ihres Bauchs. Sie war noch immer in Bikinitop und abgeschnittenen Jeans. Sie hielt die Knie gespreizt, und ihre roten Haare fielen über mich und verdunkelten alles. Ich starrte durch diesen kastanienbraunen oder ochsenblutroten Raum und sah, was ich von ihr sehen konnte, das dunkle Riemchen ihres Badeoberteils, die vorstehenden Schlüsselbeine. Sie kaute an einer Nagelhaut. Es würde bluten, wenn sie weitermachte. »Schnell«, sagte sie jenseits des Haarwasserfalls. »Beeilen Sie sich, Mr. Burt.«
Das war der Farmer, der da fuhr. Der Farmer, gegen dessen Traktor ich gelaufen war. Ich hoffte, er würde nicht auf sie hören. Ich wollte nicht, dass er sich beeilte. Ich wollte,
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