Midkemia Saga 01 - Der Lehrling des Magiers
unter den Meistern. So weiß ich ein wenig von eurer Sorge.«
Pug platzte heraus: »Aber du bist nicht bei den anderen Meistern!«
Martin schüttelte den Kopf. Ein reumütiger Ausdruck zog über sein ebenmäßiges Gesicht. »Ich hatte gehofft, daß euch angesichts eurer Sorgen das Offensichtliche entgehen würde. Aber du hast einen scharfen Verstand, Pug.«
Tomas brauchte eine Weile, bis er begriff, wovon die beiden sprachen. »Dann wählst du keine Lehrlinge aus!«
Martin legte einen Finger an die Lippen. »Kein Wort, Bursche. Nein, mit dem jungen Garret, den ich im letzten Jahr wählte, habe ich jetzt eine vollständige Gruppe von Fährtenlesern.
Tomas war enttäuscht. Mehr als alles andere wünschte er sich, bei Schwertmeister Fannon in den Dienst zu treten. Aber sollte er nicht als Soldat gewählt werden, dann hätte er das Leben eines Försters, unter Martin, vorgezogen. Jetzt war ihm seine zweite Wahl versagt. Er grübelte einen Augenblick. Dann erhellte sich ein Gesicht: Vielleicht hatte Martin ihn nicht ausgewählt, weil Fannon es bereits getan hatte.
Pug bemerkte den Wechsel von Hochstimmung und Traurigkeit bei seinem Freund und wandte sich an Martin. »Du warst mehr als einen Monat lang nicht mehr in der Burg, Martin. Wo hast du dich aufgehalten?«
»Ich war in Elvandar. Königin Aglaranna hat jetzt zwanzig Jahre lang um ihren Gatten, den Elbenkönig, getrauert, und es gab ein großes Fest.«
Die Antwort überraschte Pug. Für ihn - wie für die meisten Menschen in Crydee - waren die Elben nur eine Legende. Aber Martin hatte seine Jugend nahe den Elbenwäldern verbracht und war einer der wenigen Menschen, die nach Belieben in diese Wälder im Norden kommen durften. Auch das war etwas, was Martin Langbogen von den anderen unterschied. Während Martin mit den Knaben schon früher elbenhafte Kunde geteilt hatte, so war es jetzt das erste Mal, daß er von seiner Beziehung zu den Elben sprach. Pug stammelte:
»Du hast mit der Elbenkönigin gefeiert?«
»Nun ja, ich saß an dem Tisch, der am weitesten vom Thron entfernt war.
Aber ich war da.« Er bemerkte die ungestellte Frage in ihren Augen und fuhr fort: »Wißt ihr, als Knabe wurde ich von den Mönchen aus Silbans Abtei großgezogen. Das ist in der Nähe des Elbenwaldes. Ich spielte mit Elbenkindern, und ehe ich hierher kam, jagte ich mit Prinz Calin und seinem Cousin Galain.«
Tomas konnte vor Aufregung kaum still halten. Elben hatten für ihn etwas besonders Faszinierendes an sich. »Hast du König Aidan gekannt?«
Martins Augen wurden schmal und sein Verhalten plötzlich steif. Tomas bemerkte Martins Reaktion. »Tut mir leid, Martin Habe ich etwas Falsches gesagt?«
Martin wischte die Entschuldigung beiseite. »Nicht deine Schuld, Tomas. Die Elben sprechen die Namen derjenigen nicht mehr aus, die zu den Gesegneten Eilanden gegangen sind, schon gar nicht mehr, wenn sie zu früh gestorben sind. Sie glauben, daß man, wenn man es tut, die Reisenden von ihrer Fahrt dorthin zurückruft und ihnen damit die letzte Ruhe verwehrt. Ich respektiere ihren Glauben.
Um jetzt deine Frage zu beantworten: Ich habe ihn nie gesehen. Er wurde getötet, als ich noch ein kleiner Junge war. Aber ich habe die Geschichten seiner Taten gehört, und er war ein guter und weiser König.« Martin sah sich um. »Es geht auf Mittag zu. Wir sollten in die Burg zurückkehren.«
Er schritt auf den Pfad zu, und die Jungs gingen neben ihm her. »Wie war das Fest, Martin?« wollte Tomas wissen.
Pug seufzte, als der Jäger anfing, von den Wundern Elvandars zu erzählen.
Auch ihn faszinierten die Geschichten über die Elben, aber nicht annähernd so sehr wie Tomas. Martins Stimme plätscherte dahin, und Pugs Gedanken wanderten erneut zu der bevorstehenden Auswahl. Immer wieder sagte er sich, daß er keinen Grund zur Sorge hatte, aber es war nutzlos: Er machte sich Sorgen! Er ertappte sich dabei, daß er dem kommenden Nachmittag mit Furcht entgegensah.
Die Knaben standen im Hof. Es war Mittsommer, der Tag, der ein Jahr beendete und ein neues beginnen ließ. Heute wurde Jeder im Schloß ein Jahr älter. Für die älteren Knaben war das sehr wichtig, denn heute war der letzte Tag ihrer Jungenzeit. Heute war die Auswahl.
Pug zupfte am Kragen seiner neuen Tunika. Sie war nicht wirklich neu - es war eine alte von Tomas - aber die neueste, die Pug jemals besessen hatte.
Magya, Tomas’ Mutter, hatte sie für den kleineren Jungen fertig gemacht, um sicherzustellen, daß er sich
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