Midkemia Saga 01 - Der Lehrling des Magiers
in den Bergen westlich von Düstermoor hatte sie ein Sturm von ungewöhnlicher Stärke überrascht. Als sie noch einen halben Tagesritt von Salador entfernt waren, stießen sie auf eine Patrouille der Stadtwache. Der Hauptmann ritt vor. Er zügelte sein Pferd und rief: »Was bringt die prinzliche Garde in die Lande Saladors?« Zwischen den beiden Städten bestand keine Freundschaft, und die Krondorer ritten ohne Banner. Sein Ton ließ keinen Zweifel daran, daß er ihre Anwesenheit hier als Eindringen in sein Hoheitsgebiet ansah. Herzog Borric warf seinen Umhang zurück und zeigte so seinen Heroldsrock. »Bringt Eurem Herrn Kunde, daß sich Borric, Herzog aus Crydee, der Stadt nähert und die Gastfreundschaft von Lord Kerus in Anspruch zu nehmen gedenkt.«
Der Gardehauptmann war verblüfft. Er stammelte: »Ich bitte um Vergebung, Euer Gnaden. Ich hatte keine Ahnung… da war kein Banner…«
Trocken bemerkte Arutha: »Wir haben es vor geraumer Zeit in einem Forst verlegt.«
Der Hauptmann schien verwirrt. »Herr?«
»Schon gut. Hauptmann. Bitte überbringt Eurem Herrn jetzt die Nachricht«, sagte Borric.
Der Hauptmann salutierte. »Unverzüglich, Euer Gnaden.« Er wendete sein Pferd und bedeutete einem Reiter, vorzukommen. Dann erteilte er ihm seine Weisungen, und der Soldat sprengte auf seinem Pferd der Stadt zu.
Der Hauptmann wandte sich erneut dem Herzog zu. »Wenn Euer Gnaden gestatten: Meine Männer stehen Euch zur Verfügung.«
Der Herzog betrachtete die von der Reise erschöpften Krondorer, die allesamt die Verlegenheit des Hauptmanns zu genießen schienen. »Ich denke, dreißig Waffenträger sind genug, Hauptmann. Die Stadtwache Saladors ist dafür bekannt, daß sie die Umgebung der Stadt frei von Räubern hält.«
Der Hauptmann, der nicht erkannte, daß man sich über ihn lustig machte, schien sich bei diesen Worten aufzublasen. »Habt Dank, Euer Gnaden. Zu gütig.«
Der Herzog erklärte: »Ihr und Eure Männer mögt Eure Patrouille fortsetzen.«
Der Hauptmann salutierte erneut und kehrte zu seinen Mannen zurück. Er erteilte lautstark den Befehl aufzubrechen, und die Kolonne bewegte sich an der Gruppe des Herzogs vorbei. Im Vorüberreiten befahl der Hauptmann einen Salut, und die Lanzen wurden vor dem Herzog gesenkt. Borric erwiderte dies mit einem faulen Winken. Als dann die Wachen vorübergezogen waren, sagte er: »Genug dieser Narretei. Laßt uns nach Salador einziehen.«
Als sie bei Sonnenuntergang die Stadt erreichten, säumte eine ganze Kompanie der persönlichen Wache Herzog Kerus’ die Straßen zum Palast. Wie auch in Krondor gab es hier kein Schloß, denn der Bedarf nach einer kleinen, leicht zu verteidigenden Burg war geschwunden, als die Lande in der Umgegend zivilisierter wurden.
Als sie durch die Stadt ritten, erkannte Pug, wie sehr Crydee doch eine Grenzstadt war. Trotz Herzog Borrics politischer Macht war er doch immer noch der Herrscher über eine Grenzprovinz.
In den Straßen drängten sich gaffende Städter, die den Herzog aus der fernen Küstenstadt bestaunten. Ein paar jubelten, denn es war wie eine Parade. Aber die meisten standen still. Sie waren enttäuscht, weil der Herzog und seine Männer genauso aussahen wie andere Leute, und nicht wie blutrünstige Barbaren.
Als sie den Palasthof erreichten, eilten Hausdiener herbei, um ihre Pferde entgegenzunehmen. Ein Wachmann führte die Soldaten aus Krondor zu den Militärunterkünften, wo sie sich ausruhen sollten, ehe sie in die Stadt des Prinzen zurückkehren würden. Ein anderer, mit dem Abzeichen eines Hauptmanns an seiner Tunika, führte Borrics Gruppe die Stufen zum Haus hinauf.
Pug schaute sich staunend um, denn dieser Palast war sogar noch größer als der des Prinzen in Krondor. Sie kamen durch mehrere Vorräume, ehe sie den Innenhof erreichten. Brunnen und Bäume zierten hier einen Garten, hinter dem sich der eigentliche Palast befand. Pug erkannte, daß das Gebäude, durch das sie gekommen waren, nichts weiter als eine Reihe von Unterkünften war, die die Wohngemächer des Herzogs umgaben. Er fragte sich, wozu Lord Kerus so viele Gebäude und Bedienstete benötigen mochte.
Sie durchquerten den Garten und erklommen eine weitere Treppe, an der ganz oben in der Eingangstür des eigentlichen Palastes ein Empfangskomitee stand.
Pug konnte das Gebäude nicht als Burg bezeichnen. Vielleicht war er das vor langer Zeit einmal gewesen, aber jetzt ging von dem Palast nichts burgähnliches mehr aus.
Herzog Kerus’
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