Midkemia Saga 01 - Der Lehrling des Magiers
•werden wir die Streitkräfte in die Burgen des Südens zurückschicken, wo sie bereit sein werden, wenn die Tsuranis Carse oder Tulan im nächsten Frühjahr angreifen sollten.«
»Ein kühner Plan, Hoheit.« Gardan salutierte und verließ die Mauer, gefolgt von Algon.
Amos Trask meinte: »Eure Kommandeure sind vorsichtige Männer, Hoheit.«
»So stimmt Ihr meinem Plan also zu?«
»Wenn Crydee fällt, was macht es dann noch, ob Carse oder Tulan fallen?
Wenn es nicht in diesem Jahr geschieht, dann gewiß im nächsten. Wie der Mann schon sagte, es ist ein kühner Plan. Trotzdem, noch nie ist ein Schiff gekapert worden, ohne daß man ganz nahe an Bord kam. Ihr habt das Zeug zu einem feinen Korsaren, Hoheit, solltet Ihr es einmal müde werden, Prinz zu sein.«
Arutha betrachtete Amos Trask mit einem skeptischen Lächeln. »Korsar also, was? Ich dachte, Ihr hättet behauptet, ein ehrlicher Händler zu sein.«
Amos sah ein wenig betrübt aus. Doch dann lachte er herzhaft. »Ich habe nur gesagt, ich hätte eine Ladung für Crydee, Hoheit. Ich habe nie gesagt, wie ich dazu gekommen bin.«
»Nun, wir haben jetzt keine Zeit für Eure Piratenvergangenheit.«
Amos schien verletzt. »Kein Pirat, Herr. Die Sidonie führte Kaperbriefe aus Groß Kesh mit, die uns vom Gouverneur von Durbin übergeben worden waren.«
Arutha lachte. »Natürlich! Und jedermann weiß schließlich, daß es keine besseren, gesetzestreueren Männer auf hoher See gibt als die Kapitäne von Durbins Küsten.«
Achselzuckend meinte Amos: »Sie neigen schon dazu, eine harte Gruppe zu sein.«
Hörner und Trommeln erschollen, und mit kreischendem Kriegsgebrüll näherten sich die Tsuranis. Die Verteidiger warteten. Dann, als die angreifende Menge die unsichtbare Grenze überschritt, die die äußere Reichweite der Kriegsmaschinerie des Schlosses kennzeichnete, regnete der Tod auf die Tsuranis herab. Immer noch kamen sie.
Sie überquerten die zweite, unsichtbare Linie, die die äußere Reichweite der Bogenschützen aus dem Schloß kennzeichnete. Unzählige weitere starben.
Aber immer noch kamen sie.
Die Angreifer erreichten die Mauern, und die Verteidiger schleuderten Steine auf sie hinab. Dann stürzten sie ihre Sturmleitern um. Aber immer noch kamen weitere.
Schnell befahl Arutha eine Umgruppierung seiner Reserven und trug ihnen auf, sich in der Nähe der Stellen bereitzuhalten, an denen am heftigsten angegriffen wurde. Die Männer beeilten sich, seine Befehle auszuführen.
Oben auf der westlichen Mauer, im dicksten Kampfgetümmel stehend, beantwortete Arutha Angriff mit Angriff. Er schlug einen Krieger nach dem anderen zurück, als sie die Mauer stürmten. Selbst mitten im Kampf war Arutha sich der Szene um ihn her bewußt. Er erteilte Befehle, hörte die Antworten, sah, was andere taten. Er sah Amos Trask, unbewaffnet, einem Tsurani mit aller Kraft ins Gesicht schlagen, so daß er kopfüber von der Mauer stürzte. Dann bückte sich Trask und hob vorsichtig sein Entermesser auf, als hätte er es einfach fallen lassen, während er über die Mauer spazierte. Gardan bewegte sich unter ihnen, redete den Verteidigern zu und trieb die Männer über den Punkt hinaus, an dem sie normalerweise aus schierer Erschöpfung heraus aufgegeben hätten.
Arutha half zwei Soldaten, eine weitere Sturmleiter fortzustoßen. Dann starrte er in momentaner Verwirrung auf einen der Männer, der sich langsam umdrehte und sich ihm zu Füßen setzte. Sein Gesicht zeigte Überraschung, als er auf den Tsurani-Schaft schaute, der in seiner Brust steckte. Der Mann lehnte sich rücklings an die Wand und schloß die Augen, als hätte er beschlossen, für kurze Zeit zu schlafen.
Arutha hörte jemanden seinen Namen rufen. Gardan stand ein paar Schritte von ihm entfernt und wies auf den nördlichen Teil der Westmauer. »Sie haben die Mauer erklommen!«
Arutha rannte an Gardan vorbei und rief: »Befehlt den Reserven zu folgen!«
Er raste auf der Mauer entlang, bis er die Schneise in der Verteidigung erreichte. Ein Dutzend Tsuranis hielten jedes Ende des Mauerabschnitts besetzt und drängten vorwärts, um einen Weg für ihre nachfolgenden Kameraden zu bereiten. Arutha drängte sich in die erste Reihe vor, an müden und überraschten Soldaten vorbei, die auf den Zinnen zurückgetrieben wurden.
Dann setzte Arutha über den ersten Tsurani-Schild hinweg und packte den Mann bei der Kehle. Das Gesicht des Tsurani drückte Entsetzen aus. Dann fiel er rücklings in den Hof hinunter.
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