Midkemia Saga 01 - Der Lehrling des Magiers
in seine eigenen Sorgen. Seit er vor vierzehn Monaten als Lehrling bei Kulgan eingetreten war, schien alles, was er tat, schiefzugehen.
Er legte sich auf seinem Strohlager zurück und bedeckte mit dem Arm die Augen. Alles in seinem Leben hatte sich zum Besseren gewandt, seit er Lehrling war. Nur das Wichtigste nicht; seine Studien.
Monatelang hatte sich Kulgan bemüht, ihm die Grundzüge der magischen Künste beizubringen, aber immer hatte irgend etwas dafür gesorgt, daß seine Anstrengungen fehlschlugen. In der Theorie war Pug ein flinker Schüler, der die Grundgedanken schnell erfaßte. Aber jedesmal, wenn er versuchte, sein Wissen einzusetzen, schien ihn etwas zurückzuhalten. Es war, als ob ein Teil seines Hirnes sich weigern würde, mit der Magie zu arbeiten. Jedesmal, wenn er es versuchte, spürte er, wie er sich einem Punkt näherte, aber wie ein Reiter auf einem widerspenstigen Pferd schien er die Hürde nicht nehmen zu können.
Kulgan winkte ab, wenn er ihm von seinen Sorgen erzählte, und erklärte, daß sich mit der Zeit alles regeln würde. Der beleibte Magier hatte immer Mitleid mit dem Jungen. Er machte ihm niemals Vorwürfe, daß er keine besseren Leistungen erbrachte, denn er wußte, daß der Junge es ernstlich versuchte.
Pug wurde aus seinen Träumen gerissen, als jemand die Tür öffnete. Er blickte auf und sah Pater Tully mit einem dicken Buch unier dem Arm eintreten. Die weiße Robe des Kirchenmannes raschelte, als er die Tür schloß.
Pug setzte sich auf.
»Pug, es ist Zeit für deine Schreibstunde.« Er brach ab, als er den niedergeschlagenen Ausdruck auf dem Gesicht des Jungen sah. »Was ist denn los, mein Junge?«
Pug halte den alten Priester Astalons gern. Er war ein strenger, aber gerechter Lehrmeister. Er lobte den Jungen ebenso häufle für seine Erfolge, wie er ihn eines Versagens wegen schalt. Er hatte einen schnellen Verstand und eine Portion Humor und begegnete allen Fragen offen, ganz gleich, wie dumm sie sich für Pugs Ohren auch anhören mochten.
Pug stand auf und seufzte. »Ich weiß nicht, Pater. Ich finde bloß, die Dinge scheinen nicht so recht zu laufen. Immer, wenn ich etwas versuche, bringe ich alles durcheinander.«
»Pug, du darfst nicht immer so schwarz sehen«, meinte der Priester und legte eine Hand auf Pugs Schulter. »Warum erzählst du mir nicht einfach, was dich beunruhigt. Wir können auch ein anderes Mal Schreibübungen machen.« Er schritt zu einem Hocker neben dem Fenster und ordnete seine Robe um sich, als er Platz nahm. Dann legte er das große Buch zu seinen Füßen nieder und musterte den Jungen.
Pug war im vergangenen Jahr gewachsen, aber immer noch ziemlich klein.
Seine Schultern wurden allmählich ein bißchen breiter, und sein Gesicht zeigte Spuren des Mannes, der er einmal sein würde. Er gab ein trübsinniges Bild ab, wie er in seiner selbstgemachten Tunika und den selbstgenähten Hosen so dastand. Seine Stimmung war genauso grau wie der Stoff, den er trug. In seinem Zimmer, das für gewöhnlich sauber und ordentlich war, herrschte jetzt ein wildes Durcheinander von Büchern und Schriftrollen. Es war ein Abbild des Wirrwarrs seiner Gedanken.
Einen Augenblick blieb Pug schweigend sitzen, aber als der Priester nichts weiter sagte, fing er zu sprechen an. »Erinnert Ihr Euch, daß ich Euch erzählte, daß Kulgan versucht hat, mir die drei ersten Zaubersprüche zur Beruhigung des Geistes beizubringen, damit man ohne Streß mit anderen Formeln arbeiten kann? Nun, die Wahrheit ist, daß ich diese Übungen schon vor Monaten beherrscht habe. Inzwischen kann ich meinen Geist ohne große Mühe innerhalb von wenigen Augenblicken in einen vollkommenen Ruhezustand bringen. Aber weiter geht es dann auch schon nicht mehr. Danach scheint alles auseinanderzufallen.«
»Wie meinst du das?«
»Als nächstes muß man lernen, den Verstand zu disziplinieren, damit er Dinge tut, die nicht natürlich für ihn sind, wie zum Beispiel an eine Sache zu denken und alles andere zu vergessen. Oder an etwas nicht zu denken, was ziemlich schwierig ist, wenn man erst einmal gehört hat, was es ist. Meistens kann ich es tun, aber hin und wieder habe ich das Gefühl, daß da andere Kräfte in meinem Kopf wirken. Und die fordern mich auf, Dinge auf andere Weise zu tun. Es ist, als ob in meinem Kopf etwas anderes vorgehen würde als das, was Kulgan mir zu erwarten aufgetragen hat.
Jedesmal, wenn ich einen der einfachen Zaubersprüche ausprobieren will, die Kulgan mich
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