Midkemia Saga 01 - Der Lehrling des Magiers
an.
Tully nickte. »Ich verstehe, Kulgan. Auch als Priester wird ein Mann alt. In Pugs Alter hatte ich immer noch 13 Jahre als Messgehilfe vor mir.« Der alte Priester beugte sich vor. »Kulgan, was ist nun aber mit dem Problem des Knaben? «
»Er hat recht«, bemerkte Kulgan leise. »Es gibt keine Erklärung dafür, warum er die Künste nicht ausüben kann, die ich ihm, beizubringen versuche. Es überrascht mich, was er mit Schriftrollen und Plänen anfangen kann. Der Junge hat ein solches Talent für diese Dinge, daß ich gewettet hätte, er ist aus dem Stoff, aus dem Magier von mächtiger Kraft geschnitzt sind Aber seine Unfähigkeit, seine inneren Kräfte einzusetzen…« »Meinst du, du könntest eine Lösung finden?« »Ich hoffe es. Ich würde es hassen, ihn aus der Lehre zu entlassen. Das wäre härter für ihn, als wenn ich ihn niemals erwählt hätte.«
Sein Gesicht verriet ehrliche Sorge. »Da ist noch etwas anderes im Kopf dieses Knaben, etwas, dem ich noch nie zuvor gegenübergestanden bin, etwas Mächtiges. Ich weiß nicht, was es ist, Tully, aber es widersteht meinen gesamten Übungen, als wären sie irgendwie… nicht korrekt, oder… nicht gut für ihn. Ich weiß nicht, ob ich besser erklären kann, was mir mit Pug passiert ist. Es gibt keine einfache Erklärung dafür.«
»Hast du darüber nachgedacht, was der Junge gesagt hat?« fragte der Priester, Nachdenklichkeit und Sorge im Gesicht. »Du meinst, daß ich mich vielleicht geirrt haben könnte?« Tully nickte. Kulgan winkte ab. »Tully, du weißt ebensoviel über die Natur der Magie wie ich, vielleicht mehr. Man nennt deinen Gott nicht umsonst den Gott, der die Ordnung gebracht hat. Deine Sekte hat viel darüber herausgefunden, was dieses Universum befehligt und ordnet.
Zweifeist du auch nur einen Augenblick daran, daß der Knabe Talent hat?«
»Talent, nein. Aber im Augenblick stehen wir vor der Frage seiner Fähigkeit.«
»Wie immer, gut gesagt. Nun also, hast du irgendwelche Ideen? Vielleicht wäre es gut für mich, einen anderen Meister für Pug zu suchen? Einen, der seine Fähigkeiten besser nutzbar machen kann?«
Tully seufzte. »Ich kann dir nicht raten. Aber wie das Sprichwort geht; Ein schlechter Meister ist besser als gar kein Meister. Wie wäre es dem Knaben ergangen, wenn sich niemand gefunden hätte, der ihn auserwählt hätte?«
Kulgan fuhr hoch. »Was hast du gesagt?«
»Ich sagte, wie wäre es dem Knaben ergangen, wenn sich niemand gefunden hätte, der ihn auserwählt hätte?«
Kulgans Blick wanderte ins Leere. Er fing an, wütend an seiner Pfeife zu paffen. Nachdem er ihn einen Augenblick beobachtet hatte, fragte ihn Tully:
»Was ist, Kulgan?«
»Ich bin mir nicht sicher, Tully, aber du hast mich vielleicht auf einen Gedanken gebracht.«
An jedem Sechstag durften die Jungen und Mädchen, die im Schloß arbeiteten, den Nachmittag so verbringen, wie sie es gern wollten. Die Jungen, im Lehrlingsalter oder jünger, waren ein lauter, wilder Haufen. Die Mädchen standen in den Diensten der Hofdamen. Sie putzten, nähten und halfen in der Küche. Sie alle arbeiteten die ganze Woche über, vom Morgengrauen bis zur Dämmerung, manchmal auch länger, Tag für Tag. Am letzten Tag der Woche versammelten sie sich dann immer im Nebenhof des Schlosses, ganz in der Nähe des Gartens der Prinzessin. Die meisten Jungen beteiligten sich dort an einem wilden Fangspiel, bei dem auch ein Lederball gefangen werden mußte.
Unter Stoßen und Schreien, Treten und gelegentlichen Faustkämpfen mußte er der anderen Seite abgerungen werden. Alle trugen ihre ältesten Kleider, denn Risse, Blutflecken und Schmutzspuren waren an der Tagesordnung.
Die Mädchen saßen während dieser Zeit auf der niedrigen Mauer neben dem Garten der Prinzessin und unterhielten sich über die Damen am Hofe des Herzogs. Sie hatten fast alle ihre besten Rocke und Blusen angezogen, und ihr Haar glänzte vom Waschen und Bürsten. Beide Gruppen gaben sich große Mühe zu zeigen, daß sie die andere völlig ignorierten, und beide waren gleichermaßen wenig überzeugend.
Pug lief zu der Stelle, an der das Spiel in vollem Gange war. Wie üblich befand sich Tomas mitten im Gewühl Sein sandfarbenes Haar flog wie ein Banner, sein Lachen und Schreien übertönte den Lärm. Zwischen Stößen mit Ellbogen und Tritten klang er wild und fröhlich, als würde der kurze Schmerz hin und wieder die Sache nur noch schöner machen. Er rannte durch den Haufen, trat den Ball hoch in
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