Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
waren Nachkommen der stolzen Schlangenreiter, die Thuril. Aus jedem Gesicht, aus den harten Augen sprach grimmige Entschlossenheit.
Vom anderen Ende marschierten zwölf Krieger in farbenprächtigen Imitationen der Rüstungen aus Midkemia auf. Ihre eigenen Metallrüstungen waren als zu wertvoll und zu langweilig für den Wettkampf angesehen worden, und so hatten Tsurani-Künstler diese Nachbildungen angefertigt.
Die Thuril standen reglos und betrachteten die Neuankömmlinge voll Verachtung. Von allen menschlichen Rassen hatten nur die Thuril dem Kaiserreich widerstehen können. Sie waren unbestritten die besten Bergkämpfer in Kelewan, und ihre Bergfestungen und das hochgelegene Weideland waren nicht zu erobern gewesen. Sie hatten das Kaiserreich jahrelang in Schach gehalten, bis der Frieden erklärt worden war. Sie alle waren groß. Das war das Ergebnis ihrer Politik, sich nicht mit den kleineren Rassen Kelewans zu verbinden, die sie als minderwertig ansahen.
Wieder erklangen die Trompeten, und Schweigen senkte sich auf die Menge. Mit klarer Stimme verkündete ein Herold: »Da diese Soldaten der Thuril-Konföderation den Vertrag verletzt haben, indem sie Krieg gegen die Soldaten des Kaisers führten, sind sie von ihrem eigenen Volk ausgestoßen worden. Man hat sie Gesetzlose genannt und sie uns zur Bestrafung überstellt. Sie werden gegen die Gefangenen aus Midkemia kämpfen, und zwar so lange, bis nur noch ein Mann stehen bleibt.« Die Menge jubelte.
Die Trompete erklang, und die Kämpfer nahmen ihre Plätze ein. Die Männer aus Midkemia duckten sich und hielten die Waffen bereit. Die Thuril aber standen aufrecht, mit trotzigem Ausdruck im Gesicht. Ein Thuril schritt vor und blieb vor dem nächsten Mann aus Midkemia stehen. In verächtlichem Ton sprach er hastig auf ihn ein und umfaßte mit einer ausholenden Armbewegung die ganze Arena.
Milamber fühlte, wie heiße Wut in ihm aufstieg, gepaart mit Scham über das, was er da mit ansehen mußte. Es gab Spiele in Midkemia – er hatte davon gehört –, aber sie waren nicht so wie das hier. Die Männer, die in Krondor und anderen Städten des Königreichs kämpfen, waren Professionelle, die sich ihren Lebensunterhalt damit verdienten, zu kämpfen, bis das erste Blut floß.
Gelegentlich wurde auch ein Duell bis zum Tode ausgefochten, aber dann handelte es sich immer um eine persönliche Angelegenheit, nachdem alle anderen Mittel, den Disput zu beenden, erschöpft worden waren. Doch das hier war eine sinnlose Vergeudung von Menschenleben. Es diente nur zur Unterhaltung der Gelangweilten und der Gesättigten, die auf der Suche nach immer lebhafteren Erinnerungen daran waren, daß ihr eigenes Leben etwas wert war. Milamber sah sich um und empfand Abscheu angesichts der Gesichtsausdrücke derjenigen, die in seiner Nähe saßen.
Der Thuril-Krieger redete weiter, während die Männer aus Midkemia zusahen. Irgend etwas in ihrer Haltung deutete auf eine veränderte Stimmung hin. Anfangs waren sie angespannt gewesen und bereit zum Kampf. Jetzt schienen sie fast beruhigt, als der Thuril auf die versammelte Menge wies.
Dann trat ein Midkemianer vor, groß und breitschultrig, und er schien etwas sagen zu wollen.
Der Thuril riß sofort das Schwert hoch, bereit zum Schlag. Eine Stimme erklang von hinten. Ein anderer Krieger sagte etwas in beruhigendem Ton. Der erste Thuril wurde sichtbar ruhiger.
Der Midkemianer setzte langsam seinen Helm ab und enthüllte ein müdes, eingefallenes, von feuchtem, strähnig-schwarzem Haar umrahmtes Gesicht. Er sah sich in der Arena um, während die Menge langsam zu flüstern anfing. Ein Murren über das unerwartete Verhalten der Soldaten hob an, und schließlich nickte der Mann aus Midkemia kurz. Er ließ sein Schwert und seinen Schild fallen und sprach dann mit seinen Kameraden. Schnell folgten die anderen Kämpfer in der Arena seinem Beispiel, und bald darauf lagen alle Waffen im Sand.
Milamber staunte über dieses merkwürdige Benehmen, aber Shimone sagte: »Das wird ein böses Ende nehmen. Die Thuril kämpfen nicht gegeneinander, und wie es scheint, auch nicht gegen die Barbaren. Ich habe einmal gesehen, wie sechs Thuril jeden getötet haben, der sich gegen sie stellte, sich dann aber weigerten, sich gegenseitig umzubringen. Als die Wachen kamen, um sie zu töten, kämpften sie und trieben sie zurück. Zum Schluß mußten sie von Bogenschützen auf der Mauer erschossen werden. Es war eine Schande. Die Menge brüllte und tobte, und der
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