Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
Sein rechter Arm kam vor, und Energie explodierte aus seiner Hand. Eine blaue Flamme schoß hervor, wirbelte nach unten und schlug in den Sand zwischen den Wachtposten des Kriegsherrn. Lebende Männer wurden nach allen Seiten geschleudert. Diejenigen, die gerade mit dem Material für das Schafott eintraten, wurden in die Knie gezwungen, und diejenigen auf den niederen Plätzen waren wie betäubt von seiner Wut. Jeglicher Lärm in der Arena hörte abrupt auf, und die Menge verfiel in stummes Entsetzen.
Alle Augen wandten sich dem Ursprung des Blitzes zu, während sich diejenigen in seiner Nähe instinktiv zurückzogen. Sein Gesicht war rot vor Zorn, das Weiß seiner Augen zeigte sich um schwarze Pupillen. Mit einer knappen Bewegung der einen Hand sagte der Magier: »Das reicht!«
Außer Hochopepa und Shimone rührte sich niemand. Sie hatten keine Ahnung, was Milamber beabsichtigte, aber angesichts seiner Handlung nahmen sie seinen Befehl ernst. Sie eilten zu dem halb betäubten, halb faszinierten jungen Kaiser hinüber, der wie alle anderen im Stadion in die Arena starrte. Hastig berieten sie sich mit Ichindar, und einen Augenblick später war der Sitz des Kaisers leer.
Milamber schaute nach links, als dort ein wütendes Gebrüll erklang. »Wer wagt es!«
Milamber sah sich dem Kriegsherrn gegenüber, der wie ein wütender Halbgott in seiner weißen Rüstung vor ihm stand. Sein Ausdruck stand dem Milambers in nichts nach.
»Ich wage es!« rief Milamber zurück. »Das kann und darf nicht geschehen! Nie mehr werden Männer zur Unterhaltung anderer sterben!«
Almecho, der Kriegsherr der Nationen von Tsuranuanni, konnte sich nur mühsam beherrschen.
Er schrie: »Mit welchem Recht tut Ihr so etwas!« Die Muskeln seines Nackens traten deutlich hervor, und jede Faser seines Körpers bebte, als Schweiß auf seine Stirn trat.
Milamber senkte die Stimme, und seine Worte kamen beherrscht, doch waren sie von Trotz und Zorn erfüllt. »Mit dem Recht zu tun, was ich für angebracht halte.« Dann wandte er sich an einen Wachtposten in der Nähe. »Die Männer in der Arena sollen losgebunden werden. Sie sind frei!«
Der Mann zögerte einen Moment, doch dann gewann seine Ausbildung in ihm die Oberhand.
»Euer Wille geschehe, Erhabener.«
Der Kriegsherr brüllte: »Du bleibst hier!«
Die Menge holte zischend Luft. In der ganzen Geschichte des Kaiserreichs hatte es noch niemals eine solche Konfrontation zwischen Erhabenem und Kriegsherrn gegeben. Der Posten blieb stehen, aber Milamber schnaubte: »Meine Worte sind Gesetz. Geh!«
Plötzlich setzte sich der Wachtposten in Bewegung, und der Kriegsherr brüllte vor Wut. »Ihr brecht das Gesetz! Niemand darf einen Sklaven befreien!«
Milambers Wut brodelte wieder erneut, und er brüllte zurück: »Ich kann es! Ich stehe außerhalb des Gesetzes!«
Der Kriegsherr wich zurück, als hätte man ihm einen unsichtbaren Schlag versetzt. In seinem ganzen Leben hatte noch niemand versucht, so gegen seinen Willen anzugehen. Kein Kriegsherr in der Geschichte war gezwungen gewesen, diese öffentliche Beschämung zu ertragen. Er schien wie benommen.
In der Nähe des Kriegsherrn sprang ein anderer Magier auf. »Ich erkläre dich zum Verräter. Du bist ein falscher Erhabener. Du suchst die Herrschaft des Kriegsherrn zu untergraben und Chaos in die Ordnung des Kaiserreichs zu bringen. Du wirst diese Frechheit widerrufen.«
Sofort breitete sich große Aktivität aus, denn alle in der Nähe versuchten, außer Reichweite der beiden Magier zu kommen. Milamber betrachtete den Liebling des Kriegsherrn. »Heißt das, du willst deine Kräfte mit den meinen messen?«
Der Kriegsherr sah Milamber an, und blanker Haß stand in seinem Gesicht. Er wandte den Blick nicht von dem jungen Magier, als er zu seinem Lieblingsmeister sagte: »Zerstöre ihn!«
Milambers Arm schoß empor, dann der andere, und sie kreuzten sich an den Handgelenken.
Augenblicklich umgab ihn ein weiches, goldenes Licht. Der andere Magier schleuderte einen Energieblitz, aber der blaue Feuerball verglühte harmlos an dem goldenen Schild.
Milamber erstarrte. Er erstickte fast vor Zorn. Zweimal in seinem Leben – als die Trolle ihn angriffen und als er mit Roland kämpfte – hatte er in einen verborgenen Quell der Macht gegriffen.
Jetzt schob er die letzten Barrieren beiseite, die sein Bewußtsein von diesen verborgenen Reserven trennten. Das war kein Geheimnis mehr für ihn, sondern der Brunnen all seiner Kraft und Macht.
Zum
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