Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
warum, aber er war unerklärlich glücklich. »Aber überhaupt nicht. Im Gegenteil, du siehst recht hübsch aus.«
Sie hörte auf, sich zu kämmen. Arutha staunte, daß sie in der einen Minute so jung, in der nächsten so fraulich aussehen konnte. Sie lächelte ihm zu. »Ich kann mich noch erinnern, wie ich damals, während des Essens an Vaters Hofe, versucht habe, einen Blick auf dich zu werfen. Als du das letzte Mal in Krondor warst, weißt du noch?«
»Auf mich? Aber warum denn nur?«
Sie schien die Frage zu überhören. »Ich fand damals auch, daß du gut aussiehst, wenn auch ein bißchen ernst. Damals war da ein Junge, der mich hochhielt, damit ich dich sehen konnte. Er gehörte zur Gesellschaft deines Vaters. Ich habe seinen Namen vergessen, aber er hat mir erzählt, daß er Lehrling bei einem Magier war.«
Aruthas Lächeln verging. »Das war Pug.«
»Was ist aus ihm geworden?«
»Er ist im ersten Jahr des Krieges gefallen.«
Sie legte ihren Kamm beiseite. »Das tut mir leid. Er war sehr freundlich zu einem lästigen Kind.«
»Er war ein netter Kerl und sehr tapfer, und meine Schwester hatte ihn besonders gern. Sie hat lange um ihn getrauert.« Er unterdrückte seine düstere Stimmung. »Aber warum wollte die Prinzessin von Krondor einen Blick auf einen entfernten Cousin vom Lande werfen?«
Anita musterte Arutha einen langen Augenblick lang. »Ich wollte dich sehen, weil Vater es für wahrscheinlich hielt, daß wir heiraten würden.«
Arutha war verblüfft. Er bedurfte all seiner Beherrschung, um Haltung zu bewahren. Er zog einen Sessel herbei und setzte sich. Anita sagte: »Hat dein Vater es dir gegenüber niemals erwähnt?«
Da ihm nichts Kluges zu sagen einfiel, schüttelte Arutha bloß den Kopf.
Anita nickte. »Ich weiß, der Krieg und all das. Ist alles recht wild geworden, kurz nachdem ihr nach Rillanon aufgebrochen seid.«
Arutha schluckte. Plötzlich fühlte sich sein Mund trocken an. »Also, was soll das heißen, daß unsere Väter Pläne für… unsere Ehe hatten?«
Anita schaute Arutha an. In ihren grünen Augen spiegelte sich das Kerzenlicht – und noch etwas anderes stand darin. »Ich fürchte, das waren Staatsgeschäfte. Vater wünschte, daß mein Anspruch auf den Thron gestärkt würde, und Lyam als der Ältere ist als Partner zu gefährlich gewesen. Du dagegen warst ideal, denn der König würde höchstwahrscheinlich keine Einwände haben… oder hätte sie zumindest damals nicht gemacht, denke ich. Jetzt jedoch, wo Guy sich in den Kopf gesetzt hat, mich zu bekommen – ich nehme an, der König ist einverstanden.«
Arutha wurde plötzlich zornig, obwohl er nicht wußte, weshalb. »Und ich vermute, wir werden in dieser Angelegenheit überhaupt nicht gefragt!« Seine Stimme wurde lauter.
»Bitte, ich kann doch nichts dafür.«
»Entschuldige. Ich wollte dich nicht ängstigen. Es ist nur so, daß ich noch nie viel über eine Ehe nachgedacht habe, und schon ganz gewiß nicht über eine aus politischen Gründen.« Sein trockenes Grinsen kehrte zurück. »Für gewöhnlich ist das Sache der ältesten Söhne. Wir Zweitgeborenen müssen normalerweise sehen, wie wir das Beste daraus machen. Für uns bleiben dann alte, verwitwete Herzoginnen oder die Tochter eines reichen Händlers.« Er versuchte, seinen Spaß damit zu treiben. »Die hübsche Tochter eines reichen Händlers, wenn wir Glück haben – und das haben wir selten.« Der leichte Ton gelang ihm nicht so recht, und er lehnte sich zurück. Schließlich sagte er: »Anita, du kannst in Crydee bleiben, solange es nötig ist. Eine Zeitlang wird das wegen der Tsuranis vielleicht gefährlich sein, aber irgendwie stehen wir das durch. Vielleicht können wir dich auch nach Carse schicken. Wenn dieser Krieg dann vorüber ist, kannst du in deine Heimat zurückkehren und bist dort ganz sicher. Das verspreche ich dir. Und niemals, niemals, hörst du, wird dich jemand zwingen, etwas zu tun, was du nicht willst.«
Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihre Unterhaltung. Der Seemann trat ein. Er brachte eine Schüssel mit dampfendem Gemüse, dazu Brot und Pökelfleisch auf einem Teller. Während er das Essen auf den Tisch stellte und einen Becher Wein einschenkte, beobachtete Anita Arutha.
Nachdem der Matrose gegangen war, fing sie zu essen an.
Arutha sprach über Kleinigkeiten. Wieder ertappte er sich dabei, wie angetan er von der offenen Art des jungen Mädchens war. Als er ihr schließlich eine gute Nacht wünschte und die Tür hinter sich
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