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Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon

Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon

Titel: Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Feist
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davonflog. »Hier lauern keine Gefahren«, sagte Pug, »doch wir könnten noch zu schrecklicheren Orten reisen. Glaubst du, Ryath kennt wirklich keine Furcht?«
    Tomas wandte sich Pug lächelnd zu. »Ich schätze sie durchaus so ein. In meinen Träumen von vergangenen Tagen habe ich mit ihren Vorfahren Kontakt aufgenommen, und dieser Drache ist im Vergleich zu ihnen das, was sie im Vergleich mit Fantus sind.«
    »Und noch dazu hat sie sich freiwillig mit uns verbündet. Es wäre sicherlich nicht einfach gewesen, sie zu überreden.«
    Thomas stimmte zu. »Ich hätte sie zweifellos zerstören können. Doch ihren Willen beugen? Ich glaube kaum. Die Zeiten, in denen die Valheru unangefochten geherrscht haben, sind seit langem vorbei.«
    Pug betrachtete die fremde Landschaft unter dem Felsvorsprung. »Was für ein trauriger und öder Ort. In den Büchern, die in Elvardein aufbewahrt werden, habe ich eine Beschreibung dieser Welt gefunden. Einst schmückte sie sich mit riesigen Städten, die vielen Völkern eine Heimat boten; heute ist davon nichts mehr geblieben.«
    Tomas fragte leise: »Und was wurde aus diesen Völkern?«
    »Die Sonne ließ nach, das Klima änderte sich. Erdbeben, Hungersnöte, Kriege. Was auch immer, es brachte die vollständige Zerstörung.«
    Sie wandten sich der Höhle zu. In genau diesem Moment erschien im Eingang eine von Kopf bis Fuß verhüllte Gestalt. Aus dem einen Ärmel des Gewandes kam ein dünner Arm hervor, dessen knorrige alte Hand einen Stab hielt. Der Mann - zumindest schien er einer zu sein - näherte sich ihnen, und als er vor ihnen stand, sprach er mit einer Stimme wie Espenlaub unter der Kapuze hervor. »Wer ist es, der das Orakel von Aal ausfindig gemacht hat?«
    Pug antwortete: »Ich, Pug, genannt Milamber, Magier zweier Welten.«
    »Und ich, Tomas, genannt Ashen-Shugar, der zweimal gelebt hat.«
    Die Gestalt machte ihnen ein Zeichen, und Pug und Tomas betraten hinter ihr einen niedrigen, unbeleuchteten Gang. Mit einer verschnörkelten Geste ließ Pug um sie herum Licht erscheinen. Der Gang öffnete sich zu einer weiten Höhle.
    Tomas blieb stehen. »Wir waren doch nur noch wenige Meter von der Spitze des Berges entfernt. Diese riesige Höhle kann doch gar nicht da hineinpassen ...«
    Pug legte Tomas die Hand auf den Arm. »Wir sind eben woanders.«
    Die Höhle wurde nun von einem schwachen Licht erhellt, das aus den Wänden und der Decke zu kommen schien, und Pug beendete seinen Zauber. In den entfernten Ecken der Höhle standen weitere Gestalten in langen Kapuzenmänteln, doch keine kam näher.
    Der Mann, der sie auf dem Felsvorsprung begrüßt hatte, ging an ihnen vorbei, und sie folgten ihm. Pug sagte: »Wie sollen wir Euch nennen?«
    Der Mann sagte: »Wie immer es Euch gefallt. Wir kennen hier keine Namen, keine Vergangenheit, keine Zukunft. Wir sind einfach nur die, die dem Orakel dienen.« Er führte sie zu einem großen Felsvorsprung, auf dem eine seltsame Gestalt ruhte. Es war eine junge Frau, oder, genauer gesagt, ein Mädchen um die dreizehn oder vierzehn, vielleicht ein bißchen älter; man konnte es schwer schätzen. Es war nackt und über und über mit Schmutz, Kratzern und den eigenen Exkrementen bedeckt. Das lange braune Haar war verfilzt. Das Mädchen sah sie mit großen Augen an, als sie näher kamen, und drückte sich mit dem Rücken an die Felsen und schrie vor Angst. Offensichtlich war es verrückt, dachten beide Männer. Es hörte nicht auf zu schreien und kauerte sich zusammen, dann schließlich brach es in ein wahnsinniges Lachen aus. Plötzlich warf es den Männern einen abschätzenden Blick zu und begann, sich die Haare zu ordnen, indem es sich mit den Fingern wie mit einem Kamm durch die Haare fuhr. Scheinbar machte es sich auf einmal Gedanken um sein Äußeres.
    Ohne ein Wort deutete der Mann mit dem Stab auf das Mädchen. Tomas fragte: »Das ist also das Orakel?«
    Der vermummte Mann nickte. »Das ist das gegenwärtige Orakel. Es wird bis zu seinem Tode dienen, dann wird ein anderes kommen, so wie dieses kam, als das vorherige Orakel starb. So ist es immer gewesen, und so soll es auch immer sein.«
    »Wie überlebt ihr in dieser toten Welt?«
    »Wir handeln. Unser Volk ist verschwunden, doch andere, solche wie Ihr, suchen uns auf. Wir kommen durch.« Er deutete auf das am Boden kauernde Mädchen. »Es ist unser ganzer Reichtum. Fragt, was Ihr wollt.«
    »Und der Preis?« erkundigte sich Pug.
    Der vermummte Mann wiederholte, was er gesagt hatte.

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